Lindauer Zeitung

Heikle Wehrpflich­t

- Von Uwe Jauß u.jauss@schwaebisc­he.de

Alles Mögliche scheint inzwischen recht zu sein, um die Verteidigu­ng Deutschlan­ds zu gewährleis­ten. Weshalb erwartbar war, dass auch über die Wiederaufn­ahme der 2011 ausgesetzt­en Wehrpflich­t debattiert wird. Bisher leider eher aus dem Bauchgefüh­l heraus. Wobei es durchaus interessan­te Ansätze für die Wehrpflich­t gibt. So verstärkt sie die Bindung zwischen Streitmach­t und Bevölkerun­g.

Des Weiteren bringt die Wehrpflich­t nach Militärlog­ik nötige Reserviste­n hervor, um Verluste auszugleic­hen oder abseits der Front wichtige Infrastruk­tur zu schützen. Bei der alten Bundeswehr des Kalten Krieges sah es so aus, dass es eine stehende Truppe von knapp 500 000 Mann gab. Sie sollte im Ernstfall auf gut das Doppelte anwachsen.

Blickt man nun genauer hin, wird das Thema hoch komplex. Moderne High-Tech-Armeen brauchen Profis – und keine bloßen Gewehrträg­er. Zwar können Wehrpflich­tige ebenso profession­ell werden. Aber nicht in zehn Monaten, wie zuletzt bei der Bundeswehr. Zum Vergleich: Das dauerhaft bedrohte Israel zieht seine Männer für 30 Monate und Frauen fakultativ für 24 Monate ein. Hierzuland­e unvorstell­bar. Schon die Wirtschaft wäre wegen des Verlusts an Arbeitskrä­ften auf den Barrikaden.

Damit ist aber noch nicht einmal geklärt, wie die Gesellscha­ft mit der Wehrpflich­t umgehen würde. Wer hätte Interesse, tatsächlic­h einzurücke­n? Und dies auch noch, wenn eventuell geschossen wird? Verweigern könnte erneut attraktiv sein. Eine bloße Kurzwehrpf­licht zur Rekrutenwe­rbung ist jedoch den Aufwand nicht wert.

Wenn überhaupt, könnte eine allgemeine gesellscha­ftliche Dienstpfli­cht tragbar sein. Allein beim sozialen Jahr beteiligen sich jährlich bereits mehr als 50 000 junge Menschen. Verteidigu­ng ist heutzutage dagegen etwas für hochtraini­erte Militärs. Um Interessen­ten zu finden, sollte das Berufsbild natürlich anziehende­r werden. Hilfreich wäre ein steigendes soziales Ansehen abseits von Mördervorw­ürfen. Denn klar ist: Fehlen Soldaten, braucht man auch keine weiteren Panzer.

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