Kempten entwickelt seine Kultur
Nach intensiven Diskussionen geht es nun um die Realisierung
- Wie soll sich die Kulturszene in Kempten entwickeln, und welche Rolle wird die Stadt dabei spielen? Diese Fragen debattierten in den vergangenen zwei Jahren Kulturschaffende, Veranstalter, Touristiker und Pädagogen unter Federführung des städtischen Kulturamtes und mit Hilfe einer Stuttgarter Agentur. Nun ist das „Kulturentwicklungskonzept“fertig und soll in den nächsten Jahren umgesetzt werden. Erste Maßnahmen sind schon auf den Weg gebracht worden, etwa eine dauerhaft angelegte Förderung von Kunst und Kultur (wofür jährlich erst einmal 110 000 Euro zur Verfügung stehen) sowie eine digitale Austauschplattform, über die Kulturakteurinnen und Kulturakteure in Kempten und darüber hinaus miteinander vernetzt werden sollen.
Kempten dürfte mit diesem Konzept beispiellos im Allgäu sein. Einen solch umfassenden und ambitionierten Prozess hat es bisher nirgendwo sonst in der Region gegeben. Am Anfang standen viele Interviews mit Menschen, die in irgendeiner Weise künstlerisch und kulturell tätig sind. Dann folgten Workshops mit Ideenfindungen und Diskussionen. Am Ende kristallisierten sich 54 Maßnahmen heraus, die auf einer To-Do-Liste stehen und in den in den nächsten Jahren peu à peu realisiert werden wollen. Weil dieser Prozess gut geklappt hat, sind so ziemlich alle glücklich damit. Die Kulturakteure fühlen sich und ihre Wünsche wahrgenommen. Das Kulturamt hat nun einen verbindlichen Handlungsrahmen für die Zukunft. Und die Lokalpolitikerinnen und -politiker finden das alles so prima, dass sie neulich im Stadtrat die Ergebnisse ohne Diskussion einstimmig begrüßten und viel Lob für die Beteiligten verteilten.
„Das wird das Kulturleben in der Stadt auf Jahre und Jahrzehnte voranbringen“, jubelt denn auch Kulturamtsleiter Martin Fink. Oberbürgermeister
Thomas Kiechle spricht nicht nur von einem „guten Konzept“, sondern verweist auch auf die demokratiefördernden und identitätsstiftenden Aspekte. In der Tat geht es nicht bloß um rein kunst-kulturelle Fortschritte. Im „Starter-Kit“, also den prioritären 18 Maßnahmen, finden sich mehr als nur Förderregeln, Vernetzungsideen, eine Börse für Räume zu Proben und Auftritten, der Plan für einen Veranstaltungskalender oder die Schaffung eines städtischen Kulturbeirats. Das Kulturamt hat auch für die Teilhabe von einkommensschwachen Menschen an Kunst und Kultur zu sorgen, für Barrierefreiheit, Inklusion und den Aufbau einer „interkulturellen Ankereinrichtung“, damit Menschen mit Migrationshintergrund stärker von Kunst und Kultur partizipieren können. Zu einem Leuchtturmprojekt wurde zudem der Aufbau eines Kulturquartiers erklärt. Das könnte auf dem Gelände der Allgäuhalle entstehen, da bekanntlich die Herdebuchgesellschaft auszieht und das Gebäude für andere Verwendungen frei wird.
Doch wie soll das alles finanziert werden? Zumal der Kulturhaushalt in den nächsten Jahren konkurrieren wird mit Infrastruktur-Maßnahmen der munter wachsenden Stadt (Kindergärten, Schulen ...). Dass die Umsetzung des Kulturkonzeptes ein langer und mühsamer Prozess werden wird, darauf wiesen Stadträtinnen und -räte parallel zu ihren positiven Urteilen immer wieder hin. Und der Oberbürgermeister hängte an sein Lob auch den Vorbehalt an: „Nun müssen wir darum ringen, mit welchen Ressourcen wir welche Maßnahmen umsetzen.“
Da trifft es sich gut, dass die Stadt für die Schaffung der digitalen Kulturund Austauschplattform überraschend 200 000 Euro Bundesförderung nach Kempten holen konnte. Finanzielle Luft verschafft haben auch die vorläufige Schließung des AlpinMuseums und die Verschiebung der Pläne für ein Allgäu-Museum.