VfB taumelt dem Abstieg entgegen
Bei Noch-Vorstandsboss Hitzlsperger schrillen die Alarmglocken – Mislintat gibt Trainer Matarazzo Jobgarantie
(SID/dpa) - Die Angst vor dem Abstieg ist im Schwabenland mittlerweile so groß, dass Thomas Hitzlsperger verbal wieder den Hammer auspackte. „So reicht es nicht. Wenn wir so weitermachen, bekommen wir massive Probleme“, wetterte der Vorstandsboss des VfB Stuttgart nach dem deprimierenden 2:3 (1:1) gegen Eintracht Frankfurt: „Die Jungs haben sich selber zu motivieren. Wenn sie das nicht schaffen, sind sie fehl am Platz.“
Fehl am Platz waren am Samstag allerdings erschreckend viele Profis im VfB-Trikot. Phasenweise lud der Tabellenvorletzte der Bundesliga, der vor der wichtigen Begegnung extra ins Trainingslager nach Marbella gereist war, die selbst nicht gerade überragend spielenden Frankfurter zum Toreschießen ein. Heraus kam dabei die sechste Partie ohne Sieg in Folge und die dritte Pleite in Serie.
Evan Ndicka (7.) und DoppelpackJoker Ajdin Hrustic (47./77.) waren vor den 10 000 erlaubten Zuschauern für die Frankfurter erfolgreich, die den ersten Sieg im Jahr 2022 holten. Dass Waldemar Anton (42.) und Sasa Kalajdzic (70.) immerhin die Stuttgarter Torflaute nach zuletzt fünf Spielen ohne Treffer beendeten, half dem VfB nicht weiter.
Die erschreckende Zwischenbilanz von 18 Punkten nach 21 Spieltagen verheißt nichts Gutes – das weiß auch Hitzlsperger. „Das Potenzial ist da. Aber wir müssen in der Lage sein, Widerstände zu überwinden“, sagte der Vorstandsvorsitzende, der bei seinem Abschied am Saisonende keinen Zweitligisten an Nachfolger Alexander Wehrle übergeben möchte:
„Wir haben die Möglichkeiten, um da unten rauszukommen, aber die Spieler müssen es begreifen.“
Vorangehen soll dabei weiterhin Pellegrino Matarazzo. Sportdirektor Sven Mislintat („Die Situation ist schwierig, das kann jeder an der Tabelle ablesen“) stellte dem Trainer eine Jobgarantie aus – obwohl der angeschlagene Coach sichtlich müde und ratlos wirkte. „Jetzt zeigt sich, ob wir uns nur eine Kontinuität wünschen oder ob wir sie auch leben. Der Trainer ist mit der wichtigste Teil in diesem Club. Er hat uns unseren Weg ermöglicht und wir werden nicht darüber sprechen, ihm das Vertrauen zu entziehen.“
Das soll sich auch dann nicht ändern, wenn am Ende der Abstieg nicht zu vermeiden ist, so Mislintat weiter. Die Körpersprache des Trainers („Ich spüre das Vertrauen der Verantwortlichen und spüre auch, dass die Jungs mit an Bord sind.“) war jedenfalls verheerend. Matarazzo stapfte erst mit den Händen in den Hosentaschen über den Platz, dann konnte er bei seiner niederschmetternden Spielanalyse mehrfache Seufzer nicht unterdrücken und zuckte immer wieder mit den Schultern. „Wir haben im falschen Moment falsch agiert“, gab der ItaloAmerikaner zu Protokoll: „Ich bin sehr unzufrieden und unglücklich mit dem Spiel und dem Ergebnis.“
Matarazzos anschließender Halbsatz („Aber wir machen weiter“) kam dem Coach so leise über die Lippen,
dass er als Mutmacher nicht taugte. Doch Mutmacher gibt es. Silas Katompa Mvumpa stand zum ersten Mal seit dem 20. März 2021 wieder in der Startformation. Nach auskuriertem Kreuzbandriss und überstandener Corona-Infektion tastet sich der Kongolese wieder heran. „Er wird nur in Form kommen, wenn er spielt. Nur dann kann er mehr Sprints machen und Eins-gegenEins-Duelle gewinnen“, sagte Matarazzo, der auch den erst kürzlich von Sporting Lissabon ausgeliehenen Tiago Tomás einwechselte. Der Portugiese ist ein weiterer Hoffnungsträger, der mit seinen 19 Jahren aber wohl noch etwas Zeit benötigt.
Und genau das ist das Problem. Im Abstiegskampf bleibt keine Zeit. Um die Trendwende einzuleiten, zählen nur Punkte. Aber auch die kommenden Aufgaben haben es in sich. Zunächst ist der VfB beim EuropapokalAnwärter Bayer Leverkusen gefordert, danach geht es daheim gegen den VfL Bochum weiter.
In der Winterpause 2019/20 war der Geist von Marbella noch der Wegbereiter zum späteren Aufstieg. In der Gegenwart müssen andere Wege gefunden werden, um den vierten Abstieg der Vereinsgeschichte doch noch abzuwenden.
Optimismus wollte dann doch auch noch Hitzlsperger verbreiten, nachdem der Ex-Profi mit dem Spitznamen „The Hammer“eben jenen wieder eingepackt hatte: „Es gibt genügend Anzeichen, die mich positiv stimmen, das wir das packen“, sagte der 39-Jährige noch.
Wesentlich überzeugender allerding*s wirkte seine Schelte zuvor.