Hilflose Krisenmanager
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) setzt die einrichtungsbezogene Impfpflicht aus. Er kündigt einen Konsens auf, der mit Stimmen der Union im Bundestag ebenso beschlossen wurde wie mit jener des Freistaats im Bundesrat. Söders Alleingang untergräbt das Vertrauen in eine verlässliche Politik und schadet damit allen, die in diesen Tagen politische Verantwortung tragen.
Das Bittere dabei: Wahrscheinlich macht Söder mit typisch bajuwarischem Großgestus nur, was auch anderswo notwendig werden könnte. Seit Wochen warnen nahezu alle Beteiligten im Gesundheitswesen vor Problemen, wenn die berufsbezogene Impfpflicht zum 15. März kommt. Heimträger fürchten Personalmangel. Gesundheitsämter schlagen Alarm, weil sie mit der Kontrolle der Pflicht überlastet wären. Mehrere Bundesländer haben daher bereits angekündigt, den Pflegekräften und anderem medizinischen Personal eine Übergangsfrist einzuräumen.
Baden-Württembergs Landesregierung gibt sich zwar noch optimistisch. Doch wer sich umhört, dem klingen seit Wochen vor allem Zweifel entgegen. Wer soll es kontrollieren? Wie umgehen mit Engpässen, die lokal definitiv drohen? Diese Bedenken haben die zuständigen Landesminister auch ihrem Amtskollegen Karl Lauterbach in Berlin vorgetragen. Doch der hält an den beschlossenen Regeln fest.
Ein Fehler, denn seit Beginn dieser Corona-Pandemie hat es eines immer wieder gegeben: eine gut gemeinte Regelungsfülle, die beim Vollzug Probleme bereitet. Letztes Besipiel die diversen Regeln in Handel, Gastronomie sowie Bussen und Bahnen. Ja, Krise braucht schnelle Reaktionen, aber diese müssen dann auch sitzen. Erst recht, wenn es um so eine zu Recht viel debattierte Frage wie eine berufsbezogene Impfpflicht geht.
Deutschlands Krisenmanager stehe hilflos vor einem deutschen Phänomen: einer zu weit verbreiteten Impfskepsis. Mit dem Hin und Her verstärken Regierungen in Bund und Ländern aber nur das schwerwiegendste politische Corona-Symptom – den Vertrauensverlust.