Rückkehr mit gemischten Gefühlen
Deutsche Olympiastarter blicken zwiespältig auf die Spiele in Peking zurück
(SID) - Hoch über den Wolken zogen die deutschen Olympiastars Bilanz. Was bleibt hängen von den Winterspielen in Peking? Zwölf Goldmedaillen, zehn silberne und fünf bronzene. Natürlich! Doch die vergangenen Wochen in der olympischen Parallelwelt haben nicht nur sportlich Spuren hinterlassen.
Die Menschenrechtssituation in China, das Thema Nachhaltigkeit und die fragwürdige Rolle des IOC – all das beschäftigte die deutschen Athleten, auch als das olympische Feuer längst erloschen war. Noch in 50 Jahren werde er sagen können, so Erik Lesser im Deutschlandfunk: „Leute, egal was gekommen ist, Peking war immer schlimmer.“
Der letzte Teil des Team D um Doppel-Olympiasieger Francesco Friedrich sowie die Golden Girls Laura Nolte und Victoria Carl war am Montagnachmittag
noch gar nicht in Frankfurt gelandet, da hatte der Biathlet sein Urteil bereits gefällt. Zwar hätten die Wettkämpfe olympischen Charakter gehabt, „aber das Menschliche hat komplett gefehlt“, sagte Lesser. „Es war alles wie aus dem Reagenzglas gezaubert.“Und die neue deutsche Winter-Rekordolympionikin Natalie Geisenberger stellte im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“klar: „Auch für einen Weltcup würde ich nicht mehr nach China reisen.“
Einmal in Fahrt bekamen bei Lessers Rundumschlag vor allem das Internationale Olympische Komitee (IOC) und dessen deutscher Präsident Thomas Bach ihr Fett weg. „Ich bin einfach nur enttäuscht, dass Thomas Bach kritische Nachfragen einfach so wegwischt“, monierte der 33-Jährige. „Dass die Olympische Spiele unpolitisch sind, das ist ja völliger Quatsch.“Er hätte sich „von einem Präsidenten mit ordentlich Rückgrat gewünscht, dass man schon ein paar kritischere
Töne Richtung chinesische Regierung richtet“.
Friedrich, der sich nach Wochen in der Olympia-Blase auf einen bunten Empfang am Dienstag in seiner Heimat freute, kam dagegen zu einer gänzlich anderen Bewertung. „Es war eher nervig, dass das dort so zerschlachtet wurde“, sagte der Bob-Dominator bei seiner Ankunft in Frankfurt. „Das hätte man vor sechs, sieben Jahren klären können.“
DOSB-Präsident Thomas Weikert zog nach seinen ersten Olympischen Spielen als Verbandschef mit 27 Medaillen ein „sehr gutes“sportliches Fazit. Dennoch kommt auch er „mit gemischten Gefühlen zurück“. Weikert lobte die Organisation, die „freundlichen Volunteers“und die „unvergleichlich schönen Wettkampfstätten“. Doch es stelle sich auf der anderen Seite das Problem der Nachhaltigkeit, „wenn man sieht, was in den Berg hineingezimmert worden ist“. Zudem habe sich an der Menschenrechtssituation
in China nichts geändert. „Sie ist problematisch“, sagte Weikert.
Während Bach bei der Schlussfeier von „tief empfundener Dankbarkeit“und einer „unvergesslichen Erfahrung“sprach, ließ der Verein Athleten Deutschland kein gutes Haar an der XXL-Veranstaltung in Peking. Zwar hätten die Leistungen und sportlichen Erfolge der Athleten und Athletinnen „begeistert“. Doch Sportlerinnen und Sportler würden vom Ringeorden „als Schauspieler in einem Theaterstück betrachtet“, das er gemeinsam mit China aufgeführt habe.
Es werde künftig, das forderte der Verein, „rote Linien bei Vergabeentscheidungen geben müssen, deren Entscheidungskriterien auf Menschenrechtsstrategien fußen. Der bisherige Gigantismus muss glaubwürdigen Nachhaltigkeitskonzepten weichen.“Man hoffe, dass die Winterspiele in Peking „zumindest noch als Wendepunkt in der Geschichte des Sports eingehen können“.