Lindauer Zeitung

Statt Tante Emma gibt es Tante Berta

Achberg hat zwar keinen Laden, dafür aber einen Automaten – Donnerstag­s wird er zum Treffpunkt

- Von Isabel de Placido

- Tante Emma kennt jeder. Aber wer beziehungs­weise was ist Tante Berta? Zwei, die es wissen, sind Philipp Nardin und Marina Schorer. Das Paar hat in Achberg einen Automaten aufgestell­t, an dem es zu jeder Tages- und Nachtzeit Ess- und Trinkbares gibt. Einkaufen völlig kontaktlos also. Damit das Ganze aber nicht komplett unpersönli­ch ist, haben sie den Automaten „Tante Berta“getauft.

Schick und modern kommt Tante Berta daher, wie sie da in ihrem hölzernen Gewand am Ortseingan­g von Achberg steht. Doch wie so oft, sind es die inneren Werte, die zählen. Und was die betrifft, so hat es Tante Berta buchstäbli­ch in sich: Appetitanr­egende Würstchen neben frischen BioHühnern, verschiede­ne Käsesorten aus Vorarlberg, Wurst, Eier, Honig, Grillsauce­n und Chutneys, Leberkäse, Kartoffeln, Schokolade und sogar Knödel gibt es hier gut gekühlt im großen Bauch von Tante Berta. Daneben, und natürlich ebenfalls schön kalt, stehen Kästen mit Bier in diversen Variatione­n und die angesagte Limo aus dem Ländle.

„Die Idee dazu ist eigentlich schon vor längerem entstanden“, sagt Philipp Nardin. Als die Familie eines Sonntags spontan Lust zum Grillen bekam und in Ermangelun­g der nötigen Zutaten auf einen Automaten

zurückgrif­f. „Aus Spaß“spannten sie den Gedanke, in Achberg auch so einen Automaten aufzustell­en, weiter. Denn Philipp Nardin, der aus Warth stammt und zugleich im Außendiens­t einer Vorarlberg­er Brauerei arbeitet, sollte ohnehin immer wieder für Freunde Bier aus dem Ländle mitbringen und Käse aus dem Bregenzerw­ald. Es sollte eine Weile dauern, bis die Idee gereift, der Automat

gekauft und das Hüttle gebaut war. Wegen Lieferschw­ierigkeite­n verzögerte sich der Start bis Mitte August vergangene­n Jahres. Und obwohl die Grillsaiso­n dann fast schon wieder vorbei war, lief das „Geschäft“, das der Außendiens­tler und die Krankensch­wester nur „nebenher“betreiben, „sehr gut“an und wird auch heute noch bestens angenommen. Ein Erfolg, der das Paar jetzt sogar zur Expansion veranlasst: Aufgrund der starken Nachfrage wollen sie ihr Sortiment erweitern und dafür einen dritten Kühlschran­k in Tante Berta einbauen.

Während einer der Kühlschrän­ke speziell für Getränkeki­sten ausgelegt ist, ist das Einkaufssy­stem hochmodern. Auf einem Bildschirm sind die Waren samt Preisen abgebildet. Durch Antippen wählt der Kunde nicht nur aus, was er haben möchte, sondern er bekommt zu den Produkten auch noch Informatio­nen. Bezahlt wird mit Bargeld, Karte oder mit Bezahlsyst­emen.

Allerdings kann der Automat eines noch nicht: Leergut zurücknehm­en. Doch auch hierfür haben sich die beiden eine Lösung ausgedacht: Jeden Donnerstag­nachmittag nehmen sie die leeren Kästen zurück und bieten, wo sie ja eh da sind, zusätzlich etwas Besonderes an. Aktuell sind es Orangen, Mandarinen und Zitronen frisch aus dem fernen Sizilien. „Wir überlegen uns immer was Neues fürs Dorf“, sagt der 30-Jährige. Gleichzeit­ig orientiere­n sie sich aber auch an dem, was die Achberger wollen und nachfragen. „Wir sind für alles offen.“Grundsätzl­ich jedoch, so betont Marina Schorer, „schauen wir schon, dass wir gute Produkte haben und dass es den Tieren gut geht“.

Warum sich die beiden, die auch noch einen kleinen Sohn haben, neben ihrer eigentlich­en Arbeit auch noch zusätzlich­e Arbeit mit Tante Berta aufladen? „Es macht Spaß“, sagt Nardin und fügt hinzu: „Was mich persönlich freut ist, dass ich sehr viele Einheimisc­he kennengele­rnt habe.“Die Donnerstag­nachmittag­e hätten sich mittlerwei­le zu einem kleinen Treffpunkt entwickelt. Das macht auch Marina Schorer Spaß. Ihre Eltern haben hier früher einen Getränkema­rkt betrieben. „Aber richtig mit Laden, wo man jeden Tag dastehen musste.“Da ist es mit Tante Berta schon einfacher. Für das junge Paar, aber auch für die Kunden, die an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr einkaufen können.

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FOTO: ISABEL DE PLACIDO Achberg hat zwar nicht einmal einen Tante-Emma-Laden, dafür aber Tante Berta. Marina Schorer und Philipp Nardin machen es möglich.
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