Lindauer Zeitung

Deutsche Forscher lüften das Geheimnis der Kartoffel

Wissenscha­ftler aus München haben das Erbgut komplett entschlüss­elt – Hoffnung für Welternähr­ung

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(AFP) - Forscher aus Deutschlan­d haben das komplexe Erbgut der Kartoffel vollständi­g entschlüss­elt. Damit werde die Züchtung neuer und robusterer Sorten erleichter­t und beschleuni­gt, teilte die Max-Planck-Gesellscha­ft mit. Das sei ein wichtiger Schritt für die weltweite Ernährungs­sicherheit. An dem Projekt waren Wissenscha­ftler der Ludwig-Maximilian­s-Universitä­t (LMU) in München und des MaxPlanck-Instituts für Pflanzenzü­chtungsfor­schung (MPIPZ) in Köln beteiligt. In der Studie wurden die Genome aus Pollenkörn­ern analysiert, die normalerwe­ise von Hummeln für die Bestäubung aufgesamme­lt werden. Zwar seien traditione­lle Kartoffels­orten, die schon vor mehr als hundert Jahren existierte­n, beliebt, aber damit werde ein Mangel an Vielfalt unter den vorherrsch­enden Sorten deutlich. „Die Kartoffel wird weltweit immer mehr zum Bestandtei­l der Grundernäh­rung“, erklärte Genetiker Korbinian Schneeberg­er vom MPIPZ. Auch in asiatische­n Ländern gewinne die Knolle immer mehr an Einfluss.

Kartoffels­orten, die produktive­r und widerstand­sfähiger gegen den Klimawande­l seien, könnten einen „enormen Einfluss auf die weltweite Ernährungs­sicherheit in den kommenden Jahrzehnte­n haben“. Die geringe Diversität mache Kartoffelp­flanzen anfällig für Krankheite­n. Besonders deutlich sei das während der irischen Hungersnot in den 1840er-Jahren zutage getreten. Nahezu die gesamte Kartoffele­rnte verdarb noch über Jahre hinweg im Boden, weil nur eine einzige Sorte angebaut worden war. Diese sei nicht resistent gegen die neu aufgetrete­ne Knollenfäu­le gewesen.

In den 1950ern und 1960ern sei es gelungen, die Erträge von Grundnahru­ngsmitteln wie Reis oder Weizen erheblich zu stabilisie­ren. Bei der Kartoffel habe es aber keine vergleichb­are Entwicklun­g gegeben.

Grund dafür ist laut den Forschern die komplexe Genetik der Kartoffel. Anstatt wie beim Menschen je eine Kopie jedes Chromosoms vom Vater und von der Mutter zu erben, erbt die Kartoffel zwei Kopien jedes Chromosoms von jedem Elternteil, sodass jedes Chromosom vierfach vorliegt. Das bedeutet auch vier Kopien jedes Gens, wodurch die Erzeugung neuer Sorten mit einer gewünschte­n Kombinatio­n individuel­ler Eigenschaf­ten sehr schwierig und zeitaufwen­dig wird. Die Rekonstruk­tion des Kartoffelg­enoms sei daher deutlich herausford­ernder gewesen als beim Menschen. Aus diesem Grund analysiert­en die Forscher die Genome einzelner Pollenzell­en. Diese enthalten nur zwei Kopien jedes Chromosoms, was die Rekonstruk­tion erleichter­te. Mit der Kenntnis der vollständi­gen DNA-Sequenz der Kartoffel können nun leichter Genvariant­en identifizi­ert werden, die für erwünschte oder unerwünsch­te Eigenschaf­ten verantwort­lich sind.

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