Lindauer Zeitung

Ukraine-Krieg bereitet extreme Ohnmachtsg­efühle

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(dpa) - Der Krieg in der Ukraine bereitet vielen Deutschen einer Untersuchu­ng zufolge extreme Ohnmachtsg­efühle – und verstärkt damit die Zermürbung nach zwei Jahren Corona-Pandemie. Das erklärte das Kölner Rheingold-Institut am Donnerstag auf Basis tiefenpsyc­hologische­r und repräsenta­tiver Befragunge­n in den vergangene­n Tagen und Wochen. „Die Bürger erleben einen plötzliche­n Einbruch einer bedrohlich­en Kriegswirk­lichkeit, von der sie das Gefühl haben: Das hat ein Eskalation­spotenzial, das unvorstell­bar ist“, sagte Institutsg­ründer, Psychologe und Autor Stephan Grünewald („Wie tickt Deutschlan­d?“).

Der Untersuchu­ng zufolge trifft die Kriegsangs­t zugleich auf eine Gesellscha­ft, in der viele Bürger schon zuvor angesichts der Corona-Pandemie zunehmend resigniert, antriebslo­s und entnervt reagiert hätten. Grünewald beschrieb den Zustand mit „Melancovid“.

Gerade junge Leute spürten, dass man gefühlt seit den Terroransc­hlägen vom 11. September 2001 in einer „Krisenperm­anenz“lebe. Neben Corona müsse man auch an die Finanzkris­e und die Klimakrise denken. Der russische Angriff auf die Ukraine habe nun obendrauf eine „ungeheure Wucht“entwickelt, berichtete Grünewald aus den geführten Gesprächen mit Bürgern. „Der Kulminatio­nspunkt für diese Wucht ist der russische Präsident Putin, von dem man das Gefühl hat: Er hat den Kontakt zur Realität verloren. Er wird wie ein Wahnsinnig­er beschriebe­n“, sagte der Psychologe. „Diese Unberechen­barkeit führt dazu, dass die Menschen sich in einer ungeheuerl­ichen Ohnmachtss­ituation erleben.“Manche grübelten und schauten ständig in Nachrichte­n-Ticker. Andere klammerten sich an den vertrauten Alltag.

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