Komplizierte Fastenzeit
Mit Beginn der Fastenzeit fängt das Ringen mit der Selbstbeherrschung an. Gerade wir Spätzle- und Maultaschenverwöhnten Schwaben tun gut daran, einmal im Jahr eine kulinarische Verschnaufpause einzulegen. Damit Körper und Geist frei werden von der Last der Kalorien, die uns den Blick verstellen auf die Binsenweisheit, wonach weniger mehr sei. Wobei man kein mathematisches Genie sein muss, um zu wissen, dass weniger eben doch weniger ist und mehr mehr.
Aber halten wir uns nicht mit Spitzfindigkeiten der Algebra auf.
Sondern kümmern wir uns um die Frage, wie ehrlicher Verzicht in einer Zeit funktionieren kann, wo wir eh schon auf stabilen Frieden und Virenfreiheit verzichten müssen. Wie wär’s also damit, ein wenig auf Streit zu verzichten und auf Ärger? Auf Groll und Engstirnigkeit? Auf Schuldzuweisungen und Hartherzigkeit? Das bringt zwar keine messbaren Erfolge auf der Personenwaage. Dafür dürfen wir hoffen, damit unser Guthaben auf dem Konto der Zwischenmenschlichkeit aufzufüllen, das ja leider oft genug heillos überzogen ist.
Die Skeptiker prophezeien, dass die Fastenzeit heuer global gesehen länger als nur 40 Tage dauern könnte. Und die Opfer deutlich größer als nur ein paar links liegen gelassene Leckereien. Trotzdem dürfen die Optimisten mit Blick auf die Osterbotschaft, die ja schon im Verzicht versteckt ist, weiter hoffen. Auf ein besseres Morgen am Ende eines Tunnels, von dem man noch nicht weiß, wie lange er ist. Dafür lohnt es sich, sogar ein paar Spätzle und Maultaschen wegzulassen. (nyf)