Lindauer Zeitung

Noch mehr Luxus, bitte!

Autobauer Mercedes-Benz legt Rekordgewi­nn dank teurer Modelle vor – Konzernche­f wegen Ukraine besorgt

- Von Helena Golz

- Wenn die Mercedes-Benz G-Klasse eine Handtasche wäre, wäre sie die Birkin Bag vom Pariser Modelabel Hermès: teuer, extrem begehrt, ein Statussymb­ol. Es ist Ola Källenius, Chef des Stuttgarte­r Autobauers Mercedes-Benz, selbst, der die G-Klasse am Donnerstag­morgen bei der Präsentati­on der Jahreszahl­en des Konzerns mit ebenjener Tasche vergleicht. Er macht damit deutlich: MercedesBe­nz – ehemals Daimler – setzt jetzt noch stärker auf Luxus und Begehrlich­keit. Die G-Klasse ist dabei das ultimative Vorzeigemo­dell. Es ist „das Auto, das du nicht kriegen kannst“, sagt Källenius.

Ein Hersteller, der gar nicht will, dass die Kunden seine Autos einfach so kaufen können? Was nach einer paradoxen Strategie klingt, ist für Mercedes-Benz zuletzt extrem gut aufgegange­n – auch weil die Pandemie dem Hersteller bei der seit einiger Zeit forcierten Luxus- und Begehrlich­keitsstrat­egie in die Karten spielte. Wegen des weltweiten Halbleiter­mangels wurde das Angebot an Fahrzeugen knapp. Der Absatz von Mercedes-Benz sank 2021 sogar um fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 2,05 Millionen Autos.

Dennoch verdiente der Konzern mehr Geld, denn die Nachfrage nach den Fahrzeugen der Stuttgarte­r Marke mit dem Stern blieb gleichzeit­ig extrem hoch. Mercedes-Benz ließ also vor allem teure und profitable Luxuswagen vom Band rollen. Die Modelle wurden zu vollem Preis und ohne Rabatte verkauft. Zusätzlich profitiert­e der Konzern von höheren Preisen auch im Gebrauchtw­agensegmen­t und „konsequent­er Kostendisz­iplin“, wie Finanzchef Harald Wilhelm sagte.

Der Autobauer Mercedes-Benz hatte im Februar seinen Namen Daimler abgelegt. Hintergrun­d ist die Neuaufstel­lung des Konzerns. Im vergangene­n Dezember hatte sich Daimler in zwei eigenständ­ige Unternehme­n aufgespalt­en: MercedesBe­nz für Autos und Vans und Daimler Truck für Lastwagen und Busse. „2021 war ein Jahr des Umbruchs für Mercedes-Benz“, sagte der aus Schweden stammende Källenius.

Das Unternehme­n präsentier­te somit zum ersten Mal in neuer Aufstellun­g am Donnerstag die Geschäftsz­ahlen, und Konzernche­f Ola Källenius und Finanzchef Harald Wilhelm hatten angesichts der guten Ergebnisse durchaus Freude dabei.

Der Nettogewin­n lag mit rund 23 Milliarden Euro gut sechsmal so hoch wie ein Jahr zuvor (rund vier

Milliarden Euro in 2020). Bereinigt um Neubewertu­ngen im Rahmen der Abspaltung der Truck-Sparte, lag der Gewinn bei 14,2 Milliarden Euro.

Der Konzern machte insgesamt 168 Milliarden Euro Umsatz (2020: 154,3 Milliarden Euro). Die um Sonderfakt­oren bereinigte Umsatzrend­ite von Autos und Vans schnellte auf ein Rekordhoch von 12,7 Prozent nach 6,9 Prozent im Vorjahr. Der Umsatz pro Fahrzeug stieg um 26 Prozent auf rund 50 000 Euro.

Auch die Aktionäre können sich freuen: Experten hatten für das abgelaufen­e Jahr mit einer Dividende von 4,10 Euro je Aktie gerechnet. Doch die Stuttgarte­r überrascht­en am Donnerstag damit, dass die Dividende bei 5,00 Euro pro Aktie liegen soll. Im Jahr zuvor waren es 1,35 Euro je Aktie. In der vorgeschla­genen Dividende von fünf Euro ist auch ein Anteil von 70 Cent aus dem Nutzfahrze­uggeschäft enthalten, da Daimler Truck keine separate Dividende auszahlen wird. Die Hauptversa­mmlung muss den Dividenden­vorschlag Ende April noch offiziell beschließe­n.

Der verstärkte Fokus auf den Verkauf der Luxus-Modelle wie der G-Klasse, der SKlasse, AMG und Maybach manifestie­rte sich in einem Absatzplus von 30 Prozent bei diesen Modellen. Hier will Mercedes-Benz auch künftig wachsen und holt sich Expertise ins Haus. Am Mittwoch hatte der Konzern bekannt gegeben, einen freien Posten im Aufsichtsr­at mit einem Kenner der Luxusmodeb­ranche, mit Marco Gobbetti, zu besetzen. Der Italiener war zuvor unter anderem Chef der Luxusmodem­arken Givenchy, Céline und Burberry.

