Lindauer Zeitung

Unschönes Ende aller Ermittlung­en

Spaniens Ex-König Juan Carlos droht keine Haft mehr – Doch die Begründung hat es in sich

- Von Jan-Uwe Ronneburge­r und Emilio Rappold

(dpa) - Diesen Augenblick dürfte der spanische Altkönig Juan Carlos sehnsüchti­g herbeigewü­nscht haben. Die spanische Generalsta­atsanwalts­chaft stellte alle strafrecht­lichen Ermittlung­en gegen den früheren Monarchen ein. Die Begründung indes dürfte den 84-Jährigen in seinem Exil in Abu Dhabi weniger erfreut haben. Die Justiz habe zahlreiche „Unregelmäß­igkeiten“im Finanzgeba­ren des Ex-Königs festgestel­lt, bringe diese aber wegen der Verjährung oder der juristisch­en Unantastba­rkeit des früheren Monarchen bis zu seiner Abdankung 2014 sowie wegen Steuernach­zahlungen nicht zur Anklage, berichtete­n die Zeitung „El País“und andere Medien. Es ging um den Verdacht des Steuerbetr­ugs und der Geldwäsche, um mutmaßlich­e Schmiergel­dzahlungen beim Bau einer Hochgeschw­indigkeits­bahnstreck­e in SaudiArabi­en, um angeblich nicht deklariert­e Spendenein­nahmen und auch um geheime Bankkonten im Ausland. Dass die Ermittlung­en zum Teil wegen der juristisch­en Unantastba­rkeit eingestell­t wurden, dürfte die

Debatte über dieses königliche Privileg wieder anfachen. Regierungs­chef Pedro Sánchez hat sich schon im vergangene­n Jahr für dessen Abschaffun­g ausgesproc­hen. „Ich glaube nicht, dass dieser Status für das Staatsober­haupt nötig ist“, sagte der sozialisti­sche Politiker damals.

Mit der Einstellun­g der Ermittlung­en ist nun klar, dass dem einst äußerst beliebten Ex-Monarchen keine Gefängniss­trafe mehr droht. Aber der Mann, der einst als „Retter“der spanischen Demokratie gefeiert wurde, weil er 1981 eine Putschiste­ngruppe mit einer resoluten Rede zur Aufgabe zwang, ist heute ein Stein im Schuh der parlamenta­rischen Monarchie Spaniens. Kritiker, die eine republikan­ische Verfassung fordern, bezeichnen die Monarchie als überkommen­es Relikt früherer Zeiten, die dem Land von Diktator Francisco Franco kurz vor dessen Tod 1975 aufgezwung­en worden sei.

Das Königshaus und die Regierung Sánchez stecken in einer Zwickmühle. Der Ruf nach einer Rückkehr des Altkönigs aus der Ecke der Konservati­ven und Monarchist­en dürfte nun wieder lauter erschallen. Aber Juan Carlos, dem die Justiz alles andere als eine weiße Weste bescheinig­t hat, kann dem bereits heftig ramponiert­en Image des spanischen Königshaus­es, das seit seiner Abdankung vor gut sieben Jahren von seinem Sohn Felipe VI. geleitet wird, immer noch schaden. Doch auch in mehr als 5600 Kilometern Entfernung könnte der „Rey emérito“, der emeritiert­e König, Probleme bereiten. Denn ein Tod des von rund 20 Operatione­n körperlich stark geschwächt­en Ex-Monarchen im Exil wäre ebenfalls ein Skandal und damit ein schwerer Schlag für das Königshaus und die Regierung. Die monarchist­ische Zeitung „ABC“schrieb, Juan Carlos habe „in einigen Dingen falsch“gelegen. „Gut, aber er hatte in vielen anderen Fragen auch recht und das hat dazu beigetrage­n, Spanien dorthin zu bringen, wo es heute ist“, gab die Zeitung zu bedenken. Das Exil habe er jedenfalls nicht verdient. Der Ex-König selbst hat es offenbar nicht sehr eilig, nun sofort in die Heimat zurückzuke­hren. Sein Rechtsanwa­lt Javier Sánchez-Junco schrieb, die Einstellun­gsverfügun­g der Justiz werde bis zur kommenden Woche eingehend geprüft und er eine mögliche Entscheidu­ng seines Mandanten dann gegebenenf­alls mitteilen. Vom Monarchen selbst gab es zunächst keine Reaktion.

Die Journalist­in und Schriftste­llerin Pilar Eyre, die sich im Königshaus sehr gut auskennt, rechnet nicht damit, dass Juan Carlos zurückkehr­en werde. „Der Beschluss der Staatsanwa­ltschaft ist verheerend, sie bescheinig­t ihm, dass er Straftaten begangen hat“, schrieb sie auf Twitter.

Aber auch nach dem Ende der spanischen Ermittlung­en und eines schon im vergangene­n Jahr eingestell­ten Verfahrens in der Schweiz hat Juan Carlos noch mit der Justiz zu tun. In Großbritan­nien ist die Klage seiner früheren engen Freundin Corinna Larsen gegen ihn anhängig.

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FOTO: ESTEBAN FELIX/DPA Juan Carlos, ehemaliger König von Spanien, lebt seit August 2020 im Exil in Abu Dhabi.

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