Bodenseekreis bereitet sich auf ukrainische Flüchtlinge vor
Landratsamt prüft bereits mögliche Standorte für Notunterkünfte in Sport- und Mehrzweckhallen
- Weil es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis auch im Bodenseekreis die ersten Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine eintreffen, hat das Landratsamt seinen Krisenbeziehungsweise Verwaltungsstab aktiviert und am vergangenen Freitag eine erste Videokonferenz zum Thema abgehalten. Weil aber noch nicht absehbar ist, wie viele Menschen ab welchem Zeitpunkt unterzubringen sein werden, beschränken sich zumindest die Aktivitäten hinsichtlich möglicher Notunterkünfte noch auf die planerische Ebene.
Wenn man’s genau nimmt, befindet sich das Landratsamt seit Freitag im doppelten Krisenmodus. Denn der Krisenstab Corona bleibt weiterhin aktiv. Hinzu kommt nun theoretisch ein zweiter, wobei die Akteure überwiegend die gleichen sind – erweitert um Vertreter von Ämtern, die speziell bei der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen tangiert sind, zum Beispiel Liegenschaftsamt und Ausländerbehörde, wie Robert Schwarz, Pressesprecher des Landratsamts, erläutert. Weil die Zahl der im Bodenseekreis unterzubringenden geflüchteten Menschen schon seit Spätherbst wieder spürbar gestiegen ist, sind die Aufnahmemöglichkeiten aktuell sehr überschaubar. Robert Schwarz sprach vergangene Woche von gerade einmal 110 Menschen, die kreisweit sofort untergebracht werden könnten. Deshalb hat die Kreisverwaltung nach eigener Aussage schon deutlich vor Putins Angriffsbefehl ihre Aktivitäten zur Ausweitung der Aufnahmekapazitäten intensiviert.
Dazu gehört, dass sie verstärkt darauf drängt, jene Plätze in Gemeinschaftsunterkünften freizubekommen, die von Menschen belegt sind, für deren Unterbringung der Landkreis rechtlich gar nicht mehr zuständig ist. Menschen, die nur deshalb noch in einer solchen Unterkunft leben, weil sie nicht in der Lage sind, sich eine eigene Bleibe zu organisieren. Menschen, die im Zuge der Anschlussunterbringung eigentlich von den Kommunen mit Wohnraum versorgt werden müssten. Diesbezüglich will das Landratsamt nun offenbar die Zügel etwas fester anziehen: „Städten und Gemeinden, die dieser Aufnahmeverpflichtung entsprechend ihres Bevölkerungsanteils nicht gerecht wurden und werden, weisen wir auszugsverpflichtete Personen zu“, heißt es in einer Stellungnahme.
Außerdem werden in den Unterkünften des Bodenseekreises die vorhandenen Räume für eine maximal mögliche Belegung vorbereitet.
Das heißt, dass beispielsweise auch Gemeinschafts- und Büroräume in Wohnräume umgewandelt werden.
Wie Robert Schwarz ausführt, sucht die Bau- und Liegenschaftenverwaltung des Landratsamts darüber hinaus Immobilien, die bei Bedarf kurzfristig angemietet und als zusätzliche Unterkünfte genutzt werden können. Dafür stehe der
Landkreis im Austausch mit den Städten und Gemeinden. Auch mögliche Standorte für Notunterkünfte in Sport- oder Mehrzweckhallen werden derzeit geprüft.
„Bei Bedarf könnten diese innerhalb weniger Wochen eingerichtet werden“, sagt Schwarz. Material werde für diesen Zweck aber noch nicht vorgehalten – und auch noch kein Personal für die längerfristige Betreuung von Geflüchteten rekrutiert. Weil eben noch nicht absehbar sei, ab wann und in welchem Umfang tatsächlich Bedarf besteht.
„Wir beobachten die Lage“, sagt Robert Schwarz. Notfalls sei man dann innerhalb weniger Stunden gefordert. Die Erfahrungen aus dem Herbst 2015, als im Zuge des Kriegs in Syrien sehr viele Geflüchtete in sehr kurzer Zeit unterzubringen waren, könnten dann hilfreich sein, insbesondere im Hinblick auf die Betreuung der Menschen über einen längeren Zeitraum. „Es ist ja nicht damit getan, eine Halle aufzusperren, ein paar Betten aufzustellen und Decken bereitzulegen“, sagt Robert Schwarz.
Generell strebt das Landratsamt nach eigener Aussage an, die geflüchteten Menschen „einigermaßen gleichmäßig auf die Kreisgemeinden zu verteilen“. Allerdings sei allen Beteiligten klar, dass das von den tatsächlich vorhandenen Möglichkeiten abhängt.
„Geeignete Immobilien sind äußerst rar und im Zweifel muss jede greifbare und passende Unterbringungsmöglichkeit genutzt werden“, heißt es in der Stellungnahme der Kreisverwaltung.