Der Anfang des Krieges
Richtig überrascht hat Wladimir Putin die Welt diesmal nicht. Acht Jahre, nachdem er den Aufstand gegen die ukrainische Staatsmacht in der Region Donbass anzetteln ließ, erkennt Russlands Präsident die zwei dabei entstandenen Rebellenrepubliken als unabhängige Staaten an. Die Variante wurde in Kiew und Moskau schon lange diskutiert. Viele Ukrainer und Russen fanden sie gar nicht schlecht: Die Russen, weil ihr starker Mann das von der Ukraine abgebissene Stück Donbass endlich ins neugroßrussische Reich aufgenommen hat. Und die Ukrainer konnten mit ihrem nach acht Jahren Kleinkrieg maroden und moskauhörigen Kohlenpott nicht mehr viel anfangen.
Auch Berlin, Brüssel oder Washington hätten eigentlich Grund zur Freude: Mit der Anerkennung der Rebellengebiete macht Moskau nur offiziell, was alle Welt seit acht Jahren weiß: In Donezk und Lugansk arbeiten russische Militärs, Geschäftsleute und Geheimdienstler. Da kann man sich bei den fälligen Sanktionen auf diesen Personenkreis und die Region Donbass, einen wirtschaftlichen Winzling, konzentrieren. Richtig schmerzhafte Strafmaßnahmen, wie die von Deutschland gestoppte Lizenzierung von Nord Stream 2, lassen sich ja aufheben, wenn sich die Lage erst wieder beruhigt hat.
Wenn. Denn wer die Brandrede gehört hat, die Putin seiner Erklärung über die staatliche Anerkennung der Rebellen voraussandte, dem kommt diese Anerkennung eher wie der Anfang als das Ende des Krieges vor. Putin sprach den Ukrainern jedes Recht auf eine eigene Nation ab und unterstellte dem Westen, das Land als Aufmarschgebiet für mögliche Nato-Aggressionen gegen Russland nutzen zu wollen.
Die Region Donbass ist de facto ein ideales Aufmarschgebiet für alle möglichen kriegerischen Aggressionen gegen die Ukraine. Schon liebäugelt Moskau mit der Entsendung regulärer Truppen, von „Friedenstruppen“ist die Rede. Wehe den ukrainischen Einheiten, die es wagen, zurückzuschießen. Dann kann Putin den Krieg, der noch auf Sparflamme lodert, stufenlos hochdrehen.