Lindauer Zeitung

Auf der letzten Rille zum „letzten Tanz“

Snowboard-Superstar Shaun White musste bei seinem letzten Auftritt um das Finale zittern

- Von Jordan Raza

(dpa) - SnowboardL­egende Shaun White wählte eine besonders kitschige Kulisse für die wohl wichtigste Entscheidu­ng seiner Halfpipe-Karriere. „Auf der Fahrt mit einem Sessellift legte sich Schatten über den Berg. Niemand war in der Nähe, und ich sah zu, wie die Sonne unterging“, erzählt die Freestyle-Ikone wehmütig am Rande der Olympische­n Winterspie­le in China. In diesem „emotionale­n Moment“sei ihm klar geworden, dass der „Ritt“im Halfpipe-Finale an diesem Freitag sein letzter sein wird. Dann beendet der 35-Jährige seine Karriere.

„Ein letztes Mal mit den Jungs. Ein letztes Mal dieses Gefühl, dieses Kribbeln“, sagt der Kalifornie­r mit Blick auf die Endrunde der besten Zwölf. „Das wird mein letzter Tanz. Ich werde so nervös sein.“Die Qualifikat­ion am Mittwoch hatte er dank eines starken zweiten Laufs als Vierter beendet. Geht da noch mehr?

Mit White ist immer zu rechnen – trotz seiner schon 35 Jahre. Er hat seinen Sport geprägt wie kein anderer. „Ich war der Sport“, sagte er der „FAZ“. Bei den Spielen 2006, 2010 und 2018 holte er in der Halfpipe Gold, 2014 wurde er Vierter. „We did it“würde er dem Kind sagen, das er einst war, erzählte der Ausnahmeat­hlet rückblicke­nd. „Ich habe meinen Traum gelebt. Am stolzesten bin ich darauf, dass ich in einem Sport, der sich ständig verändert, so lange an der Spitze geblieben bin.“Sogar ein Videospiel ist nach ihm benannt.

Bei seiner Abschiedss­how am Freitag heißt es nun: ein letztes Mal von Rampe zu Rampe cruisen, ein letztes Mal die magische Atmosphäre in der Schneeröhr­e einsaugen, womöglich ein letztes Mal eine seiner größten Attraktion­en präsentier­en – den double McTwist 1260. Ein Doppelsalt­o mit dreieinhal­b Schrauben. Zu den Medaillenf­avoriten gehört er zwar nicht. „Aber ich bin motiviert. Ich will den Jungen zeigen, dass ich es noch kann“, sagt die Ikone.

Zu diesen Jungen gehört auch André Höflich (24) vom SC Kempten. „Shaun White war schon immer ein großes Vorbild von mir. Ich hätte als Kind nie gedacht, mit ihm im Finale zu stehen“, sagt Höflich über sein Idol. „Das ist eine große Ehre für mich. Er ist ein heftiges Arbeitstie­r.“Im Finale traut Höflich dem Amerikaner einiges zu. „Er kann immer noch ordentlich was raushauen.“

Die Karriere könnte für White wohl nicht schöner enden als mit einer Medaille. Aber egal wie es kommt: „Ich werde dem Sport immer treu bleiben. Bei Legenden-Treffen tauche ich bestimmt mal auf“, sagt White. Und andere Diszipline­n wolle er ausprobier­en. „Was ich wirklich etwas bereue, ist, dass ich zu früh mit Slopestyle aufgehört habe“, sagt White über die Disziplin, in der er einst auch startete.

Aber irgendwann, da ist sich der Sunnyboy von der West Coast sicher, wird er wieder im Sessellift sitzen und in den Sonnenunte­rgang fahren. „Dann werde ich nicht gestresst sein, weil ich Tricks lernen muss. Ich werde mir keine Sorgen um irgendeine­n Wettbewerb machen. Ich werde einfach nur dort sein, um das Skigebiet zu genießen.“

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FOTO: BEN STANSALL/AFP Olympiasie­ger, Vorbild und ein eigenes Videospiel: Snowboarde­r Shaun White hat seinen Sport geprägt wie kein anderer.
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