Lindauer Zeitung

In eine Berghütte dauerhaft umziehen ist kaum möglich

Verkauft werden Hütten im Gebirge immer wieder – Dorthin seinen Wohnsitz zu verlegen, scheitert jedoch meist an geltenden Vorschrift­en

- Von Silvia Reich-Recla

- Davon träumen viele: eine Berg- oder Alphütte zu besitzen, sich eine Auszeit nehmen zu können. Und doch auf kleinen Komfort, wie Wasser und Strom, nicht verzichten zu müssen. So, wie es eben die Wannenkopf­hütte bei Obermaisel­stein verspricht.

Bislang war das Gebäude mit 14 Zimmern ein Berggastha­us mit Übernachtu­ngsmöglich­keit, einfach eingericht­et – ohne großen Komfort. Jetzt steht sie zum Verkauf – für vier Millionen Euro. Manch einer, der finanziell gut gepolstert ist, träumt da vielleicht vom Wohnen in der Abgeschied­enheit. Aber wäre das in einer stillgeleg­ten Alp- oder Berghütte überhaupt machbar? „Wir gehen derzeit davon aus, dass eine Umnutzung der Wannenkopf­hütte zu einem privaten Wohngebäud­e (Erst- oder Zweitwohnu­ng) nicht möglich sein wird“, heißt es aus der Pressestel­le des Landratsam­ts Oberallgäu.

Die Wannenkopf­hütte liegt im Landschaft­sschutzgeb­iet Hörnergrup­pe und im Naturpark Nagelfluhk­ette – und dürfte nach heutiger Rechtslage dort gar nicht mehr gebaut werden. Das Gebäude ist fast 100 Jahre alt. Die Fachleute vom Landratsam­t sagen, bei einem Verkauf wäre alles, „was wesentlich von der jetzigen Nutzung abweicht, wohl nicht genehmigun­gsfähig“. Konkrete Anträge müssten freilich geprüft werden. Vergleichb­are Umnutzunge­n sind den Baufachleu­ten am Landratsam­t nicht bekannt. Das dürfte manch einen beruhigen, der für seinen Bauantrag im Außenberei­ch schon eine Absage vom Landratsam­t kassierte. Denn Bauen außerhalb von Städten oder Gemeinden ist im Regelfall nur möglich, wenn ein Bauvorhabe­n privilegie­rt ist, beispielsw­eise der Landwirtsc­haft dient. Wenn aber ein Bauernhof nicht mehr landwirtsc­haftlich genutzt wird, darf er als Wohnhaus umgebaut werden.

„In ehemalige landwirtsc­haftliche Hofstellen (nicht Nebengebäu­de) dürfen nach derzeitige­r Rechtslage bis zu fünf zusätzlich­e Wohneinhei­ten – neben der Betriebsle­iterwohnun­g und dem Austragsha­us – eingebaut werden“, heißt es dazu aus dem Landratsam­t. Wenn die Landwirtsc­haft aufgegeben wird, dann kann dieses Austragsha­us ebenfalls als „normales Wohnhaus“genutzt werden, informiert das Landratsam­t. Solche Umnutzunge­n eines Hofs kämen „relativ häufig“vor. Es gebe aber keine Statistik dazu.

Rainer Hoffmann vom Kemptener Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten kann zumindest sagen, wie viele landwirtsc­haftlichen Betriebe seit 2010 stillgeleg­t wurden: 350 im Bereich Kempten/ Oberallgäu und Lindau. Derzeit gebe es in der Region noch 3353 betriebene Bauernhöfe. Ungefähr 640 landwirtsc­haftlich genutzte Alphütten kommen im Oberallgäu dazu. Auch da gebe es immer wieder Interessen­ten, die solche Hütten kaufen wollten und sogar Anfragen übers Internetpo­rtal Ebay stellten, weiß

Michael Honisch, Geschäftsf­ührer des Alpwirtsch­aftlichen Vereins Allgäu (AVA).

„Wir leben in einem liberalen Wirtschaft­ssystem“, sagt Honisch, da komme der Verkauf einer Alphütte schon mal vor. Das sei aber sehr selten. Einen Verkauf an NichtLandw­irte sieht er eher kritisch. „Wir als Alpwirtsch­aftlicher Verein achten darauf, dass die Nutzung möglichst erhalten bleibt.“Instrument­arium sei das Almgesetz aus dem Jahr 1932. Aus dem Landratsam­t heißt es zum Thema Alphütten: „Eine Umnutzung ist nicht vorgesehen.“Und wie sieht es mit Berghütten des Alpenverei­ns aus? „Ein Verkauf ist rechtlich nicht ausgeschlo­ssen, eine Nutzung als privates Wohnhaus hingegen schon.“

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ARCHIVFOTO: OBERSTDORF-RESORT Werbung für die Wannenkopf­hütte vor 15 Jahren, als sie als eine der ersten zertifizie­rten alpinen Unterkünft­e beworben wurde.

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