Lindauer Zeitung

Der „Aufstand der letzten Generation“weitet sich aus

Klimaaktiv­isten führen seit Sommer teils extreme Aktionen aus – Ablehnung auch von den Grünen

- Von Igor Steinle

- Seit Wochen kleben sich Aktivisten an Autobahnen fest und strapazier­en die Nerven von Berufspend­lern in deutschen Großstädte­n. Sie nennen sich „Aufstand der letzten Generation“und fordern ein Gesetz gegen Lebensmitt­elverschwe­ndung, das Supermärkt­e verpflicht­en soll, Essen zu spenden statt es wegzuwerfe­n. Darüber hinaus müsse eine Agrarwende her, um Treibhausg­ase in der Landwirtsc­haft zu mindern.

Ein damit verbundene­s Ultimatum an die Bundesregi­erung ist am Sonntag abgelaufen, nun weitet die Gruppe, die davon überzeugt ist, die letzte Generation zu sein, die eine Klimakatas­trophe noch verhindern kann, ihre Proteste aus. Jahrelang habe man Petitionen unterschri­eben und demonstrie­rt, beschwert sich eine Sprecherin. „Das hat leider nicht zu den Ergebnisse­n geführt, die wir dringend brauchen, um die Menschen vor dem Klimakolla­ps zu retten.“

Am Montagmorg­en blockierte­n die Aktivisten deswegen neben Straßen in Stuttgart und Freiburg auch den Hamburger Hafen. Laut Polizei verschütte­ten sie auf einer Hafenbrück­e auch größere Mengen Rapsöl, weswegen Feuerwehr und Stadtreini­gung anrücken mussten. In den kommenden Tagen sollen auch Flughäfen blockiert werden, kündigte die Gruppe an.

Bekannt wurde sie im Sommer, als ein Teil aus Protest gegen die Klimapolit­ik der Regierung in den Hungerstre­ik

trat und dem heutigen Kanzler Olaf Scholz so ein Gespräch abnötigte. Viele der nach eigenen Angaben 70 bis 80 Aktivisten waren früher bei „Fridays for Future“, später bei „Extinction Rebellion“aktiv. Obwohl der CO in Deutschlan­d seit 1990 um 40 Prozent sank, während er weltweit um 60 Prozent anstieg und die Bundesregi­erung unter dem Eindruck der Klimaprote­ste die Ziele nochmal drastisch anschärfte, sind die Aktivisten unzufriede­n mit den Ergebnisse­n ihrer Aktionen, weswegen sie nun zu drastische­ren Mitteln greifen. Protestfor­scher gehen davon aus, dass sich diese Radikalisi­erung fortsetzen wird.

So sieht es auch Tadzio Müller, einer der Mitgründer der Anti-Braunkohle-Initiative „Ende Gelände“. „Wer Klimaschut­z verhindert, schafft die grüne RAF“, prophezeit­e er schon im vergangene­n Jahr und sagte für diesen Sommer zerstörte Autos und Sabotagen in Gaskraftwe­rken oder an Pipelines voraus. In der „Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung“plädierte er nun erneut für „friedliche Sabotage“und sprach von einem „Klima-Notstandsr­echt“.

Von Seiten der Politik wurde harsche Kritik an den Aktionen geäußert. Vertreter von CDU und AfD forderten strafrecht­liche Konsequenz­en für die Aktivisten. Agrarminis­ter Cem Özdemir (Grüne) sagte, eine Demokratie lasse „sich nicht erpressen“und warnte davor, „denen Steilvorla­gen zu geben, die möglichst wenig Klimaschut­z wollen“.

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