Börsengang der Renditeperle
Volkswagen will seine Tochter Porsche aufs Parkett bringen – Anleger ziehen Vergleiche mit einem Rivalen aus Italien
- Der Volkswagen-Konzern macht ernst und will seine lukrative Sportwagentochter Porsche an die Börse bringen. Das Volkswagen-Management befinde sich in fortgeschrittenen Gesprächen mit der Porsche SE, dem Großaktionär des Volkswagen-Konzerns. Beide Parteien hätten bereits einen Eckpunkteplan ausgehandelt. Er bilde die Basis für weitere Schritte. Eine endgültige Entscheidung indes sei noch nicht gefallen. So stand es in einer Pflichtmitteilung, die Volkswagen und die Porsche SE am Dienstag parallel veröffentlicht haben.
Seit Jahren wird bereits über einen Börsengang des Sportwagenbauers Porsche spekuliert. In den vergangenen Monaten waren die Gerüchte intensiver geworden, verschiedene Medien beriefen sich auf Insider, die Informationen durchstachen. „Da will man der Kommunikation nicht ständig hinterherlaufen“, sagte Auto-Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler der „Schwäbischen Zeitung“. „Ich finde die Ankündigung richtig, aber ein bisschen zu spät. Der Termin jetzt ist sicherlich nicht glücklich, wo gerade sehr schwierige Themen die Börsen beherrschen“– Stichwort: hohe Inflation und der sich zuspitzende Ukraine-Konflikt.
In diesem schwierigen Börsenumfeld haben Anleger an der Börse in Frankfurt die Nachrichten aus Wolfsburg und Stuttgart-Zuffenhausen dennoch euphorisch aufgenommen. Volkswagen-Aktien machten zeitweise einen Sprung von rund zehn Prozent, bei der Holding Porsche SE waren es zeitweise sogar 15 Prozent Kursaufschlag.
Nicht zu verwechseln an dieser Stelle übrigens ist die Porsche SE mit der Porsche AG. Die Porsche AG in Stuttgart und an anderen Standorten baut Sportwagen und soll an die Börse kommen. In der Porsche SE bündeln die Eignerfamilien Porsche und Piëch ihre Anteile am VolkswagenKonzern. Sie hält rund 53 Prozent der Stimmrechte im Volkswagen-Konzern und ist damit der mit Abstand größte Einzelaktionär des Wolfsburger Konzerns.
Eine eigene Börsennotierung könnte Beobachtern zufolge Porsche guttun. Der Sportwagenbauer gehört mit Audi zu den Ertragsperlen des Volkswagen-Konzerns, nur geht diese starke Stellung im Konzerngeflecht von Europas größtem Autobauer ein wenig unter. Beobachter spekulieren über einen Börsenwert von Porsche von bis zu 100 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Mit dem gestrigen Aufschlag von zehn Prozent brachte Volkswagen mit seiner 100-prozentigen Tochter Porsche „nur“rund 115 Milliarden Euro auf die Waage.
Vorbild für Finanzexperten sind die Bewertungen für Luxusautobauer wie Ferrari. Dieser war 2015 und 2016 von der damaligen Mutter Fiat Chrysler in zwei Schritten an die Börse zuerst in New York und dann in Mailand gebracht worden. Ferrari blickt bisher auf eine erfolgreiche Zeit auf dem Kapitalmarkt zurück.
Jürgen Pieper schätzt ein bisschen konservativer. „Wenn wir davon ausgehen, dass Porsche mindestens 80 Milliarden Euro wert ist, dann reden wir über einen Börsengang, der 20 Milliarden Euro wiegt, wenn ein Viertel der Aktien auf den Markt kommt“. In der Tat fanden sich gestern auch wieder „Insider“, die genau das bestätigten.
In einer solchen Konstellation hätte der Volkswagen-Konzern mit 75 Prozent Anteilen an der Porsche AG noch immer den Haupteinfluss auf die strategische Ausrichtung beim Sportwagenbauer. So könnte Volkswagen noch immer von den Synergien in der Zusammenarbeit mit Porsche
profitieren. Zudem würden Porsche-Umsätze und -Gewinne noch zu einem Großteil Volkswagen zufließen und so mittelbar in der Volkswagen-Bilanz erscheinen.
Vor allem aber würde Volkswagen mit einer Börsenplatzierung durch den Verkauf von Aktien Milliarden zufließen. Volkswagen und die meisten seiner Beobachter gehen zwar davon aus, dass der Konzern auch ohne diese Milliardenzuflüsse die hohen Investitionen in der Transformation stemmen könnte. Doch mit der Konkurrenz von Tesla und zunehmend auch asiatischen Autobauern kann ein solcher „Puffer“nicht schaden. „Volkswagen baut seine Batteriewerke beispielsweise erst auf – klappt das, wie geplant? Software muss der Konzern dazukaufen, die ist teuer. Also: Ob der Aufbau und die Transformation
so gelingt, wie geplant, ist mit vielen Unbekannten versehen. Da kann man so einen Puffer von 20 Milliarden gut gebrauchen“, meint Autoanalyst Jürgen Pieper.
Ob es schließlich zu einem Börsengang kommt, hängt von der Zustimmung mehrerer einflussreicher Interessengruppen im und rund um den Wolfsburger Konzern ab. Zu nennen wären die Familien Porsche und Piech, das Land Niedersachsen, das Emirat Katar und die Vertreterinnen der Arbeitnehmer. Und schließlich ist für den tatsächlichen Sprung auf das Parkett auch die allgemeine Börsenstimmung nicht zu unterschätzen. Von ihr kann abhängen, ob ein Börsengang am Ende wirklich so klappt wie erhofft. Mit dem sich zuspitzenden Ukraine-Konflikt ist mindestens mehr Unsicherheit entstanden.