Die große Not der Kleinsten
Um diese zu erreichen, seien jedoch nicht genug Ausbildungsplätze vorhanden. Bei GKind, der Gesellschaft der Kinderkrankenhäuser und Kinderabteilungen in Deutschland, bestätigt man Flemmers Beobachtung mit Zahlen. Dort spricht man von einem bundesweit „alarmierenden Trend“.
Dabei herrscht schon jetzt an der Uniklinik in München so ein eklatanter Pflegeengpass, wie Flemmer erläutert, dass nicht mehr jeweils 16 Kinder auf der Frühgeborenenintensivstation sowie auf der Überwachungsstation gleichzeitig versorgt werden können, sondern nur noch die Hälfte. Und das in einem Haus, in dem schwerst kranke Neugeborene, aber auch extreme Frühchen mit einem Geburtsgewicht unter 500 Gramm gut behandelt werden können. Etwa ein Drittel von diesen seltenen „Ultra“-Frühchen – etwa eines von 1000 Frühgeborenen sei betroffen – habe die Möglichkeit, sich ohne jede Einschränkung entwickeln zu können.
Die guten Prognosen fügt Flemmer stets automatisch mit an. Denn gerade Frühgeborenenmediziner wie er müssten sich immer wieder für ihr Tun sogar noch rechtfertigen, erzählt er. Als wäre es keine Selbstverständlichkeit, in diesem reichen, hoch entwickelten Land, jedem aktiven, selbst atmenden Kind, das auf die Welt kommt, jede nur denkbare Hilfe zukommen zu lassen – auch wenn sie, wie jede maximale Intensivmedizin, das Risiko einer bleibenden Beeinträchtigung birgt. Doch längst nicht mehr jedem Kind können Flemmer und sein Team jede Hilfe anbieten. Eine Katastrophe für den Arzt, wie im Gespräch deutlich wird. „Wir haben aufgrund des zunehmenden Mangels an Pflegekräften in der Kinderheilkunde und insbesondere in der Neugeborenen- und Kinderintensivpflege verstärkt Situationen, in denen wir tatsächlich triagieren müssen“, sagt er. „Das heißt, ich muss immer öfter schauen, kann ich dieses Kind überhaupt noch versorgen beziehungsweise muss ich Kinder, die sich stabilisiert haben, an ein anderes Zentrum verlegen, um wieder Platz zu schaffen?“
Betroffen sind aber nicht nur Frühchen. Die Neonatologie am LMU Klinikum bietet auch ECMO an, die Behandlung mit einer künstlichen Lunge. Mit einer schwer geschädigten Lunge können auch reife Neugeborene zur Welt kommen und haben mit einer ECMO eine über 80-prozentige Übermarkt