Lindauer Zeitung

IPC-Beschluss stößt auf harte Kritik

Russen und Belarussen dürfen bei Paralympic­s starten – Entsetzen im deutschen Lager

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(SID) - Scham, Wut, Tränen, Fassungslo­sigkeit: IPCPräside­nt Andrew Parsons sprach zwar scheinheil­ig von der „härtesten Bestrafung“, doch das Startrecht für Russland und Belarus bei den 13. Winter-Paralympic­s in Peking (4. bis 13. März) hat für einen Aufschrei und heftige Kritik gesorgt. Der Deutsche Behinderte­nsportverb­and (DBS) ist entsetzt. „Seit der Gründung des IPC 1989 bin ich Mitglied der paralympis­chen Bewegung, doch für diese Entscheidu­ng schäme ich mich zutiefst“, sagte Chef de Mission Karl Quade. Als er anschließe­nd vom Jubel über die beschämend­e Entscheidu­ng aus dem russischen Haus berichtete, kamen dem DBS-Vize sogar die Tränen.

Auch DBS-Präsident FriedhelmJ­ulius Beucher war völlig aufgebrach­t. Der IPC-Beschluss sei „inakzeptab­el und in der derzeitige­n weltpoliti­schen Lage ein völlig falsches Signal“, klagte der 75-Jährige mit finsterer Miene. Dies sei „Killefitz“und „Etikettens­chwindel“, „eine dunkle Seite in der Geschichte des IPC, und die Sache ist noch nicht vergessen“. Das IPC habe sich trotz der Kriegsgräu­el in der Ukraine nicht „auf die Seite der Menschlich­keit“geschlagen, kritisiert­e Beucher. Vielmehr habe das 14-köpfige Governing Board „mit einem Regelwerk argumentie­rt, während in der Ukraine ohne Regeln geschossen und gemordet wird“.

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) stellte sich an die Seite des DBS. Man halte die Entscheidu­ng für falsch, teilte DOSB-Präsident Thomas Weikert mit: „Eine auf Umbenennun­g in vermeintli­ch ,neutrale’ basierende Teilnahme unterläuft Absicht und Ziel der Sanktionen, dem eklatanten Bruch des Völkerrech­ts mit weltweit sichtbaren Zeichen zu begegnen.“

Die Spiele für Menschen mit körperlich­er Behinderun­g werden am Freitag in Peking eröffnet. Er sei gespannt, sagte Quade, „was bei der Eröffnungs­feier passiert“. Eine generelle Absage der Paralympic­s aus Sicht des DBS schloss er aus. Das müsse „jeder Athlet selbst entscheide­n, ob er startet oder nicht“.

Das IPC beschloss am Mittwoch, dass die Teams aus Russland und Belarus trotz des Angriffskr­ieges der Russen gegen die Ukraine neutral und unter paralympis­cher Flagge antreten dürfen. Beide Verbände werden zudem nicht im Medaillens­piegel berücksich­tigt. Dass Russlands Despot Wladimir Putin der Paralympis­che Orden entzogen wird? Geschenkt!

Das IPC verurteile zwar „die grobe Verletzung des paralympis­chen Waffenstil­lstands durch die russische und die belarussis­che Regierung“, sagte Parsons. Bei der Entscheidu­ng über Maßnahmen sei es aber „von grundlegen­der Bedeutung, politisch neutral zu bleiben“. Parsons sprach von der „härtesten Bestrafung, die wir im Rahmen der aktuellen IPC-Regeln verhängen können“.

Das IPC steht mit seiner fatalen Entscheidu­ng ziemlich alleine da. Selbst das stets zögerliche Internatio­nale Olympische Komitee (IOC), zahlreiche Fachverbän­de sowie die großen Fußballver­bände FIFA und UEFA hatten sich unter steigendem Druck zu einer harten Haltung gegen Russland und Belarus durchgerun­gen und die Verbände suspendier­t.

Parsons rief derweil zur Geschlosse­nheit auf. „Jetzt, da diese Entscheidu­ng getroffen wurde, erwarte ich von allen teilnehmen­den NPCs, dass sie die neutralen Athleten wie jeden anderen Athleten bei diesen Spielen behandeln, egal, wie schwierig dies auch sein mag“, sagte Parsons. Im Gegensatz zu ihren jeweiligen Regierunge­n seien „diese paralympis­chen Athleten und Funktionär­e nicht die Aggressore­n“.

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FOTO: IMAGO IMAGES IPC-Präsident Andrew Parsons verteidigt das Startrecht für Russland und Belarus.

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