Höhere Gaspreise, geringere Ernten
Welche Folgen Sanktionen gegen Russland haben könnten und welche Druckmittel Kremlchef Putin zur Verfügung stehen
- Steigende Kosten für Gas und Öl sind bereits eine Belastung für viele Haushalte. Wird bei einem Krieg zwischen Russland und der Ukraine die Gasrechnung bald unbezahlbar? Und wie stark ist die hiesige Landwirtschaft betroffen? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Welche Folgen hat das Aus von Nord Stream 2?
Was die Versorgungssicherheit angeht, ändert sich zunächst wenig. Da die Pipeline vor allem dafür gedacht war, den für Russland teuren Erdgastransit durch die Ukraine zu ersetzen, hätte sich die Liefermenge von russischem Gas nach Europa nicht bedeutend erhöht. Auch Schadenersatzforderungen seitens der Betreiber sind vorerst nicht zu erwarten, da es sich nun laut Wirtschaftsministerium um eine „Neubewertung“der Lage und keine endgültige Absage der bereits fertiggestellten Pipeline handele. Die aber, so Bundeskanzler Scholz (SPD) am Dienstag, werde sich „sicherlich hinziehen“.
Welche Auswirkungen hat es für die Energiepreise?
Eine Inbetriebnahme der Pipeline hätte laut Branchenverband „Zukunft Gas“dämpfend auf die momentan extrem hohen Gaspreise gewirkt. Im Falle eines russischen Einmarsches in die Ukraine ist das genaue Gegenteil zu erwarten. Es käme „zu einem Preisschock, jedenfalls vorübergehend“, sagt der Präsident des Münchner Instituts für Wirtschaftsforschung Clemens Fuest. Das träfe private Haushalte und Industrie gleichermaßen.
Könnte Putin das Gas abdrehen? Mit einem Lieferstopp Russlands rechnet Fuest nicht: Europa brauche russisches Öl und Gas, Russland sei auf die Einnahmen angewiesen. Die EU-Kommission schließt dennoch nicht aus, dass Russland Lieferungen nach Europa verringern oder einstellen könnte. Für diesen Fall sei die EU laut Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen inzwischen allerdings gerüstet. Man sei aufgrund von Lieferzusagen für Flüssiggas aus anderen Ländern in diesem Winter
„auf der sicheren Seite“. Diese Einschätzung gilt laut Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auch für Deutschland.
Joe Biden hat mit einem umfangreichen Paket an Sanktionen auf den Einmarsch der russischen Truppen in die von Separatisten gehaltenen Gebiete von Donezk und Luhansk reagiert. Sie fallen schärfer aus als erwartet.
Der Präsident machte es sich nicht einfach. Mit fast 90 Minuten Verspätung trat er im East Room vor die Kameras, um „den Beginn einer russischen Invasion der Ukraine“zu attestieren. Russland habe mit der Ausrufung der beiden Republiken im Osten der Ukraine „eine Verletzung des Völkerrechts begangen, die eine starke Antwort verlangt“. Biden
Welchen Einfluss hätte ein Lieferengpass von Gas auf die Lebensmittelversorgung in Deutschland? „Wir machen uns sehr große Sorgen“, kündigte an, „Sanktionen zu implementieren, die weit über das hinausgehen, was wir 2014 gemacht haben. Und wenn Russland den Einmarsch fortsetzt, weiten wir unsere Sanktionen aus.“Dabei haben es schon die ersten Maßnahmen der USA in sich, die auf dem Niveau des deutschen Genehmigungsstopps für Nord Stream 2 einsteigen. Der Präsident bekräftigte die Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz und sagte, die Erdgasröhrenleitung werde unter diesen Bedingungen keinesfalls in Betrieb genommen. Ferner schneiden die USA Russland von der Fi
sagt Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbands (DBV), der „Schwäbischen Zeitung“. Für die Landwirte in Deutschland ist nanzierung auf westlichen Märkten ab. Ein Szenario, gegen das sich Moskau mit dem Aufbau eines staatlichen Überschusses teilweise gewappnet hat. Dagegen dürften die angekündigten Sanktionen gegen die beiden großen Banken VEB und die Militärbank nach Ansicht von Analysten mehr Gewicht haben. Ebenso die Strafmaßnahmen gegen eine Liste gut vernetzter Milliardäre und deren Angehörigen, auf die
Putin seine Macht stützt.
Biden sagte den baltischen Staaten eine Verlegung weiterer US-Truppen zu, die bereits anderswo in Europa stationiert sind. „Wir haben keine die Versorgung mit Erdgas relevant, weil daraus Stickstoffdünger hergestellt wird. Dieser ist mit Abstand die klare Nummer 1 unter den verbrauchten
Intention, gegen Russland zu kämpfen“, betonte der Präsident die defensive Absicht. „Aber wir werden jeden Zentimeter an NatoTerritorium verteidigen.“Abermals machte Biden klar, dass es an Putin liege, ob es zu einem Krieg in der Ukraine kommt. „Es gibt keine Rechtfertigung für diese Aggression“, sagte er mit Blick auf die Rede Putins aus dem Kreml am Montag. „Er hat direkt das Recht der Ukraine, zu existieren, angegriffen“, verwies er auf eine Passage aus den Ausführungen, in deren Kontext Putin indirekt auch Mitgliedern der Nato gedroht hatte. (ts) Düngemitteln in der Landwirtschaft und macht mehr als die Hälfte der insgesamt eingesetzten Menge aus.
Der Preis für Erdgas war schon vor der Eskalation sehr hoch. Im Januar sind die Erzeugerpreise laut dem Statistischem Bundesamt im Vergleich zum Vorjahresmonat um 119 Prozent gestiegen. Das wirkt sich direkt auf den Preis für Stickstoffdünger aus. Dieser sei schon jetzt exorbitant teuer, sagt Rukwied – sofern man überhaupt noch welchen kaufen könne. „Die Gefahr, dass mangels Verfügbarkeit von Dünger Erntemengen zurückgehen, ist groß.“
Gibt es einen Notfallplan für die Sicherstellung der Ernten?
„Nein. Wir gehen davon aus, dass weniger gedüngt wird, was negative Auswirkungen auf die Erntemenge und in Teilen auch auf die Qualität der Erzeugnisse haben wird“, sagt Bauernpräsident Rukwied. Die Landwirte befänden sich derzeit in einem Blindflug, da keiner wisse, wie sich die Preise und die Verfügbarkeit von Stickstoffdünger entwickeln werde. Das Bundeslandwirtschaftsministerium verweist auf die EUKommission. Deren „Farm to Fork“Strategie enthalte einen Notfallplan, der aufzeige, wie die Mitgliedstaaten koordiniert auf Engpässe reagieren sollten.
Was ist mit Kunden russischer Banken?
Kunden russischer Banken wie etwa der Sberbank oder der Gazprombank, eventuell auch der SberbankTochter DenizBank könnten große Probleme bekommen. Die beiden erstgenannten Institute sind bereits von den seit 2014 bestehenden Sanktionen betroffen. Verbraucherschützer raten deshalb Deutschen, die erwägen, dort ihr Geld in Form von Festgeld- oder Tagesgeldkonten anzulegen, sich das sehr gut zu überlegen. Zwar sind Einlagen generell bis 100 000 Euro durch einen Sicherungsfonds geschützt, aber vor allem bei anderen Anlageformen wird zur Vorsicht geraten.
Grafiken und aktuelle Entwicklung im Live-Blog auf www.schwaebische.de/russland