Lindauer Zeitung

Entsetzen über Russlands Angriff

Westen reagiert nach Ukraine-Überfall mit härteren Sanktionen – Kiew meldet Dutzende Tote

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(dpa) - Mit Angriffen aus mehreren Richtungen hat Russland einen groß angelegten Krieg gegen die Ukraine begonnen. Präsident Wladimir Putin befahl am Donnerstag den Militärein­satz gegen das Nachbarlan­d – aus der Luft, am Boden und zur See. Nach Angaben eines westlichen Geheimdien­stvertrete­rs erlangte Russland bis zum Abend die „vollständi­ge Lufthoheit“über die Ukraine. Das Land habe „keine Luftwaffe mehr, um sich zu schützen“.

Bundeskanz­ler Olaf Scholz, USPräsiden­t Joe Biden, die Europäisch­e Union und die Nato verurteilt­en die Invasion scharf und kündigten harte Sanktionen an. Scholz nannte den Angriff einen eklatanten Bruch des Völkerrech­ts. „Für all das gibt es keine Rechtferti­gung. Das ist Putins Krieg“, betonte er. Mit dem Angriff Russlands gebe es nun einen Krieg, „wie wir ihn in Europa seit mehr als 75 Jahren nicht erlebt haben“, sagte der Kanzler am Abend in einer Fernsehans­prache.

In einer Fernsehans­prache sagte Putin, Russland strebe eine Entmilitar­isierung und „Entnazifiz­ierung“der Ukraine an. Der Kreml behauptete in den vergangene­n Jahren immer wieder, 2014 hätten aus dem Ausland gesteuerte „Faschisten“in Kiew einen Staatsstre­ich herbeigefü­hrt. Am Vorabend hatten die prorussisc­hen Separatist­enführer in der Ostukraine Putin um militärisc­he Hilfe ersucht. „Ich habe beschlosse­n, eine SonderMili­täroperati­on durchzufüh­ren. Ihr Ziel ist der Schutz der Menschen, die seit acht Jahren Misshandlu­ng und Genozid ausgesetzt sind“, sagte Putin in der Rede, die gegen 3.30 Uhr deutscher Zeit begann.

Für diese Vorwürfe hat er bis- lang keine Be- weise vorgelegt.

Seit Jahren kämpfen in der Ostukraine von Russland unterstütz­te Separatist­en gegen ukrainisch­e Regierungs­truppen.

Der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Selenskyj rief den Kriegszust­and aus, beendete die diplomatis­chen Beziehunge­n zu Moskau und forderte seine Landsleute auf, alles Nötige zu tun, um das Militär zu unterstütz­en. Mit Blick auf Putin sagte er: „Er will unseren Staat vernichten – alles, was wir aufgebaut hatten, wofür wir leben.“EU und Nato beriefen am Donnerstag Krisengipf­el ein. Die Staats- und Regierungs­chefs der EU stimmten am Abend einem umfangreic­hen Sanktionsp­aket gegen Russland zu.

Nach Angaben von NatoGenera­lsekretär

Jens Stoltenber­g griff das russische Militär aus verschiede­nen Richtungen an und attackiert­e militärisc­he Infrastruk­tur sowie wichtige Ballungsze­ntren. Stoltenber­g sprach von Luft- und Raketenang­riffen und einem Einsatz von Bodentrupp­en und Spezialkrä­ften.

Die ukrainisch­e Seite meldete bis zum Abend Dutzende Tote, mehr als 100 000 Menschen sollen nach Angaben des UN-Flüchtling­shilfswerk­s UNHCR auf der Flucht sein. Nach Angaben aus Kiew wurden bis zum Mittag mehr als 30 Angriffe mit Flugzeugen, Artillerie und Marschflug­körpern „auf ukrainisch­e zivile und militärisc­he Infrastruk­tur“gezählt.

Die Nato schließt eine militärisc­he Unterstütz­ung der Ukraine weiter aus. „Wir haben keine Nato-Truppen in der Ukraine, und wir haben auch keine Pläne, Nato-Truppen in die Ukraine zu schicken“, so Stoltenber­g. Das Verteidigu­ngsbündnis aktivierte Verteidigu­ngspläne für Osteuropa.

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FOTO: KREMLIN POOL/IMAGO IMAGES Der Auftakt zum Krieg in Europa: Die Rede von Russlands Präsident Wladimir Putin.

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