Warum Kriminelle speziellen Sprengstoff mögen
Geldautomaten-Sprengungen nehmen bundesweit zu
- Ein lauter Knall erschütterte das Memminger Gewerbegebiet Nord am 2. Februar: Einen Geldautomaten der Sparkasse im Vorraum des V-Marktes hatten Kriminelle um 3.30 Uhr gesprengt. Knapp vier Wochen nach der Tat tappt die Polizei noch im Dunkeln.
„Wir haben leider keine konkreten Hinweise auf die Täter bekommen“, sagt ein Sprecher des Bayerischen Landeskriminalamts (LKA) auf Anfrage unserer Redaktion. In einem dunkelfarbenen Audi sollen die Kriminellen geflohen sein – in unbekannte Richtung. Der Tatort liegt relativ verkehrsgünstig sowohl zur A 7 wie auch zur A 96. Zur Höhe der Beute schweigen sowohl die Ermittler wie auch die Bank.
Unklar ist auch, wie die Täter den Bankomaten knackten. Bisher war von einem „Festsprengstoff“die Rede, also kein Gas oder keine Flüssigkeit. „Die Auswertung im Labor dauert noch an“, heißt es vom LKA. Festsprengstoffe werden beispielsweise vom Militär benutzt, aber auch zivil bei Abbrucharbeiten von Gebäuden oder in Steinbrüchen.
Hintergrund für den bundesweiten Trend hin zum Festsprengstoff ist laut Polizei, dass viele Geldautomaten inzwischen explosives Gas neutralisieren und Explosionen verhindern können. Festsprengstoff kann jedoch immense Schäden verursachen – so wie in Memmingen, wo nach einer ersten Schätzung von etwa 50 000 Euro Schaden allein am Gebäude ausgegangen wurde.
In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Sprengungen von Geldautomaten bundesweit zugenommen. Im Vergleich zum Banküberfall sind diese Attacken aus Tätersicht weniger riskant: Gesprengt wird meist nachts ohne Zeugen in der Nähe. Das LKA verzeichnete für das Jahr 2020 insgesamt 24 Bankomatensprengungen im Freistaat, im vergangenen Jahr waren es 17. Einer der Tatorte war im November 2020 in Sulzberg (Oberallgäu), ein weiterer im vergangenen November der Geldautomat in der Sparkassengeschäftsstelle in Heimertingen (Unterallgäu). Die Täter hätten den dortigen Bankomat laut LKA zunächst aufgehebelt, dann durch den Automatenschlitz ein Päckchen mit Sprengstoff eingelegt und gezündet. Die Ermittler gehen von international tätigen Banden aus. In der Regel bestünde eine Gruppe aus zwei bis drei Personen. „Es sind keine örtlichen Täter, meist reisende Täter“, so das LKA.
Eine Festnahme hat es nach dem Sprengen eines Geldautomaten der Commerzbank Ende August 2019 in Memmingen gegeben. Noch am selben Tag fasste die Polizei einen der beiden mutmaßlichen Täter. Zwei Jahre nach einer Automatensprengung in Germering nahe München im Oktober 2018 gingen den Ermittlern mehrere Täter ins Netz. Einige sind bereits zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, ein weiterer Mann aus den Niederlanden steht derzeit vor Gericht.