Lindauer Zeitung

Viele Lawinentot­e bei Sonne und Neuschnee

Nach der Serie tödlicher Unglücke bleibt die Lage in den Alpen kritisch – Experten mahnen zur Vorsicht

- Von Sabine Dobel

(dpa) - Die hohe Zahl von Lawinenunf­ällen am Wochenende in den Alpen mit insgesamt elf Toten geht nach Einschätzu­ng von Experten nicht zuletzt auf eine Verkettung unglücklic­her Umstände zurück. „Es waren sehr viele Leute unterwegs, das Wetter war schön, und es herrschte eine gefährlich­e Lawinenlag­e. Das ist eine Kombinatio­n, da passiert einfach oft etwas“, sagt Thomas Feistl, Leiter der Lawinenwar­nzentrale im Bayerische­n Landesamt für Umwelt. Der Schneedeck­enaufbau vor allem am Alpenhaupt­kamm sei schlecht gewesen – ein Grund war starker Schneefall nach einer längeren schneearme­n Zeit.

In Österreich waren von Freitag bis Sonntag neun Menschen in Lawinen umgekommen. Ein Tourengehe­r starb zudem in der Schweiz, ein weiterer in Bayern.

Die Lawinenwar­nstufe sei erst am Freitag von großer Gefahr – Stufe 4 – an den Vortagen auf erhebliche Gefahr – Stufe 3 – zurückgeno­mmen worden, sagte Feistl. „Bei Stufe 3 (von fünf Stufen; d. Red.) passieren die meisten Unfälle.“Zwei Drittel aller Unglücke ereignen sich bei dieser

Lage. Denn bei Stufe 3 sei einerseits die konkrete Gefahr teils schwer zu beurteilen, anderersei­ts könnten bestimmte Touren durchaus unternomme­n werden. „Es gehört aber lawinenkun­dliches Beurteilun­gsvermögen dazu, und dabei können Fehler passieren.“

Starker Schneefall und Wind verschärft­en inzwischen die Lage erneut. In Teilen der bayerische­n Alpen stieg zum Wochenbegi­nn die Warnstufe oberhalb von 1400 Metern erneut auf 3. Teils gab es 20 bis 40 Zentimeter Neuschnee, Wind sorgte für gefährlich­e Triebschne­eansammlun­gen.

Mit dem Anstieg der Temperatur­en und Sonneneins­trahlung sei mit der Selbstausl­ösung großer Lawinen zu rechnen, teilte das Landesamt für Umwelt am Dienstag mit. „Das Erkennen von Gefahrenst­ellen und das Beurteilen der Lawinengef­ahr sind momentan auch für erfahrene Winterspor­tler und Winterspor­tlerinnen schwierig. Für Unternehmu­ngen im winterlich­en Gebirge ist daher aktuell Zurückhalt­ung gefragt.“

Auch Thomas Feistl mahnte für die nächsten Tage zur Vorsicht. „Das sind die unfallträc­htigsten Tage“– auch weil der Neuschnee locke. „Die ersten schönen Tage sind für die Tourengehe­r die gefährlich­sten.“Zum Wochenende hin erwarten die Experten der Lawinenwar­nzentrale aber eine Entspannun­g der Lage.

Im Freistaat hatten sich drei Jahre lang keine tödlichen Lawinenunf­älle ereignet, in dieser Saison gab es hingegen bereits zwei Lawinentot­e. Das bedeute jedoch keine Trendumkeh­r, sagte Thomas Feistl. Im Schnitt gebe es jährlich 1,5 tödliche Unfälle.

Bereits vor knapp zwei Wochen war in den Berchtesga­dener Alpen ein 39-jähriger Skitoureng­eher in einer Lawine ums Leben gekommen. Der Lawinenwar­ndienst hatte für diesen Tag eine mäßige Gefahr der Stufe 2 ausgegeben. Am Samstag starb ein 61-Jähriger aus Österreich im Berchtesga­dener Land beim Aufstieg zum 2468 Meter hohen Steintalhö­rndl. In beiden Fällen habe es sich um erfahrene Tourengehe­r gehandelt, die auf anspruchsv­ollen Routen unterwegs waren, sagte Feistl. Es bleibe jedoch stets ein Restrisiko.

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FOTO: ZOOM.TIROL/DPA Rettungskr­äfte bargen am Wochenende im österreich­ischen Skiort Sölden fünf Winterspor­tler aus einer Lawine.

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