30 000 Euro Strafe für Protest vor Kretschmanns Haus
52-Jähriger organisierte unangemeldete Kundgebung gegen Corona-Maßnahmen der Landesregierung
- Der Rädelsführer eines Corona-Protestzugs zum Privathaus des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) in Sigmaringen-Laiz ist am Montag zu einer Geldstrafe in Höhe von 30 000 Euro verurteilt worden. Diese muss er in 150 Tagessätzen à 200 Euro bezahlen. Das Urteil fiel jedoch ohne den Angeklagten: Er hatte sich krankheitsbedingt entschuldigen und ein Attest vorlegen lassen.
Die Verhandlung vor dem Amtsgericht Sigmaringen dauert nur vier Minuten. „Der Angeklagte ist nicht erschienen und wir brauchen auch nicht auf ihn zu warten“, sagt Richterin Kristina Selig. Er habe sich für zwei Tage krankschreiben lassen. „Im Krankenhaus bekam er am Sonntag eine Infusion“, schildert die Richterin. Sein Sohn habe das Gericht wissen lassen, dass sich der Gesundheitszustand des 52-Jährigen am Montag verschlechtert und sein Vater sich in die Notaufnahme begeben habe.
Seine Krankheit schützt den Mann nicht vor einer Strafe. Die Behörden werfen dem 52-jährigen Mann aus einer Sigmaringer Kreisgemeinde vor, ohne Erlaubnis zu der Versammlung aufgerufen zu haben. Der Mann hatte die Demonstration über das soziale Netzwerk Telegram organisiert. Rund 60 Teilnehmer waren seinem Aufruf gefolgt und am Sonntag vor einer Woche zum Haus der Familie Kretschmann marschiert. Das Landratsamt hatte zuvor die Genehmigung versagt, da der Antragsteller die angeordnete Maskenpflicht ablehnte. Seinen Antrag zog der Mann daraufhin zurück.
Während des Protestzugs war der Mann klar als Anführer erkennbar, da er den Laufweg vorgab. Er hatte unter anderem versucht, eine Polizeisperre zu umgehen.
Nur wenige Tage nach dem Protestzug überbrachten Polizisten dem Mann die Ladung zu der Gerichtsverhandlung.
„Uns ist an einer schnellen Reaktion gelegen“, sagte der Sprecher der Hechinger Staatsanwaltschaft im Vorfeld der Verhandlung.
Die Polizisten, die die AnführerRolle des Mannes bezeugen sollten, konnten den Gerichtssaal am Montagnachmittag unverrichteter Dinge wieder verlassen.
Statt in einer mündlichen Verhandlung wird der 52-jährige Mann nun auf schriftlichem Wege verurteilt. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft übermittelt das Amtsgericht dem 52-Jährigen einen Strafbefehl.
Die Geldstrafe setzt das Gericht mit 150 Tagessätzen à 200 Euro fest. „Wir kommen nach Aktenlage zu dem Ergebnis, dass dies angemessen erscheint“, sagt der Staatsanwalt Ronny Stengel. Dem im Raum Sigmaringen bekannten Geschäftsmann wird nachgesagt, dass er sich mit verschiedenen Aktivitäten ein stattliches Vermögen erarbeitet hat.
Sollte dem 52-Jährigen die Geldstrafe zu hoch erscheinen, kann er gegen den Strafbefehl Einspruch einlegen. Allerdings wird er sich in diesem Fall einer öffentlichen Hauptverhandlung stellen müssen.
Die Behörden hoffen, dass das Urteil abschreckend auf mögliche Nachahmer wirkt: Als zweite Maßnahme haben sie seit vergangenen Freitag rund um das Privathaus des Ministerpräsidenten im Sigmaringer Stadtteil Laiz Corona-„Spaziergänge“verboten. Laut einer Verfügung des Landratsamts Sigmaringen bleibt das Versammlungsrecht bis 15. März eingeschränkt. Sollten sich Gegner der Corona-Maßnahmen dagegen widersetzen, können sie von den Behörden belangt werden.
Hintergrund des Versammlungsverbots: Nun können von Behörden auch die Teilnehmer solcher Kundgebungen belangt werden. Bislang hatten sie nur gegen die Organisatoren eine Handhabe, was den 52-jährigen Geschäftsmann teuer zu stehen kommt.