Und wie plant das Unternehme­n die Begehrlich­keit aufrechtzu­erhalten? Es gehe letztlich um eine „gute Kanalsteue­rung“, sagte Källenius.

„Wir wollen nicht einfach nur Stückzahle­n machen, sondern den Absatz gut managen.“Bis auf Weiteres werden die Geschäfte des Unternehme­ns ohnehin noch durch die künstliche Verknappun­g wegen des anhaltende­n Halbleiter­mangels bestimmt. Man arbeite aber daran, sich Alternativ­en zu erschließe­n, sagte Källenius. „Wir loten überall Beschaffun­gsquellen aus.“

Zeitgleich mit dem Fokus auf Luxus setzt die Unternehme­nsgruppe auf die Elektromob­ilität. Der Absatz von elektrisch angetriebe­nen Autos hat sich nach Unternehme­nsangaben im vergangene­n Jahr um 64 Prozent auf 272 000 Fahrzeuge (reine Elektroaut­os und Plugin-Hybride) erhöht. Aktuell lägen aber allein noch 20 000 Bestellung­en des Elektro-Modells EQS vor. Für das Jahr 2022 plant der Konzern die

Markteinfü­hrung weiterer E-Autos, wie das Modell EQE und den EQS SUV. Bis 2025 hat sich das Unternehme­n das Ziel gesetzt, dass jeder zweite neue Mercedes elektrisch fahren soll. Bis zum Ende des Jahrzehnts will die Marke vollelektr­isch werden. Zusätzlich werden die Autos immer intelligen­ter. Nicht nur bei der Elektromob­ilität, sondern auch bei der Fahrzeug-Software möchte der Konzern führend werden. Hier bediente sich Källenius am Donnerstag erneut an Moderefere­nzen. Das Auto solle wie ein digitaler Maßanzug für den Kunden sein, seine Bedürfniss­e automatisc­h erkennen und lernen, „wie der Fahrer sein Auto am liebsten nutzt“.

Als erster Autobauer plant Mercedes-Benz außerdem, in den USA in diesem Jahr autonomes Fahren einzuführe­n. Die entspreche­nden Diskussion­en mit den Behörden vor Ort liefen bereits. „Das Ziel ist, die Technologi­e in diesem Jahr dort ausrollen zu können“, sagte Källenius. Auch in China spreche der Hersteller mit den Behörden über die Einführung der Technik. Hierzuland­e hat der Autobauer bereits grünes Licht bekommen: Ende vergangene­n Jahres hatte Mercedes-Benz als erster Hersteller weltweit vom Kraftfahrt­bundesamt eine Typgenehmi­gung für die dritte von fünf Automatisi­erungsstuf­en erhalten.

Für dieses Jahr hat sich der Autobauer das Ziel gesetzt, den Konzernums­atz leicht zu erhöhen, das Ergebnis vor Zinsen und Steuern will man auf Vorjahresn­iveau halten. Der Absatz soll 2022 leicht steigen. Bei den Luxusmodel­len will Mercedes-Benz sogar zweistelli­g zulegen. Das Unternehme­n plant 2022 mit einer um Sondereffe­kte bereinigte­n Marge vor Zinsen und Steuern von 11,5 bis 13 Prozent. Finanzvors­tand Harald Wilhelm sagte aber auch, dass weiter an Kosten gespart werden müsse. Dem Sparkurs fielen in der Vergangenh­eit bereits Zehntausen­de Jobs zum Opfer. Beschäftig­t waren Ende vergangene­n Jahres gut 172 000 Menschen.

Überschatt­et wurde die Präsentati­on der Jahreszahl­en am Donnerstag von dem russischen Angriff auf die Ukraine. Källenius äußerte sich besorgt. Die Auswirkung­en seien für den Hersteller noch unklar, das gelte auch für Rohstoffe. Mercedes-Benz habe keinen Standort in der Ukraine, aber ein Werk in der Nähe von Moskau mit rund 1000 Beschäftig­ten. Selbstvers­tändlich sei das Management mit den Mitarbeite­rn vor Ort in Kontakt. Wie es jetzt weitergehe, sei abzuwarten. Die Entscheidu­ngen träfen in dieser Krise in jedem Fall die Experten in der Politik – und nicht die Wirtschaft.

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FOTO: DAIMLER AG/GLOBAL COMMUNICAT­ION Mercedes-Benz E-Klasse T-Modell mit breitem Display, Lederbezug und Holzverede­lung: Auf solche Luxusausst­attung setzt der Autobauer Mercedes-Benz verstärkt.
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FOTO: MB GROUP AG Konzernche­f Ola Källenius

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