Bahnhof ist kein Angstraum mehr
Polizei und Stadt Ravensburg ziehen Bilanz nach zwölf Monaten Sicherheitsbündnis
(fh/sz) - Die 62 Jahre alte Frau war an diesem späten Februarabend auf dem Nachhauseweg, als sie am Ravensburger Bahnhof auf die Täterin traf: ein erst 15-jähriges Mädchen, mit einem Messer bewaffnet auf Beutezug. Die Frau starb auf der Straße an ihren Stichverletzungen – für ein paar Euro und ein Handy in ihrer Handtasche. Genau ein Jahr ist am Mittwoch seit der Bluttat vergangen, die die Stadt erschütterte. Die bereits vorbestrafte Jugendliche wurde später zu neun Jahren und sechs Monaten Haft mit anschließender möglicher Sicherheitsverwahrung verurteilt, das Urteil ist rechtskräftig.
Direkte Folge des Raubmordes war die „Sicherheitspartnerschaft“für Ravensburg. Die Maßnahmen haben zu einer deutlichen Verbesserung der Lage am Bahnhof und auch in der Kernstadt geführt, sagen jetzt Stadt und Polizei. Obwohl vieles tragischer Zufall war, fühlten sich viele
Menschen nach dem Vebrechen rund um den Bahnhof nicht mehr wohl. Stadt und Polizeipräsidium legten kurz nach der Tat zusammen mit weiteren Partnern, darunter auch Landratsamt und Staatsanwaltschaft, einen umfangreichen Katalog vor, um das Sicherheitsgefühl zu verbessern.
Vor allem während der Sommermonate wurde diese „Sicherheitspartnerschaft“intensiviert. Ergebnis nach einem Jahr: Alleine am Bahnhof zeigte die Polizei laut einer Presseerklärung an über 8000 Stunden Präsenz, dazu kamen 272 zusätzliche Altstadtstreifen. Insgesamt fanden sieben Schwerpunktkontrollen statt.
Fast 5400 Personen und gut 1500 Fahrzeuge wurden überprüft, die Beamten schrieben 116 Anzeigen. Anzeigt wurden 38 Straftaten und 52 Ordnungswidrigkeiten sowie Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz oder Ruhestörungen. Ein Großteil der Delikte entfiel laut Polizei auf
Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz. Hinzu kamen Körperverletzungen, Beleidigungen und Diebstähle, bei denen Tatverdächtige ermittelt werden konnten. Bei den Ordnungswidrigkeiten führten Verstöße gegen die Corona-Verordnung sowie gegen das Waffengesetz die Liste an. Insgesamt 32 längerfristige Aufenthaltsverbote seien von der Stadt Ravensburg gegen gewalttätige Störer verfügt worden. Diese hätten „deutliche Wirkung gezeigt“, heißt es in der Bilanz.
Ein weiterer Baustein der Partnerschaft „Sicheres Ravensburg“sei ein konsequentes Vorgehen gegen Mehrfach- und Intensivtäter sowie jugendliche Intensivtäter, so Stadt und Polizei. „Da sich die erhöhte Polizeipräsenz am Bahnhof sehr gut bewährt hat, werden wir den Mix aus Präsenz, Kontrollen, Strafverfolgung und Aufenthaltsverboten fortführen“, wird Ravensburgs Polizeipräsident Uwe Stürmer zitiert.
Ein Punkt soll auch die bewährte Kampagne „Sicheres Nightlife“sein, die in Zusammenarbeit mit der Stadt Ravensburg nach der Öffnung von Clubs und Bars wieder neu belebt werden soll. Stadt und Polizei setzen laut der Mitteilung aber weiter auch auf Prävention. So sei das Streetwork in und um die Altstadt im vergangenen Jahr ausgebaut worden. Ein zusätzlicher Mitarbeiter kümmert sich um Menschen mit besonders auffälligem Verhalten. Das Streetwork wird fortgeführt, außerdem wird es nach dem Lockdown in 2021 nun auch wieder mehr Angebote der offenen Jugendarbeit geben. Bürgermeister Simon Blümcke: „Oft konnten aufkeimende Konflikte schon durch das Streetwork geklärt werden.“
Aber auch baulich habe sich etwas getan: Die Stadt hat laut Pressemitteilung die Beleuchtung des Bahnhofsumfeldes deutlich verbessert.