Moritz räumt im Wald auf
Im Oberallgäuer Fischen transportieren Pferde die Stämme aus dem „Eichhörnchenwald“
- Moritz bahnt sich den Weg durch die Baumreihen. Trotz seiner 800 Kilogramm wirkt das Süddeutsche Kaltblut leichtfüßig, fast schon grazil. Von hinten erhält er Anweisungen. „Hü“, „Hott“und „Hofele“bekommt Moritz zugerufen. Bei jedem Kommando passt er seine Bewegungen an: mal nach rechts, mal mehr nach links und dann wieder langsam. Er zieht Baumstämme hinter sich her. Moritz ist ein Rückepferd. Er bringt gefällte Bäume von Punkt A nach Punkt B.
Diesmal ist er im „Eichhörnchenwald“in Fischen (Kreis Oberallgäu) im Einsatz. Um den Waldbestand langfristig zu stabilisieren und damit den Lebensraum der Eichhörnchen zu erhalten, steht dort eine Durchforstung an. Dabei wird eine größere Anzahl an Bäumen entnommen, damit die anderen besser wachsen.
Mit dabei ist Bernhard Hage. Der Rettenberger ist Pferderücker und gibt Moritz die Kommandos. Schon seit dem Kindesalter macht er diese spezielle Arbeit und ist damit einer von nur sehr wenigen im Allgäu. „Von uns gibt es nicht mehr viele“, sagt Bernhard Hage. „Doch so langsam wird das Pferderücken wieder entdeckt.“Normalerweise werde das Holz mit Maschinen aus dem
Wald gebracht. Die Arbeit ist schneller erledigt und es können auch schwere Stämme verladen werden. Ein Pferd hingegen kann maximal sein eigenes Körpergewicht ziehen und auch nur auf kurze Distanz, erläutert Hage. Zudem brauchen die Tiere regelmäßig Pausen.
Dennoch kann das Pferderücken sinnvoll sein, wenn Bäume verladen werden. „Bei klein strukturierten Wäldern, wie wir sie im Allgäu sehr häufig finden, lohnt es sich nicht, mit großen Maschinen zu arbeiten“, sagt Hage. Hier sei das Pferd die beste Lösung.
Das findet auch Andreas Fisel, Leiter des Forstreviers Hörnergruppe: „Die Pferderückung ist viel umweltschonender.“
Die Pferderückung ist die älteste Methode, um Holz aus dem Wald zu transportieren. Rückepferde verursachen keine Bodenschäden, sind auch in unwegsamem Gelände einsetzbar und benötigen weniger Rückegassen, wo die Baumstämme verladen werden. Für die Rückearbeit werden überwiegend Kaltblut-Pferderassen mit einem Gewicht über 700 Kilogramm eingesetzt. Die Vor allem der sensible Boden werde durch den Einsatz von Pferden nicht beschädigt. „Der Boden ist von zentraler Bedeutung. Beim Einsatz von schweren Maschinen verdichtet er sich zunehmend, was schlecht für das Wurzelwachstum der Bäume ist“, erläutert Fisel. Darum solle man sich im Vorfeld überlegen, welche Methode für das Waldgebiet in Frage komme. „Das stellt man sich am besten wie einen Werkzeugkoffer vor: Für manche Arbeiten brauche ich einen Akkubohrer, für andere reicht ein Schraubenzieher.“
Im „Eichhörnchenwald“haben sich die Besitzer für die Pferderücken entschieden, sagt Pirmin Enzensberger,
Pferde sollten einen möglichst ruhigen Charakter haben. Ab den 1960er-Jahren wurde die Pferderückung durch Traktoren und Forstschlepper zunehmend verdrängt. Maschinen sind deutlich leistungsstärker und effizienter. In Steilhängen, auf stark vernässten Standorten oder anderen schwierigen Lagen wird oft eine Seilbahn zum Holztransport eingesetzt. (sz)
Vorstand der Wald- und Weidegenossenschaft Fischen. „Der Einsatz von Maschinen wäre für uns lukrativer gewesen, doch wir wollten den Boden schonen und die Arbeit mit den Pferden passt perfekt in das Naherholungsgebiet.“Denn viele Naturliebhaber spazieren durch den „Eichhörnchenwald“. „Das ist für jeden etwas Besonderes, die Pferde bei der Arbeit zu sehen“, sagt Enzensberger. Er und Fisel hoffen, dass die Pferderückung wieder mehr Wertschätzung erfahre. „Sie kann Maschinen nicht ersetzen, ist aber eine tolle Ergänzung.“
An diesem Tag sind nicht nur Bernhard Hage und Moritz fleißig. Auch Christof Seidel und Gipsy transportieren Holz aus dem Wald. Der Fischinger und sein Pferd sind noch in der Ausbildung. Diese dauere laut Hage zwischen drei und vier Jahren. Zuerst müsse sich das Pferd ans Geschirr gewöhnen. Beim Fahren mit der Kutsche lerne es dann die Kommandos, ehe es im Forst zum Einsatz komme.
Wir sind sehr froh, dass es noch Leute gibt, die diese Arbeit mit den Pferden machen und das Wissen über Generationen hinweg weitergeben“, sagt Fisel. Aber nur mit Pferd sei die Arbeit dann doch nicht möglich: „Zum Stapeln und Verladen brauchen wir einen Traktor.“