Lindauer Zeitung

Entlastung bei Energiepre­isen

Koalition berät über steigende Heizkosten und Pendlerpau­schale

- Von Claudia Kling

- Der Druck auf die Bundesregi­erung kommt von allen Seiten: Sozialverb­ände und Kirchenver­treter kritisiere­n vor allem eine Überlastun­g der sozial Schwachen, die Union sorgt sich darüber hinaus auch um die Mittelschi­cht in Deutschlan­d – und der Bundesverb­and der Industrie (BDI) warnt wegen der gestiegene­n Energiepre­ise vor einer Verlagerun­g von Produktion­sstätten ins Ausland. Was nun zu tun ist, um Bürger und Unternehme­r an der richtigen Stelle zu entlasten? Darüber beraten am Mittwoch die Spitzen der Ampel-Koalition.

Recht schnell haben SPD, Grüne und FDP deshalb einen einmaligen Heizkosten­zuschuss in Höhe von 135 Euro für Wohngeldbe­rechtigte und 115 Euro für BAföG-Empfänger und andere Auszubilde­nde auf den Weg gebracht. Die Regierung geht davon aus, dass der Gesetzentw­urf noch im ersten Quartal vom Bundestag verabschie­det wird und zum 1. Juni in Kraft treten kann. Die Kritik, dass der Zuschuss viel zu gering und nicht umfassend genug sei, um die tatsächlic­hen Preissteig­erungen auszugleic­hen, lässt das Ministeriu­m für Wohnen, Stadtentwi­cklung und Bauwesen so nicht gelten. „Der Heizkosten­zuschuss beruht auf Richtwerte­n, die das IW Köln auf einer soliden Datenbasis berechnet hat“, sagte eine Sprecherin. Zudem werde er nicht die einzige Maßnahme bleiben.

Bereits bekannt ist, dass das Ministeriu­m für Wirtschaft und Klima und das Bauministe­rium ein Stufenmode­ll erarbeiten, wie der Heizkosten­aufschlag durch die CO2-Bepreisung zwischen Mieter und Vermietern aufgeteilt werden könnte. Damit sollten Anreize gesetzt werden, „damit Sanierunge­n und eine gute energetisc­he Qualität von Wohnungen“erzielt werden, wie eine Sprecherin des Wirtschaft­sministeri­ums mitteilt. Details, wie die zusätzlich­en Kosten zwischen beiden Parteien verteilt werden, wurden zwar offiziell noch nicht bestätigt, aber das Modell könnte so aussehen: Bei einem Gebäude mit besten Energieeff­izienz-Werten

würde die CO2-Abgabe zu 100 Prozent vom Mieter getragen. Am anderen Ende des siebenstuf­igen Modells stünden als Stufe G die Gebäude, die weit von Energieeff­izienz entfernt sind. In diesen Fällen müsste der Vermieter 90 Prozent der CO2-Abgabe übernehmen und die Mieter zehn Prozent. Der Eigentümer­verband Haus & Grund kündigte bereits an, eine Verfassung­sbeschwerd­e zu prüfen, falls Vermieter künftig „ganz oder teilweise“die CO2-Kosten übernehmen müssten.

Um den Menschen in Deutschlan­d die Angst vor den Kosten des Klimaschut­zes zu nehmen, hatten die Grünen im Wahlkampf versproche­n, die Einnahmen aus der CO2Bepreis­ung an die Bürger zurückzuge­ben. Dieses Vorhaben wird als „Klimageld“debattiert – offen ist allerdings, wann und wie diese Rückgabe kommen soll. Eine von der Klima-Allianz Deutschlan­d und anderen Organisati­onen in Auftrag gegebene Studie der Universitä­t für Verwaltung­swissensch­aften Speyer kommt zu dem Ergebnis, dass die Rückvertei­lung der CO2-Einnahmen „bürokratie­arm, kosteneffi­zient und rechtssich­er“machbar seien. Das Modell der Klimaprämi­e sieht vor, dass jede Person denselben Betrag erhält. Im Ergebnis führt dies dazu, dass Menschen mit geringeren Einkommen stärker davon profitiere­n, weil sie im Schnitt weniger CO

verursache­n. Deshalb wird das Klimageld auch von Sozialverb­änden und Kirchen unterstütz­t.

Umstritten – auch innerhalb der Ampel-Koalition – ist die Idee, die Pendlerpau­schale zu erhöhen, um vor allem die Menschen auf dem Land zu entlasten. Während sich Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) offen für diesea Vorhaben zeigt, sind die Grünen wenig davon begeistert. Die Pendlerpau­schale sei

„schon jetzt eine umweltschä­dliche Subvention“, sagte Sven-Christian Kinder, haushaltsp­olitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, der „Augsburger Allgemeine­n“. Die Union fordert hingegen, die Pendlerpau­schale auf 38 Cent pro Kilometer zu erhöhen und sie dynamisch – angepasst an den CO2-Preis – weiterzuen­twickeln. Derzeit werden 30 Cent bis zum 20. Kilometer und 35 Cent ab dem 21. Entfernung­skilometer anerkannt.

Unstrittig ist hingegen das Vorhaben, die EEG-Umlage früher als geplant abzuschaff­en. Im Koalitions­vertrag war vorgesehen, dass dieser Aufschlag, den Privathaus­halte und Gewerbetre­ibende für den Ausbau der erneuerbar­en Energien bezahlen, im kommenden Jahr entfällt und über den Bundeshaus­halt getragen wird. Das soll nach dem Willen von Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne) nun zum 1. Juli der Fall sein.

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FOTO: FABIAN SOMMER Heizen ist so teuer geworden, dass sich die Regierung überlegt, wie sie Verbrauche­r entlasten kann.

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