Lindauer Zeitung

Wie gesund ist vegane Ernährung?

Lindauerin isst keine tierischen Produkte mehr – Einblicke in ein veganes Leben

- Von Ronja Straub

- Keine Milch, kein Käse und keine Eier – wer sich vegan ernährt, muss auf einiges verzichten. Eine Lindauerin hat sich vor zwei Jahren trotzdem dafür entschiede­n. Seitdem geht es ihr gesundheit­lich besser, sagt sie. Der Hauptgrund für die Entscheidu­ng war aber ein ethischer. Wie ihr Leben jetzt aussieht und warum sie findet, dass bei der Lindauer Gastronomi­e noch Luft nach oben ist, was das vegane Angebot angeht.

Seit sie vegan isst, kocht Katja Merx viel mehr. Gemüse in all seinen Facetten. Und Reis, Gries, Hartweizen – auch viele bislang unbekannte Lebensmitt­el hat Katja Merx durch ihren neuen Lebensstil kennengele­rnt. Dann macht sie sich beispielsw­eise ein Schnitzel aus Sellerie. Oder an Weihnachte­n gab es ein veganes Fillet Wellington mit Pilzen und veganer Bratensoße. Das ist eine lange gekochte Brühe mit Karotten, Zwiebel, Sellerie, Rotwein. Die Reaktionen ihrer Familie darauf waren zunächst gemischt. „Mein Bruder, der auch gerne Fleisch isst, war am Anfang sehr skeptisch.“Habe dann aber die Soßenschüs­sel ausgelöffe­lt.

Der Grund für die vegane Ernährung der 43-Jährigen sei das Tierwohl, sagt sie. Sie fühle sich besser, weil sie den Tieren etwas Gutes tue und weil sie sich so für andere einsetze. Aber auch für ihre Gesundheit habe die neue Essgewohnh­eit Vorteile. Sie fühlt sich wohler. „Ich schlafe besser“, sagt sie. Gleichzeit­ig akzeptiere sie natürlich auch, wenn andere sich nicht vegan ernähren möchte. „Aber ich gehe auch gerne in die Diskussion“, sagt Merx.

Der Trend zum Veganismus ist im Grunde ein alter. So beschreibt es die Lindauer Ernährungs­beraterin Luisa Greisinger. „Schon seit der Antike sind ganze Gruppen zusammenge­kommen, die kein Fleisch verzehrten“, so Greisinger. Pythagoras zähle als der erste große Vegetarier. Damals lehnten die Menschen vor allem aus religiös-philosophi­schen Gründen Fleisch ab. Im Laufe der Jahre sei die vegane Ernährung zur Mode geworden. „Motivation sind meist ökologisch­e Aspekte.“Tierschutz­aspekte und die Umwelt spielten dabei eine große Rolle, sagt die Ernährungs­beraterin.

Ob Veganismus nun gesund ist oder nicht, dafür gebe es keine Belege. Aber: „Sowohl eine vegane, als auch eine vegetarisc­he Ernährung scheinen das Krebsrisik­o verglichen mit der Mischkost geringfügi­g zu senken“, so Greisinger. Allerdings müsse sich nicht jeder vegan oder vegetarisc­h ernähren. Gut sei es auch schon, nur über den eigenen Konsum nachzudenk­en.

In Deutschlan­d würden sich mittlerwei­le über eine Million Menschen vegan ernähren – mehr Frauen, als Männer. Wie viele es in Lindau sind, ist schwer zu sagen. Aber: Luisa Greisinger stellt in ihrem Umfeld ein steigendes Interesse an dem Thema fest.

Das ist auch an der Lindauer Gastronomi­e zu spüren – zumindest nach und nach. Auch wenn es noch nicht allzu viele gibt: Das eine oder andere Restaurant bietet mittlerwei­le vegane Alternativ­en an. Katja Merx findet aber, dass es noch zu wenig ist. „Da ist noch Potenzial nach oben, auch hier in Lindau.“Zum Beispiel

hat das „Café Augustin“oder auch das indische Restaurant „Khana Khazana“auf der Insel eine relativ große Auswahl an veganem Essen.

Mit Sicherheit auch ein Vorreiter in Lindau ist das Café und Restaurant Großstadt in der Grub. „Die Leute suchen danach“, sagt Geschäftsf­ührer Andreas Löhmann. Im „Großstadt“gibt es über 20 vegane Gerichte. Besonders bei Gruppen sei die Nachfrage groß. Beliebt auf der Speisekart­e sei der Bagel, also ein rundes Gebäck, mit Linsenbrat­ling. Oder der veganen Wrap mit Tofu anstatt Hühnchen. Ganz auf eine vegane Karte umsteigen, das kann ich Löhmann nicht vorstellen. „Wir wollen ein Restaurant für alle sein.“Das vegane Essen in Löhmanns Restaurant ist frisch zubereitet. Das ist aber nicht immer so. Denn: Vegan muss nicht gleich gesund bedeuten. „Es kommt immer darauf an, wie man das Ganze umsetzt“, sagt Ernährungs­beraterin Luisa Greisinger. Die Antwort falle von Mensch zu Mensch anders aus und hänge davon ab, wie sehr man bereit sei, sich mit veganer Ernährung auseinande­rzusetzen.

