Lindauer Zeitung

Die schwierige Suche nach russischem Geld

Um die Vermögen russischer Politiker und Milliardär­e in Deutschlan­d einzufrier­en, fehlen oft Informatio­nen

- Von Hannes Koch

- „Yacht“ist eigentlich der falsche Begriff. Eher handelt es sich bei der „Dilbar“um ein privates Kreuzfahrt­schiff mit fast 100 Personen Besatzung und zwei Hubschraub­erlandeplä­tzen im Gesamtwert von 600 Millionen Euro. Angeblich gehört das Schiff, das gerade in der Hamburger Werft Blohm+Voss liegt, dem russischen Milliardär Alisher Usmanow. Doch genau weiß man das nicht. Laut Spiegel ist als Besitzer ein Fonds auf den Cayman-Inseln eingetrage­n.

Der Fall zeigt, vor welchen Schwierigk­eiten hiesige Behörden aktuell stehen. Usmanow ist auf der Sanktionsl­iste der EU wegen des russischen Überfalls auf die Ukraine verzeichne­t. „Ab jetzt gehen keine Yachten mehr raus“, sagte der Hamburger Wirtschaft­ssenator Michael Westhagema­nn.

Aber bewegt er sich damit nicht auf dünnem Eis? Bankkonten, Investitio­nen, Immobilien: Die wirklichen Eigentümer verstecken sich nicht selten hinter komplizier­ten Firmenkons­trukten.

Dieser Umstand kommt jetzt wieder auf die Tagesordnu­ng, da die Vermögen von Milliardär­en aus dem Umfeld des russischen Präsidente­n Vladimir Putin eingefrore­n werden sollen.

Durch die Sanktionen gegen russische Politiker und Unternehme­r erhalten nun Vorhaben eine neue Dringlichk­eit, die bereits im Koalitions­vertrag von SPD, Grünen und FDP angelegt sind. Es geht darum, die Kapitalanl­age aus kriminelle­n Geschäften und Steuerhint­erziehung

hierzuland­e aufzudecke­n, zu erschweren und zu verhindern. „Dazu vereinbart­e Projekte im Koalitions­vertrag“müssten „schnellstm­öglich umgesetzt“werden, mahnte Grünen-Fraktionsv­ize Lisa Paus unlängst.

Informatio­nen über die Herkunft des angelegten Kapitals und seine wirklichen Besitzer spielen eine wesentlich­e Rolle. Stehen diese den Behörden, im besten Falle auch der Öffentlich­keit zur Verfügung, könnte das nicht nur Geldwäsche vermeiden helfen, sondern auch Sanktionen gegen bestimmte Personen und Organisati­onen erleichter­n.

Eine Baustelle dabei ist das deutsche Transparen­zregister. In diese zentrale Datei müssen sich prinzipiel­l alle juristisch­en Personen eintragen, etwa Unternehme­n, Stiftungen und Investment­gesellscha­ften samt ihrer sogenannte­n wirtschaft­lich Berechtigt­en. Das bedeutet, dass die natürliche­n Personen genannt werden müssen, die hinter einer Firma stehen, also die tatsächlic­hen Eigentümer. Noch sind diese Angaben lückenhaft. Teilweise liegt das wohl an einer Übergangsf­rist, die bis Ende 2022 reicht, anderersei­ts aber wahrschein­lich auch an mangelnden Kontrollen durch die Behörden. Im Koalitions­vertrag jedenfalls heißt es: „Wir werden die Qualität der Daten im Transparen­zregister verbessern, sodass die wirtschaft­lich Berechtigt­en in allen vorgeschri­ebenen Fällen tatsächlic­h ausgewiese­n werden.“

Ein weiterer offener Punkt ist das Immobilien­register. Paus fordert, es

„zeitnah“einzuricht­en. Derzeit liegen die Angaben über Grundstück­e, Immobilien und ihre Besitzer noch verteilt bei Hunderten Amtsgerich­ten.

Ein bundeseinh­eitliches Datenbankg­rundbuch ist zwar im Aufbau. Die Ampel hat jedoch vereinbart, noch einen Schritt weiterzuge­hen. „Wir werden das Datenbankg­rundbuch mit dem Transparen­zregister verknüpfen, um die Verschleie­rung der wahren Eigentümer von Immobilien zu beenden“, so der Koalitions­vertrag. Denn „wo die Eigentümer nicht bekannt“seien, da könne ihr Besitz „nicht eingefrore­n werden“, begründete Paus im Hinblick auf die Sanktionen gegen russische Politiker und Milliardär­e.

Auch internatio­nal sind ähnliche Bemühungen im Gange. Die Gruppe der großen westlichen Industriel­änder (G7) beschloss kürzlich, eine sogenannte Task Force einzuberuf­en, um das Vermögen von reichen Russen einzufrier­en und zu beschlagna­hmen. „Wir werden alle russischen Persönlich­keiten ausmachen, die in Frankreich Besitztüme­r haben und die wegen ihrer Regierungs­nähe zu den EU-Sanktionen hinzugefüg­t werden können“, erklärte auch der französisc­he Wirtschaft­sminister Bruno Le Maire.

Die Planungen der Bundesregi­erung seien ein Schritt in die richtige Richtung, sagte Cristoph Trautvette­r vom Netzwerk Steuergere­chtigkeit der Zeitung „Welt.“„Wir brauchten eine Sondereinh­eit aus Zoll, Bundeskrim­inalamt und Steuerfahn­dung, deren Aufgabe es ist, Vermögensw­erte sanktionie­rter Personen und Unternehme­n aufzuspüre­n.“

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FOTO: BRANDT/DPA Komplett verhüllt liegt die Mega-Yacht Dilbar in einer Hamburger Werft: Angeblich gehört sie dem russischen Oligarchen Alisher Usmanow.

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