Woelki-Kritiker begrüßen Rücktrittsgesuch
Demonstrationen in Köln für und gegen die Rückkehr des Erzbischofs
(KNA) - Demos pro und contra Woelki: Vor dem Kölner Dom demonstrieren am Morgen des Aschermittwoch Kritiker und Fans von Erzbischof Rainer Maria Woelki. Mitten in die Kundgebungen zur Rückkehr platzt die Nachricht vom Rücktrittsgesuch des Kardinals.
Ein Jubel geht durch die Menge, als die Botschaft vom Rücktrittsangebot kommt. Dass der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki doch noch sein Amt zur Verfügung stellt – darauf haben viele der Demonstrierenden auf der Kölner Domplatte bis zuletzt gehofft. Bei strahlend blauem Himmel stehen sie am Mittwochvormittag vor der Kathedrale und halten Schilder in die Höhe. „Woelki, geh nach Rom“steht darauf, „Weg mit dem Männerklüngel“und „Kirche für alle“.
300 Menschen zählt der Veranstalter, die Initiative Maria 2.0. Laut Polizei sind es rund 150 Demonstrierende. Als sich die Kundgebung nach einer guten halben Stunde dem Ende zuneigt, verkündet Gemeindereferentin Marianne Arndt per Lautsprecher, dass Woelki seinen Rücktritt angeboten habe und erntet damit Applaus. Wenige Minuten zuvor hatte sie einen „umfassenden Systemwechsel“gefordert, sonst gehe die „Kernschmelze“in der Kirche weiter.
Hinter dem Erzbistum Köln liegen zermürbende Monate. Wegen der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen, die Woelki angestoßen, aber streckenweise schlecht gemanagt hatte, kam es zu hitzigen Debatten. Im Oktober verabschiedete sich der Kardinal in eine mit Papst Franziskus vereinbarte „geistliche Auszeit“. Die unverhoffte Pause hätte eigentlich zu einer Befriedung der Lage beitragen sollen – doch zuletzt wurde die Kritik wieder lauter. Sogar wichtige Beratungsgremien, die eigentlich eng mit dem Erzbischof zusammenarbeiten sollen, äußerten sich nun skeptisch bis ablehnend zur Rückkehr Woelkis.
Seit Mittwoch hat er seine Amtsgeschäfte wieder aufgenommen. Die geplante Teilnahme an einem Gottesdienst im Dom sagte er allerdings ab. Stattdessen äußerte sich der Kardinal per Pressemitteilung und in einem „Brief zum Aschermittwoch“. Demnach wird Franziskus „zu gegebener Zeit“über sein Rücktrittsangebot entscheiden. Zunächst habe der Papst Woelki jedoch „angeordnet“, seinen Dienst wieder aufzunehmen.
Als „gutes Zeichen für Köln“bezeichnet die Sprecherin von Maria 2.0 Rheinland, Maria Mesrian, das Rücktrittsgesuch. Unmöglich und unzumutbar sei jedoch, dass dieser Schritt erst so spät erfolge: „Wichtig ist, dass es jetzt nach vorne geht, und dass Reformen auch schnell umgesetzt werden.“
Reformen, Veränderung und Wandel sind Schlagworte, die immer wieder auf der Domplatte zu hören sind. Karl Haucke, Mitglied im Betroffenenbeirat des Missbrauchsbeauftragten
der Bundesregierung, kritisiert „Machtmissbrauch“in der Kirche: „Jetzt muss man endlich die Betroffenen und ihre Anliegen ernst nehmen.“
Es gehe nicht nur um die Person Woelki, betont Mesrian. Mit Blick auf die Querelen um die Missbrauchsaufarbeitung sagt sie: „Es gibt dahinter mächtige Strippenzieher und Mit-Vertuscher, die genauso Schuld haben, dass wir hier in dieser Situation sind.“Die Gläubigen sollten der „Machtelite“in der Kirche die Gefolgschaft verweigern, „weil wir sehen, dass sie Schaden anrichtet“.
Woelki zeigt sich indes reumütig. In seinem Brief schreibt er von „den Versäumnissen, den Fehlern und der Schuld in meinem Leben“. Zugleich bittet er um die Chance auf einen Neuanfang – und um ein „Neu-Begegnen“.
Dass diese Begegnungen derzeit schwierig sein dürften, zeigen auch Äußerungen des Bremer Katholiken Carl Kau. Der Gründer der Initiative „Katholischer Klartext“berichtet auf der Kölner Domplatte, er habe vergangenen Montag Strafanzeige gegen Woelki bei der Kölner Staatsanwaltschaft eingereicht. Die Kirche habe viele Jahre zu wenig gegen Missbrauch getan. Dabei hätten Bistumsverantwortliche Taten verhindern können. Seine Anzeige, die sich auch gegen weitere kirchliche Amtsträger richtet, lautet auf vorsätzliche Beihilfe durch Unterlassen sowie fahrlässige Körperverletzung.
Unmittelbar neben den WoelkiKritikern demonstrieren auch Unterstützer des Kardinals. Die rund 20 Menschen halten weiße Rosen in den Händen und beten den Rosenkranz. Eine Frau mit weißem Spitzentuch auf dem Kopf kniet auf dem Boden, im Gebet versunken. Doch bald nachdem die Nachricht von Woelkis Rücktrittsangebot kommt, sind die Unterstützer verschwunden.