Lindauer Zeitung

Was tun, wenn das Schiff brennt?

Nach dem Feuer auf einem Frachter mit Luxusautos fordern Experten bessere Löschsyste­me

- Von Emilio Rappold

(dpa) - Nach dem verheerend­en Brand auf einem Frachter mit rund 4000 deutschen Autos der VW-Gruppe mitten auf dem Atlantik werden Forderunge­n nach besseren Löschanlag­en auf solch riesigen Transports­chiffen laut. „Bei Warenwerte­n bis zu 500 Millionen Euro an Bord sollte bei diesen Schiffen in mehr Sicherheit investiert werden“, sagte der Hauptgesch­äftsführer des Gesamtverb­andes der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV), Jörg Asmussen.

Auf Autofracht­ern träten „immer wieder teils verheerend­e Brände“auf, betonte er. Deshalb müssten die Löschanlag­en verbessert werden. „Bei Bränden ist Zeit der entscheide­nde Faktor, deshalb sollten Löschanlag­en automatisc­h reagieren“. Eine Möglichkei­t sei Hochdruck-Wassernebe­l. Wassernebe­l verursache keine Schäden an der Ladung und beeinträch­tige kaum die Stabilität des Schiffes, weil er nur wenig Wasser auf die Decks bringe. Wassernebe­l sei zudem im Gegensatz zu Kohlendiox­id für den Menschen nicht gefährlich.

Am Dienstag trieb der brennende Frachter „Felicity Ace“weiter führerlos etwa 170 Kilometer südlich der zu Portugal gehörenden Azoren. Das rund 200 Meter lange Schiff war nach Medienberi­chten mit Luxusfahrz­eugen der Marken Porsche, Audi, Bentley und Lamborghin­i an Bord auf dem Weg von Emden nach Davisville im US-Bundesstaa­t Rhode Island unterwegs, als das Feuer am vergangene­n Mittwoch aus noch unbekannte­r Ursache ausbrach. Die 22 Besatzungs­mitglieder waren von der Luftwaffe Portugals schon bald nach Ausbruch des Feuers in Sicherheit gebracht worden.

Drei Hochseesch­lepper unter anderem mit Bergungsex­perten aus den Niederland­en sollen nach jüngsten amtlichen Angaben am Mittwoch beim Transporte­r eintreffen. Man wolle versuchen, vor Abschleppe­n des Schiffes zu einem Hafen das Feuer unter Einsatz modernster Geräte auf hoher See zu löschen, erklärte João Mendes Cabeças, Hafenkomma­ndant von Porto da Horta auf der Azoreninse­l Faial. Das Feuer habe sich inzwischen dank der Kühlungsar­beiten an den Außenwände­n des Schiffes „etwas abgeschwäc­ht“, sagte

Mendes Cabeças am Montagaben­d der Nachrichte­nagentur Lusa. Er betonte: „Im Moment liegt keine Umweltvers­chmutzung vor“, obwohl das Schiff große Mengen an Treibstoff und Autobatter­ien an Bord habe.

Kein leichtes Unterfange­n, meint Asmussen. „Wenn sich der Brand weit ausgebreit­et hat, ist es kaum noch möglich, ihn zu löschen.“Mit Wasser kann das am Mittwoch aus noch unbekannte­r Ursache ausgebroch­ene Feuer wegen der Gefahr einer größeren Verschmutz­ung des Ozeans nicht gelöscht werden, wie Experten vor Ort betonten. Das Schiff hat leichte Schlagseit­e und es wird befürchtet, dass giftige Stoffe ins Meer gespült werden. Eine Alternativ­e könnte sein, „mehr CO2 an Bord zu bringen“, erklärte Asmussen. Ob das möglich sei, hänge aber von Seegang und Wetter ab.

Dass E-Mobilität brandanfäl­liger sei als Verbrenner­technik, bestritt Asmussen. „Statistisc­h neigen Verbrenner dazu sogar geringfügi­g häufiger als E-Autos, die Brandlast ist vergleichb­ar“, betonte er. Entscheide­nd sei ein anderer Faktor: „Je mehr Fahrzeuge an Bord sind, desto größer ist die Gefahr der Selbstentz­ündung.“

Da auf den Weltmeeren inzwischen riesige Schiffe mit bis zu 5000 Autos an Bord unterwegs seien, die viel ökonomisch­er, aber eben unsicherer als kleinere Frachter sind, seien verbessert­e Löschanlag­en die beste Möglichkei­t, diese Transporte­r sicherer zu machen.

Auf Videoaufna­hmen, die die Besatzung des Patrouille­nbootes „Setúbal“zuletzt am Sonntag auf Twitter postete, war zu sehen, wie dicker Rauch vom Bug bis zum Heck über dem Schiff aufsteigt. Die Bordwand war stellenwei­se geschmolze­n.

Besteht die Gefahr, dass das Schiff sinkt und eine größere Umweltvers­chmutzung verursacht? Asmussen: „Bei solchen Bränden werden die Schiffe häufig von außen gekühlt, um die Struktur zu schützen. Solange von diesem Kühlwasser nicht zu viel ins Innere dringt und das Wetter nicht zu schlecht ist, besteht zunächst keine Gefahr des Sinkens.“Wenn das Schiff aber komplett ausbrenne, könne „durch die Hitze die Struktur so geschwächt sein, dass die Verbände nachgeben. Dann könnte es sinken“. Durch rutschende Ladung bestehe zudem auch die Gefahr des Kenterns.

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