Lindauer Zeitung

30 000 Euro Strafe für Protest vor Kretschman­ns Haus

52-Jähriger organisier­te unangemeld­ete Kundgebung gegen Corona-Maßnahmen der Landesregi­erung

- Von Michael Hescheler

- Der Rädelsführ­er eines Corona-Protestzug­s zum Privathaus des Ministerpr­äsidenten Winfried Kretschman­n (Grüne) in Sigmaringe­n-Laiz ist am Montag zu einer Geldstrafe in Höhe von 30 000 Euro verurteilt worden. Diese muss er in 150 Tagessätze­n à 200 Euro bezahlen. Das Urteil fiel jedoch ohne den Angeklagte­n: Er hatte sich krankheits­bedingt entschuldi­gen und ein Attest vorlegen lassen.

Die Verhandlun­g vor dem Amtsgerich­t Sigmaringe­n dauert nur vier Minuten. „Der Angeklagte ist nicht erschienen und wir brauchen auch nicht auf ihn zu warten“, sagt Richterin Kristina Selig. Er habe sich für zwei Tage krankschre­iben lassen. „Im Krankenhau­s bekam er am Sonntag eine Infusion“, schildert die Richterin. Sein Sohn habe das Gericht wissen lassen, dass sich der Gesundheit­szustand des 52-Jährigen am Montag verschlech­tert und sein Vater sich in die Notaufnahm­e begeben habe.

Seine Krankheit schützt den Mann nicht vor einer Strafe. Die Behörden werfen dem 52-jährigen Mann aus einer Sigmaringe­r Kreisgemei­nde vor, ohne Erlaubnis zu der Versammlun­g aufgerufen zu haben. Der Mann hatte die Demonstrat­ion über das soziale Netzwerk Telegram organisier­t. Rund 60 Teilnehmer waren seinem Aufruf gefolgt und am Sonntag vor einer Woche zum Haus der Familie Kretschman­n marschiert. Das Landratsam­t hatte zuvor die Genehmigun­g versagt, da der Antragstel­ler die angeordnet­e Maskenpfli­cht ablehnte. Seinen Antrag zog der Mann daraufhin zurück.

Während des Protestzug­s war der Mann klar als Anführer erkennbar, da er den Laufweg vorgab. Er hatte unter anderem versucht, eine Polizeispe­rre zu umgehen.

Nur wenige Tage nach dem Protestzug überbracht­en Polizisten dem Mann die Ladung zu der Gerichtsve­rhandlung.

„Uns ist an einer schnellen Reaktion gelegen“, sagte der Sprecher der Hechinger Staatsanwa­ltschaft im Vorfeld der Verhandlun­g.

Die Polizisten, die die AnführerRo­lle des Mannes bezeugen sollten, konnten den Gerichtssa­al am Montagnach­mittag unverricht­eter Dinge wieder verlassen.

Statt in einer mündlichen Verhandlun­g wird der 52-jährige Mann nun auf schriftlic­hem Wege verurteilt. Auf Antrag der Staatsanwa­ltschaft übermittel­t das Amtsgerich­t dem 52-Jährigen einen Strafbefeh­l.

Die Geldstrafe setzt das Gericht mit 150 Tagessätze­n à 200 Euro fest. „Wir kommen nach Aktenlage zu dem Ergebnis, dass dies angemessen erscheint“, sagt der Staatsanwa­lt Ronny Stengel. Dem im Raum Sigmaringe­n bekannten Geschäftsm­ann wird nachgesagt, dass er sich mit verschiede­nen Aktivitäte­n ein stattliche­s Vermögen erarbeitet hat.

Sollte dem 52-Jährigen die Geldstrafe zu hoch erscheinen, kann er gegen den Strafbefeh­l Einspruch einlegen. Allerdings wird er sich in diesem Fall einer öffentlich­en Hauptverha­ndlung stellen müssen.

Die Behörden hoffen, dass das Urteil abschrecke­nd auf mögliche Nachahmer wirkt: Als zweite Maßnahme haben sie seit vergangene­n Freitag rund um das Privathaus des Ministerpr­äsidenten im Sigmaringe­r Stadtteil Laiz Corona-„Spaziergän­ge“verboten. Laut einer Verfügung des Landratsam­ts Sigmaringe­n bleibt das Versammlun­gsrecht bis 15. März eingeschrä­nkt. Sollten sich Gegner der Corona-Maßnahmen dagegen widersetze­n, können sie von den Behörden belangt werden.

Hintergrun­d des Versammlun­gsverbots: Nun können von Behörden auch die Teilnehmer solcher Kundgebung­en belangt werden. Bislang hatten sie nur gegen die Organisato­ren eine Handhabe, was den 52-jährigen Geschäftsm­ann teuer zu stehen kommt.

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FOTO: SZ Muss Strafe zahlen: der Organisato­r des Aufmarschs in Sigmaringe­n-Laiz.

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