So will die Regierung Elektroautos erschwinglich machen
E-Dienstwagen sollen den Markt für Gebrauchte beleben – Koalition plant Änderungen beim Plug-in-Hybrid
- Dienstwagenfahrer gelten als privilegiert und ihre Autos als umweltschädlich. Viele nutzen ihre Autos nicht nur für die Arbeit, sondern auch privat. Bisher hatte die Bundesregierung damit kein Problem. Die Ampel-Koalition jedoch plant nun ein Steuer-Reförmchen. Dabei geht es darum, dass weniger Dienstwagen mit Verbrennungsmotoren und mehr elektrische Autos auf die Straßen kommen. Das sind die Pläne in Fragen und Antworten:
Wie wichtig sind Dienstwagen im deutschen Straßenverkehr?
Bei Neuwagen sind Unternehmen als Käufer viel wichtiger als Privatleute. Rund eine Million Pkw wurden im vergangenen Jahr von Firmen erworben. Das waren 37,4 Prozent aller Neuzulassungen. Dabei sind der Kfz-Handel, Vermieter und Carsharing nicht mitgezählt. Ein erheblicher Teil der Firmenwagen darf auch privat genutzt werden. Das Umweltbundesamt schätzt, dass dies auf 20 bis 25 Prozent aller Neuzulassungen zutrifft.
Wie werden Dienstwagen besteuert?
Darf ein Arbeitnehmer ein Firmenfahrzeug privat nutzen, dann betrachtet dies das Finanzamt als Teil des Gehalts. Denn Anschaffungskosten fallen ebenso wenig an wie Benzin oder Diesel, Steuer, Versicherung und Reparaturen. Daher muss der „geldwerte Vorteil“versteuert werden. Um das zu vereinfachen, gibt es eine pauschale Regelung: Pro Monat wird ein Prozent des Bruttolistenpreises einschließlich Mehrwertsteuer zum Gehalt dazugerechnet. Hinzu kommen für die Fahrt von der Wohnung zum Arbeitsplatz 0,03 Prozent für jeden EntfernungsKilometer. In aller Regel ist das sehr viel günstiger als die private Anschaffung.
Warum werden Elektroautos als Dienstwagen begünstigt?
Derzeit sind E-Autos noch deutlich teurer als Verbrenner-Modelle. Zwar schießen Staat und Hersteller bis zu 9000 Euro für einen neuen Wagen zu. Der Staat beteiligt sich auch an den Kosten einer sogenannten Wallbox – dem Ladeanschluss in der heimischen Garage. Dennoch können sich viele Menschen kein neues Elektroauto leisten. Sie setzen daher auf den Gebrauchtwagenmarkt mit günstigeren Angeboten, auf dem die E-Autos aber noch rar sind.
Hier kommen die Dienstwagen ins Spiel. Die Bundesregierung hofft, dass E-Dienstwagen den Gebrauchtwagenmarkt beleben. Denn sie werden meist nach wenigen Jahren aussortiert und an Privatnutzer verkauft. Daher will die Regierung Anreize schaffen, um mehr E-Autos auf den Markt zu bringen.
Wie sieht der Vorteil derzeit aus? Seit Anfang 2019 fällt für E-Autos samt Plug-in-Hybriden als Dienstwagen nur noch die Hälfte der Steuer an. Seit 2020 gilt für reine Elektrofahrzeuge eine noch günstigere Regelung: Bis zu einem Listenpreis von 60 000 Euro ist nur ein Viertel fällig, also 0,25 Prozent pro Monat plus 0,0075 Prozent pro Entfernungskilometer zum Arbeitsplatz.
Was will die Koalition ändern? Dreh- und Angelpunkt ist der Plugin-Hybrid. Nach Studien des Umweltbundesamtes und der Denkfabrik Agora Verkehrswende wird er zu großen Teilen mit Verbrennungsmotor gefahren und nicht elektrisch. Das dient nicht dem Klimaschutz.
Die Ampel-Koalition sieht das auch so und will steuerlich entgegenwirken: Im Koalitionsvertrag ist verankert, dass Hybridfahrzeuge „zukünftig nur noch privilegiert werden, wenn das Fahrzeug überwiegend (mehr als 50 Prozent) auch im rein elektrischen Fahrantrieb betrieben wird“. Nutzt der Fahrer das Hybrid-Auto vorwiegend mit Verbrennungsmotor, „entfällt der Vorteil und die Nutzung des Dienstwagens wird regelbesteuert“– wie bei Verbrennern ein Prozent.
