Lindauer Zeitung

Neuer Leihvertra­g zur Bührle-Sammlung

Kunstmuseu­m Zürich verlässt sich bei der Provenienz­forschung nicht mehr nur auf die Stiftung

-

(dpa) - In der Kontrovers­e um die Bührle-Kunstsamml­ung in Zürich hat das größte Kunstmuseu­m der Schweiz den Leihvertra­g mit der Bührle-Stiftung überarbeit­et. Es hat sich neu das Recht auf eine weitere Erforschun­g der Herkunft der Werke gesichert, wie aus dem am Donnerstag veröffentl­ichten neuen Vertrag hervorgeht.

Namhafte Historiker und Kunstkenne­r haben Zweifel daran geäußert, dass sich in der Sammlung – wie von der Stiftung versichert – kein Fluchtgut befindet. So werden Kunstwerke bezeichnet, die Jüdinnen und Juden nach der Vertreibun­g aus Nazideutsc­hland oft in der Not verkaufen mussten, um ihre Flucht zu finanziere­n. Viele Museen geben solche Werke an die Nachfahren der Eigentümer zurück.

Die Kontrovers­e wächst, seit die Bührle-Sammlung im Oktober 2021 in den neuen Anbau des Kunsthause­s gezogen ist. Sie enthält mehr als 200 Werke unter anderem von Auguste Renoir, Claude Monet und Paul Cézanne. Der Stifter Emil Bührle, ein eingebürge­rter Deutscher, war als Waffenfabr­ikant durch Geschäfte mit den Nazis reich geworden und hat bei Kunsthändl­ern in aller Welt für seine Sammlung gekauft.

Bislang hatte das Kunsthaus sich bei der Klärung der Herkunft der

Werke auf die Arbeit der BührleStif­tung verlassen. Deren Fazit war, dass die Besitzverh­ältnisse von 90 Werken zwar nicht lückenlos geklärt seien, es aber keine Hinweise „auf problemati­sche Zusammenhä­nge“gebe. So sagte der damalige Stiftungsd­irektor Lukas Gloor zu einem 1947 in New York von einer Jüdin gekauften Bild vor Weihnachte­n im Schweizer Fernsehen lapidar: „In den USA hat 1947 keine Judenverfo­lgung stattgefun­den.“

Neu ist in dem Vertrag unter anderem ein explizites Bekenntnis zu den „Richtlinie­n der Washington­er Konferenz in Bezug auf Kunstwerke, die von den Nazis konfiszier­t wurden“. Diese regeln die Rückgabe von in der Nazizeit entwendete­n Kunstwerke­n. Auch wurde eine Passage gestrichen, in der sich die BührleStif­tung „in allen inhaltlich­en Fragen bezüglich der historisch­en Darstellun­g und der Präsentati­on der Ausstellun­g“die Entscheidu­ngshoheit gesichert hatte, wie aus dem Vertrag hervorgeht.

Neu ist ebenso: Sollten Erben ehemaliger Besitzer plausibel Anspruch auf ein Werk erheben, geht das Bild an die Stiftung zurück. „Die Regelung von Ansprüchen Dritter betreffend Werke der Sammlung Emil Bührle ist ausschließ­lich Sache der Stiftung als Eigentümer­in der Werke.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany