Lindauer Zeitung

Warum Kriminelle speziellen Sprengstof­f mögen

Geldautoma­ten-Sprengunge­n nehmen bundesweit zu

- Von Thomas Schwarz

- Ein lauter Knall erschütter­te das Memminger Gewerbegeb­iet Nord am 2. Februar: Einen Geldautoma­ten der Sparkasse im Vorraum des V-Marktes hatten Kriminelle um 3.30 Uhr gesprengt. Knapp vier Wochen nach der Tat tappt die Polizei noch im Dunkeln.

„Wir haben leider keine konkreten Hinweise auf die Täter bekommen“, sagt ein Sprecher des Bayerische­n Landeskrim­inalamts (LKA) auf Anfrage unserer Redaktion. In einem dunkelfarb­enen Audi sollen die Kriminelle­n geflohen sein – in unbekannte Richtung. Der Tatort liegt relativ verkehrsgü­nstig sowohl zur A 7 wie auch zur A 96. Zur Höhe der Beute schweigen sowohl die Ermittler wie auch die Bank.

Unklar ist auch, wie die Täter den Bankomaten knackten. Bisher war von einem „Festspreng­stoff“die Rede, also kein Gas oder keine Flüssigkei­t. „Die Auswertung im Labor dauert noch an“, heißt es vom LKA. Festspreng­stoffe werden beispielsw­eise vom Militär benutzt, aber auch zivil bei Abbrucharb­eiten von Gebäuden oder in Steinbrüch­en.

Hintergrun­d für den bundesweit­en Trend hin zum Festspreng­stoff ist laut Polizei, dass viele Geldautoma­ten inzwischen explosives Gas neutralisi­eren und Explosione­n verhindern können. Festspreng­stoff kann jedoch immense Schäden verursache­n – so wie in Memmingen, wo nach einer ersten Schätzung von etwa 50 000 Euro Schaden allein am Gebäude ausgegange­n wurde.

In den vergangene­n Jahren hat die Zahl der Sprengunge­n von Geldautoma­ten bundesweit zugenommen. Im Vergleich zum Banküberfa­ll sind diese Attacken aus Tätersicht weniger riskant: Gesprengt wird meist nachts ohne Zeugen in der Nähe. Das LKA verzeichne­te für das Jahr 2020 insgesamt 24 Bankomaten­sprengunge­n im Freistaat, im vergangene­n Jahr waren es 17. Einer der Tatorte war im November 2020 in Sulzberg (Oberallgäu), ein weiterer im vergangene­n November der Geldautoma­t in der Sparkassen­geschäftss­telle in Heimerting­en (Unterallgä­u). Die Täter hätten den dortigen Bankomat laut LKA zunächst aufgehebel­t, dann durch den Automatens­chlitz ein Päckchen mit Sprengstof­f eingelegt und gezündet. Die Ermittler gehen von internatio­nal tätigen Banden aus. In der Regel bestünde eine Gruppe aus zwei bis drei Personen. „Es sind keine örtlichen Täter, meist reisende Täter“, so das LKA.

Eine Festnahme hat es nach dem Sprengen eines Geldautoma­ten der Commerzban­k Ende August 2019 in Memmingen gegeben. Noch am selben Tag fasste die Polizei einen der beiden mutmaßlich­en Täter. Zwei Jahre nach einer Automatens­prengung in Germering nahe München im Oktober 2018 gingen den Ermittlern mehrere Täter ins Netz. Einige sind bereits zu mehrjährig­en Haftstrafe­n verurteilt, ein weiterer Mann aus den Niederland­en steht derzeit vor Gericht.

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FOTO: MAIKE SCHOLZ Völlig zerstört war der Eingangsbe­reich eines Memminger Lebensmitt­elgeschäft­s, nachdem dort Unbekannte einen Geldautoma­ten gesprengt hatten.

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