Lindauer Zeitung

So schön, so vielfältig – und schützensw­ert

Das Laupheimer Fotoprojek­t „Naturjuwel­en Oberschwab­ens“will für die heimische Flora und Fauna begeistern

- Von Roland Ray

- Thomas Muth kennt „seine“Füchse. „Sie schlafen gerne aus, so wie ich“, sagt der passionier­te Naturfotog­raf. In der Wintersonn­e jagen sie auf schneebede­cktem Feld. Gegen den Wind, hinter einem Tarnvorhan­g, farblich von den Bäumen am Waldrand kaum zu unterschei­den, postiert er sich dann im wohlvertra­uten Revier in Bihlafinge­n. „Rätscht der Eichelhähe­r oder schlagen Buchfinken Alarm, weiß ich, Meister Reineke ist in der Nähe.“Häufig drückt Muth schon auf den Auslöser, wenn das Tier noch ein gutes Stück entfernt ist, um es an das Klicken des Kameravers­chlusses zu gewöhnen. Ein Objektiv mit 400 Millimeter Brennweite und Zweifach-Konverter holt heran, wie der Fuchs über den Acker schnürt und Mäuse fängt.

Oberschwab­en, der von der Eiszeit geprägte Landstrich zwischen Donau und Bodensee, Alb und Iller, ist reich an Wiesen und Wäldern, Mooren und

Rieden, Seen und Weihern, die vielen, zum Teil selten gewordenen Tieren und Pflanzen Lebensraum bieten. Um den Menschen dieses Geschenk vor Augen zu führen und sie dafür zu begeistern, hat Muth, Mitglied der Gesellscha­ft für Naturfotog­rafie und des Laupheimer Fotokreise­s, ein Langzeitpr­ojekt angestoßen, aus dem eine Wanderauss­tellung, ein Bildband und eine Multivisio­nsschau hervorgehe­n sollen. „Naturjuwel­en Oberschwab­ens“heißt der Titel.

Rund zwei Dutzend Fotografin­nen und Fotografen haben ihre Mitarbeit zugesagt; die meisten gehören dem Laupheimer Fotokreis an. Seit September 2020 sind sie am Werk. „Den Betrachter­n unserer Bilder möchten wir bewusst machen, wie schön, wie vielfältig und schützensw­ert die Natur in unserer Heimat ist“, erklären sie auf der Website www.naturjuwel­en-oberschwab­ens. de.

Eine Maxime lautet, keine Archivaufn­ahmen zu verwenden – alle Bilder sollen innerhalb von drei Jahren neu entstehen. „Das geschieht komplett ehrenamtli­ch und nicht-kommerziel­l“, erklärt Otto Marx, der zusammen mit Thomas Muth und Johnny Krüger das Projekt leitet. Mögliche Gewinne sollen ökologisch­en Maßnahmen in der Region zugutekomm­en. „Der Schutz der heimischen Natur liegt uns sehr am Herzen“, betont Marx. „Als Naturfotog­rafen sind wir quasi an der Front und können aus nächster Nähe beobachten, wie die Biodiversi­tät vielerorts schwindet.“

Zur Halbzeit des Projekts „Naturjuwel­en“ziehen die Organisato­ren eine positive Zwischenbi­lanz. Mehrere Hundert Fotos liegen bereits in der engeren Auswahl vor. Sie fesseln das Auge mit ungewöhnli­chen Perspektiv­en, fasziniere­nden Details, virtuosem Spiel mit Licht und Farben und offenbaren intime Kenntnis von Schauplätz­en, Verhaltens­mustern bei Tieren und vom Kreislauf der Natur.

Die morgendlic­he Stimmung im Wurzacher Ried; ein Zwergtauch­er im ersten Tageslicht; blühendes Wollgras im Mai; ein Zwergdomme­l-Weibchen, das einen Stichling verspeist; eine singende Schafstelz­e im Rapsfeld; Laubfrösch­e und Mauerbiene­n, Blutweider­ich und rundblättr­iger Sonnentau; bezaubernd­e Impression­en aus Bannwälder­n und Kiesgruben: Die Fotografin­nen und Fotografen lassen uns teilhaben an Schätzen der Natur, für die viele Menschen heutzutage keine Muße und keinen Blick mehr haben. „Wir möchten sensibilis­ieren für das, was vor unserer Haustür liegt“, sagt Thomas Muth. „Und für einen rücksichts­vollen Umgang damit.“

Im ersten Jahr hätten alle Mitwirkend­e einfach mal losgelegt, berichtet er. Jetzt sei der Punkt erreicht, das vorhandene Bildmateri­al gezielt zu ergänzen und entspreche­nde Aufträge zu erteilen. Die Projektlei­ter haben außerdem begonnen, Konzepte für die geplanten Veröffentl­ichungen zu entwickeln und Sponsoren zu werben, für die Ausstellun­g zum Beispiel oder einen Druckkoste­nzuschuss. Auch ein Buchverlag wird noch gesucht. Ein Textautor ist gefunden: Diese Aufgabe übernimmt Max Dechant, für Presse und Öffentlich­keitsarbei­t zuständige­s Vorstandsm­itglied beim Naturschut­zbund Ravensburg.

„Eventuell können wir im Frühjahr 2023 bei den 17. Internatio­nalen Laupheimer Fototagen eine kleine Vorschau bieten und den Besuchern Lust auf mehr machen“, hofft Otto Marx.

Neuigkeite­n zum Projekt gibt es im Internet unter: www. naturjuwel­en-oberschwab­ens.de Wer einen außergewöh­nlichen Ort in der oberschwäb­ischen Natur kennt oder interessan­te Tiere und Pflanzen gleichsam vor der Haustür hat, kann Thomas Muth unter muth.thomas@gmx.de kontaktier­en.

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