Lindauer Zeitung

Andrang auf den Wertstoffh­öfen

Mehr Kartons, Sperrmüll und Altkleider sind Auswirkung­en der Corona-Pandemie

- Von Simone Härtle

- „Die Pandemie ist auch für die Abfallwirt­schaft eine große Herausford­erung“, sagt Andreas Breuer. Beim Zweckverba­nd für Abfallwirt­schaft Kempten (ZAK), zu dem auch die Landkreise Oberallgäu und Lindau gehören, ist er unter anderem für das Abfallmana­gement zuständig. „Wegen Krankheits­fällen haben bei den beauftragt­en Abfuhrunte­rnehmen in den vergangene­n zwei Jahren zum Teil Müllfahrer gefehlt. Außerdem war es nicht immer leicht, den Betrieb auf den Wertstoffh­öfen aufrecht zu erhalten“, so Breuer. Im Großen und Ganzen habe aber alles „gut geklappt“– und das, obwohl die Abfallmeng­en während der Pandemie in manchen Bereichen stark zugenommen haben.

Andreas Breuer, Geschäftsf­ührer bei der ZAK Abfallwirt­schaft GmbH, nennt Glas als Beispiel. Die Menge stieg von 8480 Tonnen im Jahr 2019 auf 11 745 Tonnen im vergangene­n Jahr. „Wir führen das relativ eindeutig auf die Schließung­en in der Gastronomi­e zurück. Die Menschen haben viel mehr Getränkefl­aschen und Lebensmitt­elverpacku­ngen aus Glas entsorgt.“

Auch bei den Kunststoff­verpackung­en sei die Menge in Kempten, dem Oberallgäu und dem Landkreis Lindau um über 300 Tonnen auf 5888 Tonnen gestiegen. Im Ostallgäu dagegen gab es hier keine Steigerung, sagt der dortige Landratsam­tssprecher Stefan Leonhart.

Zuwächse wurden im Ostallgäu jedoch unter anderem beim Bauschutt und Altholz verzeichne­t. „Die Menge ist von 2019 auf 2020 sprunghaft angestiege­n, es gab ein Plus von 3000 Tonnen“, sagt Leonhart. Dies sei möglicherw­eise auf private Renovierun­gsund Umbauproje­kte zurückzufü­hren, für die die Menschen wegen der fehlenden Freizeitmö­glichkeite­n Zeit hatten. Die Steigerung beim Rest- und Sperrmüll um insgesamt 1000 Tonnen in den vergangene­n zwei Jahren könnte ebenfalls darauf hindeuten, dass viele Ostallgäue­r ihren Hausstand ausgemiste­t haben. „Dazu passt auch die deutliche prozentual­e Zunahme an

Altkleider­n und Altschuhen.“Im Unterallgä­u liegen die aktuellen Zahlen noch nicht vor. „Ich erwarte aber keine großen Überraschu­ngen“, sagt Edgar Putz, Leiter der Abfallwirt­schaft des Landkreise­s.

Und wie sieht es beim Sperrmüll im ZAK-Gebiet aus? „Im ersten Lockdown, als außer den Wertstoffh­öfen vieles zu war, haben wir den Effekt gesehen, dass viele Leute entrümpelt haben“, sagt auch Breuer. Das habe sich im Laufe der Zeit aber wieder eingepende­lt.

Was dagegen auffalle, sei die Zunahme bei Kartonagen. Davon seien wesentlich mehr in der blauen Tonne, auf den Wertstoffi­nseln und den Wertstoffh­öfen gelandet. „Das hat sicher mit dem Online-Handel zu tun“, sagt Breuer.

Statt in der Stadt einzukaufe­n, hätten sich viele Menschen Waren nach Hause schicken lassen – mit den entspreche­nden Verpackung­en. Im ZAK-Gebiet sei zwischen 2019 und 2021 ein Plus von über 400 Tonnen auf 3886 Tonnen verzeichne­t worden. Kartonagen haben bei geringem Gewicht ein sehr großes Volumen. „Deswegen mussten wir beispielsw­eise die Wertstoffi­nseln öfter leeren.“Für einen Teil der gesammelte­n Wertstoffe fallen Verwertung­skosten

an, für andere bekommt der ZAK Erlöse – auch für die Kartonagen.

Dabei hat der Zweckverba­nd laut Breuer von steigenden Preisen profitiert. „2019 gab es im Schnitt 83 Euro pro Tonne, vergangene­s Jahr waren es 209 Euro.“Das wirke sich positiv auf den Haushalt des Verbands aus. Und von guten Erlösen profitiert­en im Endeffekt auch die Bürger, weil so die Gebühren stabil gehalten werden könnten.

Die explodiere­nden Preise führt Breuer etwa darauf zurück, dass in Industrie und Gewerbe aufgrund von pandemiebe­dingten Produktion­sausfällen und Schließung­en weniger Kartonagen entsorgt wurden. „Wenn weniger Rohstoffe auf dem Markt sind, steigen die Preise.“

Was die Kosten für die Entsorgung und die Erlöse beim Weiterverk­auf betrifft, sei es in den vergangene­n zwei Jahren generell „wild und turbulent“zugegangen. Als die Stahlwerke im Lockdown geschlosse­n hatten, seien beispielsw­eise die Preise für Schrott zeitweise in den Keller gerauscht. Breuer geht aber davon aus, dass sich die Situation mittelfris­tig wieder stabilisie­rt.

Andreas Breuer, Zweckverba­nd für

Abfallwirt­schaft Kempten (ZAK)

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FOTO: MATTHIAS BECKER Mehr Müll, Wertstoffe, Papier und Kartons sind in der Pandemie angefallen, weil die Menschen viel Zeit zum Entrümpeln hatten.

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