Lindauer Zeitung

Kimme und Kümmel

- Kimmich Kimmichs Pfefferle, Kräutle Kohl Kümmel Kiechle Kimmig Kimme Kimmich Bratfisch, Eisbein, Grütze, Leberwurst, Dünnbier, Sauermilch, Stulle Ziegenspec­k. Filet Wellington, Margherita, Bismarckhe­ring Delikatess­hering Russe r.waldvogel@schwaebisc­he.de

Vom Fußballspi­eler Joshua Kimmich war oft die Rede in den letzten Monaten. Eine Frage, die einem dabei durch den Kopf gehen konnte: Woher kommt dieser Name? Hat er etwas mit

zu tun, dem Einschnitt zum genauen Zielen im Visier einer Feuerwaffe – was immerhin ein hübscher Zufall wäre, eingedenk der meist sehr präzise geschossen­en Flanken des Bayern-Kickers? Die Erklärung geht in eine andere Richtung und sagt nebenbei etwas aus über die Dialektvie­lfalt in Baden-Württember­g. Ihr Vater habe immer statt gesagt, erklärt die aus dem Schwabenla­nd stammende Gattin. Dem badischen Ehepartner war dieses Wort bis dato fremd.

oder gehört zu einer sehr großen Zahl von Familienna­men aus Berufsbeze­ichnungen, die auf dem Namen eines Produkts beruhen, hier eines Nahrungsmi­ttels. Wahrschein­lich hatte ein Vorfahr der

mit Gewürzen gehandelt und dann diesen Übernamen erhalten. Ähnlich verhält es sich wohl bei

einem anderen alten Namen aus dem Südwesten: Da bot ein Krämer in seinem Laden den begehrten Pfeffer an, und schon hatte er seinen Spitznamen weg, mitsamt der Familie. Dabei unterstrei­cht die Verkleiner­ungsform den neckischen Unterton, der oft mit solchen Namen einherging. Oder ein Bäcker war für seine feinen Kuchen bekannt, was ihm und seinen Lieben den Familienna­men einbrachte. Und ein letztes Beispiel: Ein Zeitgenoss­e namens

dürfte von Bauern abstammen, die Kraut anbauten. Wer dabei sofort an unseren Altbundesk­anzler

denkt, liegt richtig. Seine Heimat Rheinland-Pfalz hat außer Reben auch riesige Felder mit Kraut oder Kohl.

Die Forschung zu Familienna­men erfreut sich heute großer Beliebthei­t. Im Internet wimmelt es von einschlägi­gen Portalen mit langen Listen, in der Regel abgegriffe­n aus Telefonver­zeichnisse­n. Dabei zeichnet sich übrigens ein künftiges Problem ab. Schon jetzt dünnen die Telefonbüc­her aus, weil Handynumme­rn sehr oft nicht mehr registrier­t werden. Und ein Ausweichen auf andere Quellen – etwa aus Einwohnerm­eldeämtern

– verbietet sich wegen des Datenschut­zes.

Bislang noch sind solche Listen im Netz aber wahre Fundgruben für ausgefalle­ne Familienna­men, die auf den Handel mit Lebensmitt­eln oder auch auf bestimmte Ess- und Trinkgewoh­nheiten in der Vergangenh­eit schließen lassen. Nur ein paar Beispiele:

oder

Rolf Waldvogel Unsere Sprache ist immer im Fluss. Wörter kommen, Wörter gehen, Bedeutunge­n und Schreibwei­sen verändern sich. Jeden Freitag greifen wir hier solche Fragen auf.

Den umgekehrte­n Prozess kennen wir ebenfalls: Viele Gerichte wurden nach berühmten Persönlich­keiten benannt. Auch hier eine kleine Auswahl: eine Rinderlend­e in Blättertei­g, war die Leibspeise des englischen Feldmarsch­alls Arthur Wellington, des Siegers von Waterloo. Auf italienisc­he Königin von 1878 bis 1900, geht eine nur mit Tomaten, Mozarella und Basilikum, also in den italienisc­hen Nationalfa­rben, belegte Pizza zurück. Und im

lebt der eiserne Reichskanz­ler fort. Dazu eine Randnotiz: Weil Preußen in der DDR verpönt war, wurde er dort in umgetauft. In Österreich heißt er

– aber das wollen wir heute nicht vertiefen.

Könnte sein, dass eines Tages auch ein Gericht nach dem großen Fußballer Joshua Kimmich genannt wird – etwas mit Kümmel, versteht sich.

Wenn Sie Anregungen zu Sprachthem­en haben, schreiben Sie! Schwäbisch­e Zeitung, Kulturreda­ktion,

Karlstraße 16, 88212 Ravensburg

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