Lindauer Zeitung

„Erste Aussaaten brauchen eher wenig Nährstoffe“

Mit den Tipps der Gartenbuch-Autorin Carolin Engwert gedeiht frühes Gemüse prächtig – Sie empfiehlt das Vorquellen der Samen

- Melanie Öhlenbach

(dpa) - Bald können die ersten Samen in die Erde. Die Gartenbuch-Autorin und Bloggerin Carolin Engwert verrät im Interview ihre Tricks für die Gemüseauss­aat – und wann sie sich nicht an übliche Anleitunge­n hält.

Frau Engwert, Hand aufs Herz: Halten Sie sich an die Empfehlung­en, die für die Aussaat auf den Samenpäckc­hen stehen?

Die Angaben auf den Verpackung­en bieten eine gute Orientieru­ng, gerade wenn man noch nicht so viel Erfahrung hat oder eine neue Kultur ausprobier­en will. Ich selbst lese die Empfehlung­en, halte mich aber nicht stur daran. Wenn die Temperatur­en stimmen, säe ich auch mal früher aus – das fühlt sich an wie eine kleine Rebellion.

Kaufen Sie jedes Jahr neues Saatgut?

Ich bestelle jedes Jahr Saatgut, allein schon um neue Sorten auszuprobi­eren. Aber ich kaufe nicht immer alles neu. Von einigen Pflanzen wie Tomaten, Bohnen oder Salate gewinne ich selbst Saatgut, wenn die Sorten samenfest sind. Liegt das Saatgut schon ein paar Jahre herum, mache ich eine Keimprobe, um die Keimfähigk­eit zu prüfen. Das ist gerade bei der Aussaat im Freiland sinnvoll.

Warum? wenn die Samen nicht aufgehen. Bei Möhren kann ich zum Beispiel erst nach vier Wochen sehen, wie viele Samen tatsächlic­h gekeimt sind. Sind das von 100 Samen nur drei, ist das sehr ärgerlich.

Welche Pflanzen ziehen Sie in der Wohnung vor, was säen Sie direkt aus?

Ich ziehe Pflanzen vor, die frostempfi­ndlich sind und eine lange Kulturdaue­r haben: Paprika, Tomaten, Auberginen und die großen Kohlsorten. Direkt ins Beet säe ich Salate, Bohnen, Erbsen und Wurzelgemü­se wie Möhren und Radieschen.

Wann kann man mit der Aussaat im Freien beginnen?

Wenn der Boden nicht mehr durchgefro­ren ist, man also den Finger in die Erde stecken kann und beim Herauszieh­en noch Erde daran hängen bleibt. Meine Saison beginnt meist Ende Februar. Dann lege ich Dicke Bohnen. Ab März säe ich Möhren, Radieschen und Spinat ins Frühbeet.

Quellen Sie die Samen vor?

Ich bin ein großer Fan des Vorquellen­s, weil es die Keimrate erhöht. Daher lege ich alle Samen, die größer als ein Millimeter sind, über Nacht in lauwarmes Wasser. Warmkeimer wie Tomaten und Paprika gieße ich sogar heiß auf.

Wie bereiten Sie den Boden vor? Da meine Beete den Winter über mit Laub bedeckt sind, muss ich zunächst die Laubschich­t entfernen. Manchmal mache ich eine Bodenprobe. Meist harke ich aber einfach nur frischen Kompost ein, ziehe eine Reihe – und dann geht es los. Gerade die ersten Aussaaten brauchen eher wenig Nährstoffe. Erst wenn ich Tomaten

und Kürbis setze, gebe ich Langzeitdü­nger wie Hornspäne und Rinderdung­pellets in die Erde.

Säen Sie immer alles in Reihen? Das kommt darauf an. Wenn ich im Sommer mit Salat, Erbsen, Bohnen und Wurzelgemü­se viele verschiede­nen Kulturen auf kleiner Fläche unterbring­en muss, ziehe ich sie in Reihen. Spinat, Feldsalat und Winterpost­elein säe ich im Herbst breitwürfi­g aus, weil genügend Platz im Beet ist.

Wie ziehen Sie eine gerade Reihe? Ganz klassisch. Ich stecke am Anfang und am Ende der Reihe jeweils ein Stöckchen in die Erde, zwischen denen eine Schnur gespannt ist. Daran entlang ziehe ich mit dem Finger eine Furche in die Erde.

Wie halten Sie den richtigen Abstand ein – gerade bei feinen Samen wie Möhren?

Feines Saatgut im richtigen Abstand auszusäen, ist etwas für Disziplini­erte. Ganz Fleißige legen die Samen einzeln mit einer Pinzette in die Erde. Ich finde Saatbänder einfacher. Der Abstand muss aber nicht auf den Zentimeter genau sein. Notfalls kann man hinterher noch ausdünnen. Radieschen säe ich sogar absichtlic­h eng. Die gezupften Pflänzchen gebe ich in den Salat – das ergibt eine schöne erste Mahlzeit!

Beschrifte­n Sie die Aussaaten?

Eine gute Beschriftu­ng ist sogar super wichtig. Das betone ich immer wieder – und halte mich leider viel zu oft selbst nicht daran. Dabei kann auch ich mir nicht immer merken, was ich wohin gesät habe. Und das ist ärgerlich, gerade bei Samen, die Wochen brauchen, um zu keimen. Da habe ich manchmal schon oft wieder drüber gesät oder sie einfach umgegraben.

Was verwenden Sie als Beschriftu­ng?

Im Prinzip lässt sich auf vielem ein kleines Schild basteln: Eisstiele zum Beispiel oder kleine Zweige, bei denen man die Rinde mit einem Sparschäle­r abgezogen hat. Das Schild beschrifte ich mit Kugelschre­iber oder wasserfest­er und lichtechte­r Farbe, damit sie nicht in der Sonne ausbleicht. Schick sind auch geprägte Etiketten, die man jedes Jahr wieder verwenden kann.

Wie pflegen Sie die Aussaaten?

Das kommt auf die Jahreszeit an. Bis Mitte April ist wenig zu tun, ich überlasse die Aussaaten weitgehend sich selbst. In trockenen Phasen gieße ich gelegentli­ch, lüfte regelmäßig das Frühbeet und decke die offenen Beete mit Vlies ab, wenn es noch mal sehr kalt wird.

Carolin Engwert ist Bloggerin und Gartenbuch-Autorin aus Berlin. (Foto: dpa)

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FOTO: CAROLIN ENGWERT/DPA Dicke Bohnen können jetzt direkt ins Beet.
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