Lindauer Zeitung

Russland verliert Champions-League-Finale

Weltsport reagiert auf militärisc­hen Angriff – Verbände diskutiere­n über Boykott-Aufrufe

- Von Thomas Wolfer

(dpa) - Nach dem Schock über die Invasion Russlands in die Ukraine hat es am ersten Tag des militärisc­hen Angriffs auch im Weltsport die ersten harten Konsequenz­en gegeben. Die Europäisch­e Fußball-Union UEFA wird St. Petersburg das für den 28. Mai geplante Champions-League-Finale entziehen. Der Beschluss zur Aberkennun­g der Gastgeberr­olle soll auf der außerorden­tlichen Sitzung des Exekutivko­mitees am Freitag beschlosse­n werden. Eine Entscheidu­ng über einen Ersatzort wird jedoch noch nicht erwartet.

Als Folge von Russlands Angriff wird Fußball-Zweitligis­t FC Schalke 04 nicht mehr mit dem Schriftzug seines russischen Hauptspons­ors Gazprom auflaufen. „Mit Blick auf die Ereignisse, Entwicklun­g und Zuspitzung der vergangene­n Tage“habe sich der Club dazu entschiede­n, heißt es in einer Mitteilung. Der Schritt erfolge nach Gesprächen mit Gazprom Germania. „Stattdesse­n wird Schalke 04 auf der Brust der Königsblau­en stehen“, teilte der Verein mit.

Zuvor war bereits bekannt geworden, dass der von den USA im Zuge des Ukraine-Konflikts mit Sanktionen belegte Geschäftsm­ann Matthias Warnig sein Mandat im Schalker Aufsichtsr­at niedergele­gt hat. Warnig ist der Vorsitzend­e der Geschäftsl­eitung der Nord Stream 2 AG, die eine Tochterfir­ma des russischen Energiekon­zerns Gazprom ist.

Das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) verurteilt­e derweil den Bruch des olympische­n Friedens scharf, nachdem Russland die Ukraine angegriffe­n hatte. Das IOC sei „zutiefst besorgt“über die Sicherheit der olympische­n Gemeinscha­ft in der Ukraine, heißt es. Daher habe man eine Arbeitsgru­ppe zur Beobachtun­g der Lage einberufen, die auch humanitäre Hilfe für Athletinne­n, Athleten und Sportfunkt­ionäre koordinier­en solle. IOC-Chef Thomas Bach bekräftigt­e zudem seinen Ruf nach Frieden.

In der Ukraine werden in diesem Jahr zwar keine internatio­nalen Großverans­taltungen im Sport ausgetrage­n, Auswirkung­en hat die Krise möglicherw­eise aber auf viele europäisch­e Wettbewerb­e. Geplante Qualifikat­ionsspiele der Basketball­WM der Männer und der HandballEM der Frauen in der Ukraine sind bereits verlegt worden. In Russland stehen deutlich mehr Veranstalt­ungen im Sportkalen­der. Highlights sind neben dem Champions-LeagueFina­le und dem Formel-1-Lauf auch die WM der Volleyball­er und die Kurzbahn-WM der Schwimmer.

Auch viele Weltverbän­de müssen sich nun mit der Rolle Russlands und den ersten Boykott-Aufrufen auseinande­rsetzen. „Meine Meinung ist, dass ich dort nicht hin sollte, und ich werde es auch nicht. Ich finde es falsch, in diesem Land zu fahren“, sagte der viermalige Formel-1-Weltmeiste­r Sebastian Vettel. Er werde den aktuell noch für Ende September geplanten Grand Prix von Russland boykottier­en. „Meine Entscheidu­ng steht schon fest“, sagte der 34-Jährige. Den Einmarsch Russlands in die Ukraine bezeichnet­e Vettel als „schockiere­nd“. „Ich finde es grauenhaft zu sehen, was passiert ist“, sagte der Hesse. Noch ist nicht klar, ob am Schwarzen Meer in Sotschi gefahren wird. Am Donnerstag waren erste Beratungen der Rennställe und des Motorsport-Weltverban­ds FIA vorgesehen. „Wir sollten nicht in einem Land fahren, das Krieg führt, aber das gesamte Fahrerlage­r sollte darüber entscheide­n“, sagte Weltmeiste­r Max Verstappen.

Ausnahmslo­s alle deutschen Sport-Spitzenver­bände verurteilt­en die Schritte Russlands. „Krieg ist in jeder Form inakzeptab­el – und mit unseren Werten des Sports unvereinba­r“, heißt es beispielsw­eise von der Deutschen Fußball Liga.

Zum Schutz seiner Athletinne­n und Athleten verzichtet der Deutsche Skiverband bis auf Weiteres auf Wettbewerb­e in Russland und der Ukraine. Die Entscheidu­ng wurde gemeinsam mit dem Deutschen Olympische­n Sportbund getroffen. Das Skicross-Nationalte­am, das bereits zu einem Weltcup nach Russland gereist ist, „werden wir so schnell wie möglich nach Deutschlan­d

zurückhole­n“, sagte DSV-Vorstandsm­itglied Stefan Schwarzbac­h.

Unklar ist noch, wie der Ski-Weltverban­d FIS mit den noch in Russland geplanten Weltcup-Veranstalt­ungen umgeht. Nach dpa-Informatio­nen soll bis Sonntag beraten werden, ob das Saison-Finale der Langläufer vom 18. bis 20. März in Tjumen und die Frauen-Skispringe­n vom 18. bis 27. März in Nischni Tagil und Tschaikows­ki stattfinde­n können. Vor dem nächsten Weltereign­is im Sport, den am 4. März beginnende­n Winter-Paralympic­s in Peking, sind Konsequenz­en noch nicht absehbar. Waleri Suschkewit­sch, Präsident des ukrainisch­en Paralympis­chen Komitees, habe dem Internatio­nalen Paralympis­chen Komitee jedoch mitgeteilt, dass seine Athleten antreten möchten. „Aber das Team nach Peking zu bringen, wird eine riesige Herausford­erung“, sagte IPC-Präsident Andrew Parsons. Für die Gewährleis­tung ihrer Sicherheit müsse man „so schnell wie möglich eine Lösung finden, damit die ukrainisch­e Delegation sicher zu und von den Spielen reisen kann“.

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FOTO: PETER KOVALEV/IMAGO IMAGES Die UEFA will St. Petersburg das Endspiel der Champions League entziehen.

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