„Kein dramatisches Parkplatz-Problem“
Kemptens Baureferent Tim Koemstedt hofft, dass öffentlicher Verkehr und Carsharing Druck rausnehmen
- Autofahrer können da ein Liedchen trällern: Parkplätze sind Mangelware. Anwohner und Besucher finden oft auf der Straße vor dem Haus kein Plätzchen für ihren Wagen. Mehr Einwohner, mehr Verkehr und immer dichtere Bebauung machen es nicht besser. Ob auf der Ludwigshöhe oder in Neuhausen – bei Bauprojekten fürchten Anwohner zusätzlichen Parkdruck. Jetzt sollen im Bereich Immenstädter Straße 243 Studenten-Appartements und fünf Wohnungen entstehen, mit nur 76 Parkplätzen. Manche erwarten, dass das den Parkdruck verschärft. Doch Baureferent Tim Koemstedt sieht in Kempten „kein dramatisches Parkplatz-Problem“– aber punktuelle Engpässe.
Warum verlangt die Stadt an den Wohnheimen so wenig Parkplätze? Koemstedt verweist auf die Stellplatzsatzung. Sie regelt für Kempten je nach Bauvorhaben, wie viele Parkplätze nötig sind. Für ein Einfamilienhaus zum Beispiel sind es zwei. Bei Mehrfamilienhäusern ist es ein Stellplatz pro Wohnung (bei Wohnungen ab 110 Quadratmetern jeweils zwei). Zudem ist pro zehn Bewohner-Stellplätzen ein weiterer für Besucher gefordert. Dagegen ist bei einem Studentenwohnheim nur ein
Stellplatz pro fünf Betten nötig. Dazu kommt dort pro 50 Betten ein Stellplatz für Besucher.
Koemstedt denkt, dass die Parkplätze auf dem früheren VW-SeitzGelände ausreichen: Viele Studenten hätten eh kein Auto. Und dort bräuchten sie auch keines, da die Gebäude neben dem Campus und fußläufig zum Bahnhof entständen. Das Wohnheim anstelle des Haslacher Hofs sei nur wenig weiter. Frage ist für Koemstedt, wie der Verkehr der Zukunft aussieht, also wie sich Angebot und Nutzung von öffentlichem Verkehr, Carsharing, und Lastenfahrrädern entwickeln.
Insgesamt sind die Aussichten für Autofahrer nicht rosig. Die Stadt ist dabei, ihre Parkbereiche und Parkgebühren
zu überprüfen. Zu höheren Stellplatzschlüsseln wird das kaum führen, eher zu höheren Preisen. Das hatte Oberbürgermeister Thomas Kiechle im Dezember angekündigt. Wobei ein höherer Stellplatzschlüssel in bereits dicht bebauten Gebieten eh keine Probleme lösen könnte, sondern nur dort, wo neu gebaut wird, erklärt Koemstedt. Er hält eine intelligente Steuerung durch Verkehrsleitsysteme, Parkzonen für Anwohner und bewirtschaftete Parkplätze für wichtiger. „Probleme im Bestand lassen sich nur bei baulichen Erneuerungen lösen.“
Wo es „vermeintliche Probleme“gibt (etwa in der Innenstadt oder auf der Ludwigshöhe), liege das meist an einer dichten Bebauung aus Zeiten, in denen Autos geringere Bedeutung hatten, sagt der Baureferent. Und durch immer mehr „Dink“-Haushalte verschärfe sich die Situation: Die Abkürzung steht für „double income, no kids“, also Paare ohne Kinder mit doppeltem Einkommen – und zwei Autos.
Die Hoffnung auf BewohnerParkzonen vor der Haustür könnte preislich nach hinten losgehen. Bisher kostet eine Anwohner-Parkkarte in Kempten 30 Euro im Jahr – 70 Cent unter der früheren Maximalgebühr in Deutschland. Doch jetzt dürfen die Länder den Kommunen erlauben, höhere Sätze zu verlangen. Baden-Württemberg hat das. getan.
Darauf beschloss der Stadtrat Ulm, dort das Bewohnerparken ab August von 30 auf 200 Euro pro Jahr zu verteuern. Auch im Freistaat sollen die Kommunen „die Möglichkeit erhalten, den wirtschaftlichen Wert des Parkraums angemessen bei der Gebührenhöhe zu berücksichtigen“, hieß es am Dienstag auf Anfrage im Innenministerium. Derzeit arbeite man am Entwurf der Verordnung.
Koemstedt sieht Vorteile: So könnte man in Kempten erreichen, dass Anwohner sich teurere Plätze in Quartiersgaragen mieten und die Straßen freihalten. „Der öffentliche Straßenraum sollte primär für den fließenden Verkehr dienen.“