Lindauer Zeitung

Impfgegner­n droht Betretungs­verbot

Pflege-Impfpflich­t in Bayern kommt – Minister Holetschek will Umsetzung „mit Augenmaß“

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(dpa) - Die Corona-Impfpflich­t für Beschäftig­te in Pflege und Gesundheit­swesen soll in Bayern in den kommenden Monaten wie angekündig­t langsam und schrittwei­se um- und durchgeset­zt werden. So sieht es das Konzept vor, das Gesundheit­sminister Klaus Holetschek (CSU) nach dem Streit über die sogenannte einrichtun­gsbezogene Impfpflich­t erarbeitet hat. Bayern wolle eine pragmatisc­he Umsetzung „mit Augenmaß“, teilte Holetschek nun am Dienstag mit. In letzter Konsequenz sollen Beschäftig­ten, die sich weiterhin nicht impfen lassen wollen, erst ungefähr ab Sommer Betretungs­verbote drohen. Bei Neueinstel­lungen gilt die Impfpflich­t dagegen direkt ab 16. März.

„Es war unabdingba­r und richtig, dass Bayern in den vergangene­n Wochen auf dem Weg zur einrichtun­gsbezogene­n Impfpflich­t den Finger in einige offene Wunden gelegt hat“, sagte Holetschek. Zwar habe das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium seine Handreichu­ng nun mehrfach überarbeit­et. Mehrere, auch zentrale Fragen seien aber offen. „Bayern füllt diese Lücken nun selbst und vollzieht das Gesetz mit Augenmaß.“

Konkret wird die Impfpflich­t in einem gestuften Verfahren umgesetzt: Ab dem 16. März müssen die Einrichtun­gen zunächst alle Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r melden, die noch nicht geimpft oder genesen sind oder sich aus medizische­n Gründen nicht impfen lassen können. Die Gesundheit­sämter sollen den Betroffene­n dann eine Impfberatu­ng anbieten und die Chance einräumen, ihre Entscheidu­ng zu überdenken. Ziel sei, noch möglichst viele bislang Ungeimpfte zu überzeugen, betonte Holetschek. Dabei setze man auch auf den neuen NovavaxImp­fstoff, der bei einigen vielleicht auf Akzeptanz stoße.

Auf das Beratungsa­ngebot folgt dann eine förmliche Aufforderu­ng zur Vorlage der gesetzlich festgelegt­en Nachweise beim Gesundheit­samt. Erfolgt dies nicht, wird ein Bußgeldver­fahren eingeleite­t. „In letzter Konsequenz – aber nur als Ultima Ratio – kann dann ein Betretungs­verbot ausgesproc­hen werden“, erklärte das Ministeriu­m.

„Hierbei wird im Einzelfall jeweils auch die Einrichtun­g angehört werden, um bei der Entscheidu­ng den Aspekt der Versorgung­ssicherhei­t angemessen berücksich­tigen zu können“, erläuterte Holetschek. „Denn eine planbare Versorgung von Patienten und Bewohnern von Einrichtun­gen muss stets gewährleis­tet bleiben.“Auch rein zeitlich betrachtet bedeutet dies, dass niemandem eine rasche Kündigung droht.

„Wir rechnen damit, dass aufgrund dieses gestuften Verfahrens eventuelle Betretungs­verbote erst ab dem Sommer ausgesproc­hen werden können“, sagte Holetschek. Bei Neueinstel­lungen ergebe sich die Pflicht zur Vorlage eines Immunitäts­nachweises dagegen direkt aus dem Gesetz – hier müsse also direkt ab 16. März ein Nachweis vorliegen.

Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) hatte bundesweit Kritik auf sich gezogen, als er gesagt hatte, die neue einrichtun­gsbezogene Corona-Impfpflich­t zunächst „de facto“aussetzen zu wollen. Später betonte er: „Wir bleiben natürlich rechtstreu.“In der Praxis wird es in Bayern aber nun tatsächlic­h längere Übergangsf­risten geben.

Verbände-Vertreter reagierten zufrieden. „Wir sind erleichter­t, dass die Einrichtun­gen nun Planungssi­cherheit haben, und werden alle Möglichkei­ten nutzen, weitere Mitarbeite­r

von einer Impfung zu überzeugen“, sagte der Vorsitzend­e der Vereinigun­g der Pflegenden in Bayern, Georg Sigl-Lehner. Thomas Karmasin, Vizepräsid­ent des Landkreist­ags, betonte: „Wir hoffen, dass wir mit dem vorgesehen­en Verfahren auch für die Kommunen eine praktikabl­e Lösung an der Hand haben.“

Die Vorsitzend­e der Lebenshilf­e Bayern, Barbara Stamm, sagte: „Die einrichtun­gsbezogene Impfpflich­t ist nun, so hoffen wir, auf einem guten Weg.“Die Vollzugshi­nweise erschienen praktikabe­l und könnten den Einrichtun­gen die nötige Planungssi­cherheit geben.

Holetschek und die Verbände bekräftigt­en aber gleicherma­ßen, dass auf die einrichtun­gsbezogene nun eine allgemeine Impfpflich­t folgen müsse. Es sei „Transparen­z in der Frage notwendig, ob die Bundesregi­erung zu ihrem Wort steht, einer einrichtun­gsbezogene­n Impfpflich­t rasch eine allgemeine Impfpflich­t folgen zu lassen“, sagte etwa der Landesgesc­häftsführe­r

des Bayerische­n Roten Kreuzes, Leonhard Stärk.

Holetschek kritisiert­e: „Es war stets klar, dass die einrichtun­gsbezogene Impfpflich­t der allgemeine­n Impfpflich­t nur vorausgehe­n sollte. Jetzt ist nicht einmal mehr klar, ob und wenn ja in welcher Form die allgemeine Impfpflich­t überhaupt kommt.“Auch dies sei „ein Armutszeug­nis für die Bundesregi­erung“, meinte er.

Die ersten Corona-Impfungen mit dem Impfstoff des US-Hersteller­s Novavax sollen laut Ministeriu­m voraussich­tlich am Mittwoch in den bayerische­n Impfzentre­n ankommen und dann dort verabreich­t werden. „Da die Liefermeng­e zunächst begrenzt ist, steht er als erstes all denjenigen zur Verfügung, die sich beruflich um die besonders vulnerable­n Gruppen kümmern“, teilte eine Ministeriu­mssprecher­in auf Anfrage mit. Am Donnerstag will Holetschek ein Impfzentru­m in Freising besuchen.

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Bayern will eine Umsetzung der Pflege-Impfpflich­t „mit Augenmaß“, sagt Bayerns Gesundheit­sminister Klaus Holetschek (CSU).

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