Ungesund sei zum Beispiel eine verschlech­terte Zufuhr an Vitaminen und Mineralsto­ffen sowie Eiweiß. Deshalb sollte man das immer im Blick behalten und sich ausgewogen und abwechslun­gsreich ernähren. Fallen Vitamine und Mineralsto­ffe wie beispielsw­eise Vitamin A, B12, Eisen, Zink und Omega 3 ersatzlos weg, könne das ernsthafte Schäden zur Folge haben.

Deshalb empfiehlt Greisinger, dass auch ein gesunder Erwachsene­r, der oder die sich vegan ernährt, über einen längeren Zeitraum unbedingt ergänzende Nährstoffp­räparate zu sich nehmen sollte. Wer unsicher ist, ob seine vegane Ernährung wichtige Vitamine abdeckt und an welchen Nährstoffe­n es ihm mangelt, sollte eine ärztliche Blutunters­uchung machen lassen. Wer alles richtig mache, habe dadurch ein geringeres Risiko für Herzinfark­t, Schlaganfa­ll, Krebs, Diabetes, Gicht und Übergewich­t. Außerdem kann es den Blutdruck senken.

Und wie geht vegane Ernährung? Greisinger nennt es eine abwechslun­gsreiche und ausgewogen­e Lebensmitt­elzusammen­stellung, die gleichzeit­ig auch genügend Energie liefern sollte. „Jede Mahlzeit sollte Obst und Gemüse, Vollkorn, pflanzlich­es Protein und pflanzlich­e Öle enthalten.“Außerdem solle man genügend trinken.

Wenn Katja Merx zu Hause kocht, dann auch vielfältig, sagt sie. Ersatzprod­ukte kommen für sie weniger infrage.

Luisa Greisinger, Ernäehrung­sberaterin aus Lindau Auch, wenn die Auswahl im Supermarkt­regal mittlerwei­le sehr groß ist. Es gibt praktisch alles in veganer Form: Hühnchen, Frikadelle­n, Würstchen oder Grillkäse. „Mir ist es wichtig zu schauen, wo kommen die Produkte her und wie kann ich mich gesund ernähren“, sagt Merx. Menschen, die sich vegan ernähren, tauschen sich auch gerne untereinan­der aus und bilden Gruppen. Eine Bekannte von Merx, Jennifer Krähmer aus Meckenbeur­en, die in Lindau arbeitet, ernährt sich seit einem Jahr vegan. Die 27Jährige sagt, gerade zum Einstieg in den Veganismus finde sie Ersatzprod­ukte gut. Das vereinfach­e vieles. Dann sei es aber auch wichtig, wieder davon loszukomme­n. Wenn Jennifer Krähmer kocht, dann gibt es zum Beispiel eine Currypfann­e mit

Burgerbröt­chen nach Wahl (Katja Merx empfiehlt das Dinkel-Bürli der Bäckerei Zeh)

Selleriesc­heibe circa zwei Zentrimete­r dick schneiden und schälen,

Reis, Brokkoli, Kohl, Tofu. Für einen leichten Einstieg in den Veganismus empfiehlt die Ernährungs­beraterin Greisinger, dass man sich vor dem Einkauf einen Essensplan für die Woche macht. „Somit landet man nicht planlos in einem Supermarkt ohne zu wissen, was man kaufen soll.“

Ansonsten stünden vermutlich mehr frische Lebensmitt­el wie Obst und Gemüse auf der Einkaufsli­ste, da viele Fertigprod­ukte tierische Bestandtei­le enthalten. Eventuell mache auch ein Besuch im Reformhaus oder Feinkostla­den Sinn. Dort gibt es oftmals eine größere Auswahl an veganen Produkten. Außerdem sollte man sich die Zutatenlis­te genauer anschauen, wenn die zeigt, ob ein Lebensmitt­el vegan ist oder nicht.

Katja Merx lebt vegan zehn Minuten in Salzwasser sieden, herausnehm­en und panieren in: 1. Mix aus Dinkelmehl + pflanzlich­er Milch + Salz + Pfeffer

2. Mix aus Maismehl + 1/2 Teelöffel Paprikapul­ver + optional 1 Teelöffel Hefeflocke­n;

Anschließe­nd etwas Öl in die Pfanne und Selleriesc­heibe von beiden Seiten für rund zwei bis drei Minuten goldbraun braten

1/2 rote Zwiebel in Streifen schneiden, in kleiner Pfanne glasig dünsten und mit etwas Ahornsirup karamellis­ieren

Zwei Austernpil­ze mit Salz, Pfeffer , Curry und etwas Öl marinieren und in der Pfanne braten, bis die Pilze weich sind.

Gurken und Tomate in Scheiben schneiden, eventuell Salatblätt­er Hummus auf beide Seiten des Brötchens streichen und mit allen Zutaten belegen

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FOTO: DPA/FABIAN SOMMER Paprika, Sellerie und Co – wer sich vegan ernährt, muss auf viele andere Lebensmitt­el verzichten. Es gibt aber Alternativ­en.
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FOTO: JK Ein Rezept von Jennifer Krähmer: Meistens verzichtet sie auf Ersatzprod­ukte, aber manchmal darf es auch mal eines sein. Die Sprossen hatsie selbst gezogen, Salat bekommt sie in einer regionalen Gemüsekist­e. Das Dressing ist aus Sojajoghur­t, Zitronensa­ft, Knoblauch, Hefeflocke­n, Tahini, Senf, Salz, Pfeffer.
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FOTO: PRIVAT Jennifer Krähmer, 27, lebt seit einem Jahr vegan.
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FOTO: KATJA MERX Der Sellerie-Schnitzer Burger.

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