Lindauer Zeitung

Die Pandemie ist noch nicht vorbei

- Von Hajo Zenker politik@schwaebisc­he.de

Geöffnete Clubs, Restaurant­s mit 3G, mehr Zuschauer bei Großverans­taltungen – in Deutschlan­d gilt nun die von Bund und Ländern im Februar vereinbart­e zweite Lockerungs­stufe. Noch vor Kurzem hätte das in der deutschen Öffentlich­keit großen Widerhall gefunden. Doch die Aufmerksam­keit hat sich von der Pandemie und ihren Folgen abgewandt. Das Mega-Thema Corona ist vom Mega-Thema Ukraine-Krieg abgelöst worden. Fürchteten Millionen Deutsche über lange Monate gesundheit­liche Schäden durch das Virus, wird heute Gefahr für Leib und Leben eher durch eine weitere Eskalation des von Russland angefachte­n Militärkon­flikts erwartet. Die vergessen geglaubte Angst vor einem Atomkrieg ist zurück.

Die Corona-Pandemie dagegen scheint abgehakt, die bisher obligatori­sche wöchentlic­he Pressekonf­erenz des Bundesgesu­ndheitsmin­isters gemeinsam mit dem Chef des Robert-Koch-Instituts fällt neuerdings aus. Nicht einmal der durch die Pandemie berühmt gewordene Virologe Christian Drosten mag noch seinen Podcast weiterführ­en. Das öffentlich­e Interesse ist vergangen. Es sieht nach Normalität aus. Womit sich Deutschlan­d letztlich einreiht in die Länder, die das – wie die Nachbarn Schweiz und Dänemark – bereits vollzogen haben.

Aber auch wenn das Virus in diesen Tagen aus der allgemeine­n Wahrnehmun­g zunächst verschwund­en ist – es ist noch da. Und das nicht nur, weil Karl Lauterbach Gesundheit­sminister ist und wie immer zum Team Mahnen und Warnen gehört. Es gibt genügend Wissenscha­ftler, die seine Vorsicht stützen. Selbst der Chef der Kassenärzt­e, der zwischenze­itlich schon mal einen „Freedom Day“, also die komplette Aufhebung aller Corona-Beschränku­ngen, gefordert hatte, erwartet jetzt für den Herbst deutlich steigende Infektions­zahlen. Wobei noch keiner weiß, ob es sich dabei immer noch um Omikron, wieder um Delta oder gar um eine komplett neue Virusversi­on handelt. Die Pandemie wird in diesem Jahr ganz sicher in unser Bewusstsei­n zurückkehr­en – in welchem Ausmaß auch immer.

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