Wie soll das technisch funktionieren?
„Bei ab 2021 zugelassenen Plug-inHybrid-Pkw kann von TÜV und Dekra ausgelesen werden, wann mit Verbrennungsmotor und wann elektrisch gefahren wurde“, erläutert der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Stefan Gelbhaar. Bei der Steuererklärung gebe man an, wie viele Kilometer elektrisch gefahren wurden. Gegebenenfalls müsse der Prüfbericht beigefügt werden. Ungeklärt ist noch, ob ältere Hybrid-Fahrzeuge nachgerüstet werden können und sollen. Die Grünen wollen darauf drängen: „Umweltpolitisch ist es ein Schrittchen in die richtige Richtung“, sagt Gelbhaar. „Diese Regelung muss ab 2023 kommen. Das Vorhaben liegt bei Finanzminister Christian Lindner (FDP). Das Finanzministerium ist hier in der Pflicht, zeitnah einen Vorschlag zu präsentieren“, fordert er.
Profitiert tatsächlich das Klima? Umweltschützern gehen die Pläne der Ampel längst nicht weit genug. Die Denkfabrik Agora Verkehrswende meint, zwar werde ein Anreiz gesetzt, elektrisch zu fahren, doch der große Wurf sei das nicht. Denn weder sorge das Koalitionsvorhaben für mehr Steuergerechtigkeit, noch würden Menschen dazu bewegt, vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen.
Das Umweltbundesamt schlägt vor, den zu versteuernden geldwerten Vorteil der Verbrenner von 1 auf 1,5 Prozent des Listenpreises zu erhöhen. So wäre der Anreiz, einen EPkw als Dienstwagen zu wählen, noch größer. Dazu ist allerdings nichts im Koalitionsvertrag vereinbart.
Was halten die Autobauer vom Streichen von Vorteilen für E-Autos?
„Ein Wegfall der vergünstigten Sätze für E-Autos würde sicher den Hochlauf der Elektromobilität deutlich verzögern“, befürchtet der Verband der Automobilindustrie. Die Transformation zum klimafreundlichen Elektroantrieb werde insbesondere durch Firmenwagen vorangetrieben, die bislang nach drei bis vier Jahren in private Hände übergehen. „Nur damit kommen wir in die Breite.“
Groß, emissionsreich, umweltschädlich: So soll Umweltlobbyisten zufolge ein Großteil der Dienstwagen sein. Jährlich entgehen dem Staatshaushalt durch das Dienstwagenprivileg mindestens drei Milliarden Euro an Steuereinnahmen. Vor allem profitieren davon Gutverdiener, die teure SUV fahren. Von einem sozialen Ungleichgewicht und einer klimaschädlichen Regelung sprechen unter anderem das Öko-Institut und die Agora Verkehrswende. Sie fordern eine komplette Neuaufstellung der Dienstwagenbesteuerung. Doch ist das überhaupt machbar? „Nein“, sagt der Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft in Geislingen, Stefan Reindl. Er hält die Abschaffung der Dienstwagenbesteuerung für politisch nicht durchsetzbar. Weder mit der FDP und ihrer tendenziell besserverdienenden Wählerschaft noch mit der SPD und den um Arbeitsplätze in der Automobilindustrie besorgten Betriebsräten sei das zu machen. Zudem seien die Dienstwagen nach ihrer Nutzung essenziell für den Gebrauchtwagenmarkt. Dieser halte auch für mittlere und untere Einkommensgruppen verhältnismäßig günstige und technisch relativ junge Fahrzeuge bereit, betont er.
Reindl hält die Besteuerung auf Basis des Listenpreises, wie sie derzeit vorgenommen wird, für sinnvoll. Denn: „Über den Preis kriegt man alle Dimensionen in den Griff: die Größe und Motorleistung der Fahrzeuge etwa“, sagt er. Deshalb biete sich der Listenpreis auch in Zukunft als Grundlage der Besteuerung an. Gleichzeitig gibt er zu bedenken: Durch den Wegfall von Steuerprivilegien für Diesel- oder Benzin-Pkw für Unternehmen ließe sich der Neuwagenmarkt – und dann zeitversetzt auch der Gebrauchtwagenmarkt – schnell und gezielt in Richtung elektrifizierter Antriebe steuern. (dot)