Tomas’ Tore und „Rinos“Ruhe als Rezept
Formkurve ist beim VfB auch nach dem Spiel gegen Leverkusen bedrohlich – Hoffnungsträger drängt sich auf
(SID/dpa) - Sven Mislintat verlor keine Zeit und stärkte Pellegrino Matarazzo nach dem nächsten Rückschlag erneut den Rücken. Vom Trainer als Teil des Problems wollte Stuttgarts Sportdirektor nach dem 2:4 (0:1) bei Bayer Leverkusen und den immer größer werdenden Abstiegssorgen nichts wissen. „Er erreicht die Mannschaft, das sieht man hundertprozentig. Deswegen gibt es da nichts zu diskutieren“, sagte Mislintat im „Aktuellen Sportstudio“im ZDF nach der vierten Niederlage in Serie. Und rechnet auch nicht mit einem Rücktritt des 44-Jährigen. „Ich arbeite täglich mit ihm, sitze mit ihm im Bus und in der Kabine, esse mit ihm zu Mittag. Aber da sehe ich keine Anzeichen.“
Nach dem insgesamt siebten Spiel in Folge ohne Sieg und nur einem mageren geholten Punkt, habe der Trainer weiter die „volle Energie, 24/7 wie immer, keine Anzeichen“den Glauben an seine Fähigkeiten zu verlieren, meinte Mislintat.
Dafür hatte der 44-jährige Matarazzo in den 90 Minuten trotz der vier Gegentore von Moussa Diaby (41.), Amine Adli (52.), Florian Wirtz (85.) und Patrik Schick (89.) zu viel Ermutigendes von seiner Mannschaft im Kampf gesehen.
Unter anderem Winter-Neuzugang Tiago Tomas (49./88.), der mit einem Doppelpack auf sich aufmerksam machte. Für den VfB stieg er in nur 90 Minuten zum Hoffnungsträger für den Kampf gegen den dritten Bundesligaabstieg seit 2016 auf. „Wir haben heute einen Spieler gewonnen“, sagte Matarazzo, der mit seinem Team derzeit sonst nichts gewinnt. „Man hat gesehen, was ihn auszeichnet. Er hat Speed, Tiefgang, ist in der Lage, seinen Körper sehr gut einzusetzen und eklig zu sein, beim Ball festmachen“, schwärmte Matarazzo über den 19 Jahre alten portugiesischen U21-Nationalspieler. Die Leihgabe von Sporting Lissabon war nach zuvor neun Bundesliga-Minuten nur in die Startelf gerückt, weil Sasa Kalajdzic wegen Wadenproblemen und Omar Marmoush nach einem positiven Corona-Test fehlten. Am Ende hatte der Portugiese aber beide Stuttgarter Treffer erzielt – womit er sogar Bayer-Überflieger Florian Wirtz (ein Tor, eine Vorlage) übertraf – und zudem noch mit einem Lattentreffer (28.) für Aufsehen gesorgt. „Die zwei Tore werden ihm eine breite Brust geben“, sagte Matarazzo.
In diesem Moment durfte er nachvollziehbar schwärmen. In vielen anderen betete er aber mit monotoner Stimme seine wöchentlichen Durchhalteparolen herunter. Nein, die Nerven verlieren sie wahrlich nicht im Schwabenland. Und die große Frage ist: Ist diese Ruhe das entscheidende Faustpfand im Kampf gegen den Abstieg? Oder ist die Harmonie Stuttgarts größer Fehler? Steigt der VfB mit Schönfärberei und sich in den Armen liegend ab?
„Man darf nicht alles schönreden“, mahnte Rekordnationalspieler Lothar Matthäus als Sky-Experte: „Es gibt eigentlich gar keinen Ärger. Aber man muss auch mal den Finger
Sven Mislintat in die Wunde legen. Sie machen sehr viele Fehler.“
In der Tat klang es nach dem Spiel mit vier Gegentoren und 29 Prozent Ballbesitz eher so, als habe der VfB gerade einen Befreiungsschlag gelandet. „Wir können viel Positives mitnehmen für die nächsten Spiele. Ich finde nicht, dass wir verunsichert gewirkt haben“, sagte Matarazzo selbstbewusst: „Wir hatten gute Konteraktionen und Chancen, die wir nicht genutzt haben.“Er sah „eine Einheit, die uns tragen wird in den nächsten Wochen.“Nicht einmal das Kopfballtor des 1,74 Meter kleinen Amine Adli – wieder nach einem Standard – war für ihn ein Kritikpunkt: „Das war überragend geschossen und überragend geköpft. Einfach gut gemacht vom Gegner.“
Das hatte auch Mislintat so gesehen: „Wir haben heute einen sehr gut spielenden VfB gesehen. Die Jungs haben gut kommuniziert und miteinander agiert, das hat mir gut gefallen. Wir hatten einen guten Ansatz und wollten uns genau auf diese Stärken fokussieren.“
Nun sind Mislintat und vor allem Matarazzo sicher nicht naiv. Die Ruhe ist seine Masche. Der Weg, an den er glaubt. Intern agiere er auch nicht wirklich anders, versicherte der „Rino“genannte Coach. „Rinos Ruhe“und Tiago Tomas' Tore sollen es also richten. Bleibt abzuwarten, ob das reicht. Und so ließ der Trainer auch unmissverständlich den Ansatz für die kommenden, fordernden Wochen bei den Schwaben folgen. „Unser Weg wird sein, das Team in den Vordergrund zu stellen. Dass man als Einheit agiert und gut kommuniziert auf dem Platz“, sagte Matarazzo: „Dann hat man Halt und Sicherheit.“Den braucht der VfB dringend, am besten schon am kommenden Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen BayernBezwinger VfL Bochum.
Havertz führt Chelsea wieder zum Titel: Kai Havertz war wie schon im ChampionsLeague-Endspiel der Matchwinner für den FC Chelsea im Endspiel der Club-WM. Mit einem Handelfmeter kurz vor Ende der Verlängerung (117.) entschied der Ex-Leverkusener das Spiel gegen den brasilianischen Copa-Libertadores-Gewinner SE Palmeiras aus Sao Paulo. „Es ist Wahnsinn. Nach Champions-League-Sieger sind wir jetzt Weltmeister. Das klingt noch besser“, so Havertz: „Ich habe davon als Kind immer geträumt. Das ist ein unglaubliches Gefühl für mich.“*