Lindauer Zeitung

„Ein Teufelskre­is für ärmere Haushalte“

VdK-Präsidenti­n Bentele für Senkung der Stromsteue­r und Einmalzahl­ungen beim Kauf energiespa­render Geräte

- Von Claudia Kling

Haushalte aus.

- Verena Bentele, Präsidenti­n des Sozialverb­ands VdK (Foto: Britta Pedersen/dpa), spricht sich für umfassende­re Hilfen für ärmere

Sie kritisiere­n, dass beim geplanten Heizkosten­zuschuss zu viele Menschen ausgeschlo­ssen werden. Wo würden Sie die Grenze ziehen?

Es muss eine umfassende­re Hilfe geben, beispielsw­eise eine Senkung der Stromsteue­r, die allen Menschen zugutekomm­en würde. Von dem geplanten Heizkosten­zuschuss werden nur Wohngeldem­pfänger und Studenten profitiere­n. An Alleinerzi­ehende mit Teilzeitjo­bs, an Menschen im Niedrigloh­nbereich, Rentnerinn­en und Rentner, all jene also, die auch von den steigenden Energiekos­ten stark belastet sind, wurde nicht gedacht.

Wie kann auf Dauer verhindert werden, dass der Klimaschut­z überpropor­tional ärmere Menschen in Deutschlan­d belastet? Neben der Senkung der Stromsteue­r wäre es sinnvoll, ärmere Haushalte beim Kauf energiespa­render Geräte mit einem Einmalzusc­huss zu unterstütz­en. Es ist ja ein Teufelskre­is: Menschen, die wenig Geld haben, wohnen oft in schlecht isolierten Wohnungen und haben alte Haushaltsg­eräte, die viel zu viel Strom brauchen. Viele haben bereits eine Riesenangs­t vor ihrer Nebenkoste­nabrechnun­g.

Hilfreich wäre es auch, wenn die geplante Abschaffun­g der EEG-Umlage möglichst bald kommen würde.

Was der Staat ausgibt, muss er auf der anderen Seite wieder einnehmen. Würden Ihre Vorschläge nicht zu einer noch höheren Belastung der Arbeitnehm­er führen?

Es muss eine Lösung gefunden werden, die ärmere Menschen nicht zusätzlich belastet. Höhere Verbrauchs­teuern sind deshalb nicht das Mittel der Wahl. Die Stellschra­ube, die wir haben, ist, die Vermögenst­euer wieder anzuwenden und hohe Erbschafte­n höher zu besteuern. Das ist meines Erachtens der Weg, um mehr Finanzmitt­el zu generieren, auch wenn das so nicht im Koalitions­vertrag steht. Zudem könnten wir in Deutschlan­d mehrere Milliarden Euro einnehmen, wenn wir Steuerhint­erziehung besser verfolgen würden.

Was überwiegt bei Ihnen derzeit: Die Freude über mehr Klimaschut­zvorhaben oder die Angst vor den Kosten?

Ich will das nicht gegeneinan­der aufwiegen. Dass wir für den Klimaschut­z etwas machen müssen, ist vollkommen klar. Die Frage ist nur, wie wir die Lasten aufteilen. Menschen, die wenig Geld haben, tragen weniger zum Ausstoß von Treibhausg­asen bei, schlicht weil sie beispielsw­eise nicht fünfmal im Jahr in den Urlaub fliegen können. Es muss eine Möglichkei­t geben, den Klimawande­l sozialgere­cht zu stoppen. Instrument­e wie die Dieselsubv­ention oder das Dienstwage­nprivileg sind auf jeden Fall die völlig falschen Anreize auf dem Weg dorthin.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany