Entlastung bei Energiepreisen
Koalition berät über steigende Heizkosten und Pendlerpauschale
- Der Druck auf die Bundesregierung kommt von allen Seiten: Sozialverbände und Kirchenvertreter kritisieren vor allem eine Überlastung der sozial Schwachen, die Union sorgt sich darüber hinaus auch um die Mittelschicht in Deutschland – und der Bundesverband der Industrie (BDI) warnt wegen der gestiegenen Energiepreise vor einer Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland. Was nun zu tun ist, um Bürger und Unternehmer an der richtigen Stelle zu entlasten? Darüber beraten am Mittwoch die Spitzen der Ampel-Koalition.
Recht schnell haben SPD, Grüne und FDP deshalb einen einmaligen Heizkostenzuschuss in Höhe von 135 Euro für Wohngeldberechtigte und 115 Euro für BAföG-Empfänger und andere Auszubildende auf den Weg gebracht. Die Regierung geht davon aus, dass der Gesetzentwurf noch im ersten Quartal vom Bundestag verabschiedet wird und zum 1. Juni in Kraft treten kann. Die Kritik, dass der Zuschuss viel zu gering und nicht umfassend genug sei, um die tatsächlichen Preissteigerungen auszugleichen, lässt das Ministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen so nicht gelten. „Der Heizkostenzuschuss beruht auf Richtwerten, die das IW Köln auf einer soliden Datenbasis berechnet hat“, sagte eine Sprecherin. Zudem werde er nicht die einzige Maßnahme bleiben.
Bereits bekannt ist, dass das Ministerium für Wirtschaft und Klima und das Bauministerium ein Stufenmodell erarbeiten, wie der Heizkostenaufschlag durch die CO2-Bepreisung zwischen Mieter und Vermietern aufgeteilt werden könnte. Damit sollten Anreize gesetzt werden, „damit Sanierungen und eine gute energetische Qualität von Wohnungen“erzielt werden, wie eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums mitteilt. Details, wie die zusätzlichen Kosten zwischen beiden Parteien verteilt werden, wurden zwar offiziell noch nicht bestätigt, aber das Modell könnte so aussehen: Bei einem Gebäude mit besten Energieeffizienz-Werten
würde die CO2-Abgabe zu 100 Prozent vom Mieter getragen. Am anderen Ende des siebenstufigen Modells stünden als Stufe G die Gebäude, die weit von Energieeffizienz entfernt sind. In diesen Fällen müsste der Vermieter 90 Prozent der CO2-Abgabe übernehmen und die Mieter zehn Prozent. Der Eigentümerverband Haus & Grund kündigte bereits an, eine Verfassungsbeschwerde zu prüfen, falls Vermieter künftig „ganz oder teilweise“die CO2-Kosten übernehmen müssten.
Um den Menschen in Deutschland die Angst vor den Kosten des Klimaschutzes zu nehmen, hatten die Grünen im Wahlkampf versprochen, die Einnahmen aus der CO2Bepreisung an die Bürger zurückzugeben. Dieses Vorhaben wird als „Klimageld“debattiert – offen ist allerdings, wann und wie diese Rückgabe kommen soll. Eine von der Klima-Allianz Deutschland und anderen Organisationen in Auftrag gegebene Studie der Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer kommt zu dem Ergebnis, dass die Rückverteilung der CO2-Einnahmen „bürokratiearm, kosteneffizient und rechtssicher“machbar seien. Das Modell der Klimaprämie sieht vor, dass jede Person denselben Betrag erhält. Im Ergebnis führt dies dazu, dass Menschen mit geringeren Einkommen stärker davon profitieren, weil sie im Schnitt weniger CO
verursachen. Deshalb wird das Klimageld auch von Sozialverbänden und Kirchen unterstützt.
Umstritten – auch innerhalb der Ampel-Koalition – ist die Idee, die Pendlerpauschale zu erhöhen, um vor allem die Menschen auf dem Land zu entlasten. Während sich Finanzminister Christian Lindner (FDP) offen für diesea Vorhaben zeigt, sind die Grünen wenig davon begeistert. Die Pendlerpauschale sei
„schon jetzt eine umweltschädliche Subvention“, sagte Sven-Christian Kinder, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, der „Augsburger Allgemeinen“. Die Union fordert hingegen, die Pendlerpauschale auf 38 Cent pro Kilometer zu erhöhen und sie dynamisch – angepasst an den CO2-Preis – weiterzuentwickeln. Derzeit werden 30 Cent bis zum 20. Kilometer und 35 Cent ab dem 21. Entfernungskilometer anerkannt.
Unstrittig ist hingegen das Vorhaben, die EEG-Umlage früher als geplant abzuschaffen. Im Koalitionsvertrag war vorgesehen, dass dieser Aufschlag, den Privathaushalte und Gewerbetreibende für den Ausbau der erneuerbaren Energien bezahlen, im kommenden Jahr entfällt und über den Bundeshaushalt getragen wird. Das soll nach dem Willen von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nun zum 1. Juli der Fall sein.