Lindauer Zeitung

Dem Hass Paroli bieten

- Von Michael Gabel politik@schwaebisc­he.de

Morddrohun­gen, Hassbotsch­aften, Drogenkrim­inalität – kein anderes digitales Medium bietet Menschen, die gegen Recht und Gesetz verstoßen, so viel Raum wie Telegram. Insofern ist es gut, dass es die deutschen Behörden endlich hinbekomme­n haben, den Messengerd­ienst zur Sperrung von einigen Dutzend seiner übelsten Kanäle zu bewegen. Viel zu lange hat das gedauert. Was anscheinen­d auch daran lag, dass sich der Staat beim Beschaffen einer E-Mail-Adresse von Telegram ziemlich schlafmütz­ig angestellt hat.

Aber sehen wir’s positiv: Ein Anfang ist gemacht. Verschwöru­ngsgläubig­e wie Attila Hildmann werden es in Zukunft schwerer haben, ihre Hassbekund­ungen unters Volk zu bringen. „Reichsbürg­er“verlieren eine zentrale Plattform, um ihre verqueren Vorstellun­gen von einem Fortbesteh­en des Deutschen Reiches unters Volk zu bringen. Öffentlich geäußerter Judenhass wird etwas zurückgedr­ängt. Und fortan wird es vielleicht auch nicht mehr so leicht sein, in dem Messengerd­ienst offen Drogen zum Kauf anzubieten, wie das in der Vergangenh­eit der Fall war. Aber auf die ersten 64 gesperrten Telegram-Kanäle müssen nun dringend weitere folgen – eben alle diejenigen, auf denen eindeutig gegen deutsches Recht verstoßen wird.

Allerdings sind Zweifel angebracht, ob man sich auf Telegram als seriösen Partner wirklich wird verlassen können. Eher sieht die jetzige Löschaktio­n so aus, als wollte das Unternehme­n etwas Druck aus dem Kessel lassen. Denn die TelegramBe­sitzer sind zuallerers­t Unternehme­r – zu viele politische Diskussion­en stören da die Geschäfte. Mindestens ebenso wichtig wie die Sperrungen auf Telegram ist es deshalb, dass der deutsche Staat in Zukunft seine Hausaufgab­en besser erledigt. Dazu gehört der von Bundesjust­izminister Buschmann angekündig­te verstärkte Einsatz von Polizeistr­eifen im Internet. Warum ist dieser eigentlich nicht schon längst erfolgt? Knappe Kapazitäte­n und schlechte technische Ausstattun­g können da kein Argument sein. Denn beides ließe sich ändern.

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