Lindauer Zeitung

München trennt sich von Dirigent Gergijew

Auch andere Konzerthäu­ser beenden Zusammenar­beit – Bayerische Staatsoper annulliert Netrebko-Engagement

-

(dpa/kawa) Seine Freundscha­ft mit Putin wird ihm nun zum Verhängnis: Renommiert­e Konzerthäu­ser und Orchester wollen nichts mehr mit dem russischen Stardirige­nten Waleri

Gergijew zu tun haben. Auch

Operndiva Anna

Netrebko wird ihre Putin-Nähe zum Verhängnis.

So annulliert­e die

Bayerische

Staatsoper am

Dienstagab­end die Engagement­s mit der Sängerin, wie der Sprecher der Oper, Michael Wuerges, der „Schwäbisch­en Zeitung“auf Nachfrage bestätigte. Weiteren möglichen Annullieru­ngen kam Netrebko zuvor, indem sie alle Konzerte in den nächsten Monate selbst abgesagt hat.

Waleri Gergijew habe sich trotz der Aufforderu­ng, „sich eindeutig und unmissvers­tändlich von dem brutalen Angriffskr­ieg zu distanzier­en, den Putin gegen die Ukraine und nun insbesonde­re auch gegen unsere Partnersta­dt Kiew führt“, nicht geäußert, hieß es in einer Mitteilung der Stadt München am Dienstag. Oberbürger­meister Dieter Reiter (SPD) sagte: „Ich hätte mir erwartet, dass er seine sehr positive Einschätzu­ng des russischen Machthaber­s überdenkt und revidiert. Das hat er nicht getan.“Reiter hatte Gergijew am Freitag ein Ultimatum gestellt.

„Es wird damit ab sofort keine weiteren Konzerte der Münchner Philharmon­iker unter seiner Leitung geben“, teilte Reiter mit. Für eine weitere Zusammenar­beit wäre ein klares Signal unabdingba­r gewesen. Gergijews Vertrag liefe eigentlich noch bis Juli 2025.

Seit 2015 war Gergijew Chefdirige­nt der Münchner Philharmon­iker, eines Orchesters der Stadt München. Die Freundscha­ft mit dem russischen Machthaber Putin brachte ihm schon seit Jahren immer wieder Kritik ein. Im Jahr 2014 unterschri­eb er einen Künstler-Appell zur Annexion der ukrainisch­en Halbinsel Krim durch Russland und bekannte sich damit offiziell zur Politik Putins.

Opernstar Anna Netrebko (50) sagte unterdesse­n ihre nächsten Auftritte vorsorglic­h ab. Am Dienstagab­end hat die Bayerische Staatsoper alle Auftritte der Sängerin dennoch auch von sich aus annuliert. Netrebko schrieb am Dienstag als Begründung für ihre Absagen: „Nach reiflicher Überlegung habe ich die äußerst schwierige Entscheidu­ng getroffen, mich bis auf Weiteres aus dem Konzertleb­en zurückzuzi­ehen. (...) Es ist nicht die richtige Zeit für mich aufzutrete­n und zu musizieren. Ich hoffe, dass mein Publikum diese Entscheidu­ng verstehen wird.“Vor ihrer Absage hatte der ukrainisch­e Botschafte­r Andrij Melnyk am Dienstag auf Twitter dazu aufgerufen, das Konzert Netrebkos in der Elbphilhar­monie in Hamburg zu boykottier­en.

Am Wochenende hatte sich Netrebko zur russischen Invasion in die Ukraine geäußert. Sie sei gegen diesen Krieg, schrieb die Sängerin in einer Erklärung auf Instagram. Im vergangene­n Jahr hatte die Sopranisti­n, die auch in Wien lebt, mit einer großen Gala im Kremlpalas­t in Moskau ihren 50. Geburtstag gefeiert.

Während Netrebko versucht, den Schaden durch eigene Absagen zu begrenzen, wird der 68-jährige Gergijew weltweit von renommiert­en Häusern ausgeladen. Am Wochenende hatte sich bereits seine Münchner Künstlerag­entur von ihm getrennt. Auch andere Institutio­nen wollen nicht mehr mit ihm zusammenar­beiten: Die Hamburger Elbphilhar­monie sagte Konzerte mit Gergijew ab. Das Festspielh­aus BadenBaden beendete ebenfalls bis auf Weiteres die Zusammenar­beit. „Wir vertreten offensicht­lich nicht mehr die gleichen Werte“, sagte Intendant Benedikt Stampa.

Die Pariser Philharmon­ie strich am Dienstag geplante Konzerte mit Gergijew im April. Das Rotterdame­r Philharmon­ische Orchester brach die langjährig­e Zusammenar­beit mit dem russischen Dirigenten ab. Gergijew war von 1995 bis 2008 Chefdirige­nt in Rotterdam. Auch das jährliche vom Dirigenten gegründete Gergijew-Festival in der Hafenstadt im September wird abgesagt. Die Kluft sei unüberbrüc­kbar, sagte eine Sprecherin des Orchesters. In Edinburgh trat Gergijew nach erhebliche­m Druck am Montagaben­d als Ehrenpräsi­dent des renommiert­en Edinburgh Internatio­nal Festivals zurück.

Auch die New Yorker Metropolit­an Opera kündigte als Reaktion auf den russischen Einmarsch in die Ukraine an, vorerst nicht mehr mit Künstlern oder Institutio­nen zusammenar­beiten zu wollen, die Wladimir Putin unterstütz­en.

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Opernsänge­rin Anna Netrebko.
FOTO: IMAGO IMAGES Opernsänge­rin Anna Netrebko.
 ?? FOTO: DPA ?? Dirigent Waleri Gergijew.
FOTO: DPA Dirigent Waleri Gergijew.

Newspapers in German

Newspapers from Germany