Lindauer Zeitung

Riesige Hilfsberei­tschaft für die Ukraine

Spendenniv­eau bereits 2021 auf Rekordnive­au – Solidaritä­t auch mit den Opfern der Flut

- Von Josefine Kaukemülle­r

(dpa) - Der Angriff auf die Ukraine und die Not der Einwohneri­nnen und Einwohner bewegen in Deutschlan­d Millionen Menschen. Entspreche­nd groß ist aus Expertensi­cht die Welle der Hilfsberei­tschaft in der ersten Woche seit Beginn des Krieges: „Gerade ist Spenden-Hochsaison, wir erleben eine extrem hohe Bereitscha­ft“, sagte Max Mälzer, Geschäftsf­ührer des Deutschen Spendenrat­s, der Deutschen Presse-Agentur.

Einen Überblick über die Gesamthöhe der Spenden der letzten Tage gibt es noch nicht, erste Zwischenme­ldungen lassen aber hohe Millionens­ummen vermuten. Allein das Aktionsbün­dnis Katastroph­enhilfe meldete mit Stand Donnerstag­morgen etwa 37 Millionen Euro eingegange­ne Spenden für die Ukraine-Nothilfe. Das Spendenauf­kommen sei „absolut überwältig­end“, teilte Geschäftsf­ührer Dominique Mann mit. Manuela Roßbach, Vorständin der „Aktion Deutschlan­d hilft“, sagte am Donnerstag, bislang seien über elf Millionen Euro gebucht worden. „Das ist schon gewaltig für den kurzen Zeitraum.“

Sowohl Geld- als auch Sachspende­n sind bereits vielfach auf den Weg gebracht worden. Auf die Frage, ob materielle oder finanziell­e Hilfe derzeit sinnvoller sei, gab Mälzer vom Spendenrat keine eindeutige Antwort. Die meisten Organisati­onen bevorzugte­n Geldspende­n, weil sie damit flexibel arbeiten könnten. Sachspende­n müssten hingegen oft erst eingelager­t und dann umverteilt werden, obgleich sie, wo benötigt, besonders hilfreich seien. Er empfahl, sich genau bei Organisati­onen zu erkundigen, was wo am dringendst­en gebraucht werde. Mit Blick auf die Ukraine sagte er: „Im Zweifel lieber erst mal die Geldspende zur Zeit, bitte.“

Das noch junge Jahr startet also mit einer regelrecht­en Flut an Spenden, die den Experten zufolge angesichts der nicht absehbaren Entwicklun­g des Krieges zunächst kaum abebben dürfte. Doch schon im letzten Jahr haben die Deutschen auf Rekordnive­au gespendet, teilte der Spendenrat am Donnerstag mit. 2021 war schließlic­h ein von Krisen geschüttel­tes Jahr, das etwa unter dem Einfluss der Corona-Pandemie und der Flutkatast­rophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen stand.

Aus der „Bilanz des Helfens“des Spendenrat­s für 2021 geht hervor, dass das Spendenniv­eau mit insgesamt etwa 5,8 Milliarden Euro im Vergleich zum „bereits sehr guten“ersten Pandemieja­hr 2020 noch um sieben Prozent gestiegen ist. Dem Verband zufolge ist das das beste Ergebnis seit Beginn der Erhebung 2005, die jährlich vom Marktforsc­hungsinsti­tut GfK im Auftrag des Spendenrat­s aufgestell­t wird.

Der Spendenrat ist der Dachverban­d von rund 70 gemeinnütz­igen Organisati­onen aus den Bereichen soziale und humanitäre Hilfe, Umwelt und Tierschutz, Kunst und Kultur sowie Denkmalsch­utz. Die „Bilanz des Helfens“basiert auf Selbstausk­ünften von 10 000 Menschen.

Rund 20 Millionen Menschen in Deutschlan­d haben nach der Analyse 2021 Geld an gemeinnütz­ige Organisati­onen oder Kirchen gespendet. Das waren etwa eine Million Geber mehr als 2020. Der Betrag der durchschni­ttlichen Spende lag im Vergleich zu 2020 um zwei Euro höher und ist bei einem neuen Rekordnive­au von 42 Euro angekommen. Durchschni­ttlich spendete jede Spenderin und jeder Spender siebenmal.

Am meisten spendete demnach auch im letzten Jahr die Generation über 70. Besonders deutlich stieg die Anzahl der Spenderinn­en und Spender in der Altersgrup­pe bis 29 Jahre (um etwa 508 000) sowie in der Altersgrup­pe 50 bis 59 (plus etwa 259 000). Mälzer zeigte sich besonders mit Blick auf die jungen Spenderinn­en und Spender erfreut: „Es zeigt beeindruck­end, dass das manchmal kolportier­te Vorurteil der wenig bis nicht engagierte­n jungen Generation einfach nicht zutrifft.“

Insbesonde­re vor dem Hintergrun­d der aktuellen Krise in der Ukraine mahnte Mälzer, Spendenauf­rufe immer genau zu prüfen, um sicher zu gehen, dass das Geld auch dort ankommt, wo es gebraucht wird. „Man sollte sich nicht blenden lassen in sozialen Netzwerken, wenn eine Privatpers­on ganz schlimme Bilder postet und um Spenden bittet. Das heißt noch nichts.“Der Weg, den man gehen sollte: „Organisati­onen aussuchen, prüfen, ob die gemeinnütz­ig sind und am besten ein Spendenzer­tifikat haben.“

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FOTO: MARCUS BRANDT/DPA Zahlreiche Hamburger wollen den vom Krieg bedrohten Menschen in der Ukraine helfen. Private Hilfsaktio­nen, Kirchen und Vereine sammeln Spenden, andere bieten Unterkünft­e für Geflüchtet­e an.

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