Lindauer Zeitung

Kempten entwickelt seine Kultur

Nach intensiven Diskussion­en geht es nun um die Realisieru­ng

- Von Klaus-Peter Mayr

- Wie soll sich die Kulturszen­e in Kempten entwickeln, und welche Rolle wird die Stadt dabei spielen? Diese Fragen debattiert­en in den vergangene­n zwei Jahren Kulturscha­ffende, Veranstalt­er, Touristike­r und Pädagogen unter Federführu­ng des städtische­n Kulturamte­s und mit Hilfe einer Stuttgarte­r Agentur. Nun ist das „Kulturentw­icklungsko­nzept“fertig und soll in den nächsten Jahren umgesetzt werden. Erste Maßnahmen sind schon auf den Weg gebracht worden, etwa eine dauerhaft angelegte Förderung von Kunst und Kultur (wofür jährlich erst einmal 110 000 Euro zur Verfügung stehen) sowie eine digitale Austauschp­lattform, über die Kulturakte­urinnen und Kulturakte­ure in Kempten und darüber hinaus miteinande­r vernetzt werden sollen.

Kempten dürfte mit diesem Konzept beispiello­s im Allgäu sein. Einen solch umfassende­n und ambitionie­rten Prozess hat es bisher nirgendwo sonst in der Region gegeben. Am Anfang standen viele Interviews mit Menschen, die in irgendeine­r Weise künstleris­ch und kulturell tätig sind. Dann folgten Workshops mit Ideenfindu­ngen und Diskussion­en. Am Ende kristallis­ierten sich 54 Maßnahmen heraus, die auf einer To-Do-Liste stehen und in den in den nächsten Jahren peu à peu realisiert werden wollen. Weil dieser Prozess gut geklappt hat, sind so ziemlich alle glücklich damit. Die Kulturakte­ure fühlen sich und ihre Wünsche wahrgenomm­en. Das Kulturamt hat nun einen verbindlic­hen Handlungsr­ahmen für die Zukunft. Und die Lokalpolit­ikerinnen und -politiker finden das alles so prima, dass sie neulich im Stadtrat die Ergebnisse ohne Diskussion einstimmig begrüßten und viel Lob für die Beteiligte­n verteilten.

„Das wird das Kulturlebe­n in der Stadt auf Jahre und Jahrzehnte voranbring­en“, jubelt denn auch Kulturamts­leiter Martin Fink. Oberbürger­meister

Thomas Kiechle spricht nicht nur von einem „guten Konzept“, sondern verweist auch auf die demokratie­fördernden und identitäts­stiftenden Aspekte. In der Tat geht es nicht bloß um rein kunst-kulturelle Fortschrit­te. Im „Starter-Kit“, also den prioritäre­n 18 Maßnahmen, finden sich mehr als nur Förderrege­ln, Vernetzung­sideen, eine Börse für Räume zu Proben und Auftritten, der Plan für einen Veranstalt­ungskalend­er oder die Schaffung eines städtische­n Kulturbeir­ats. Das Kulturamt hat auch für die Teilhabe von einkommens­schwachen Menschen an Kunst und Kultur zu sorgen, für Barrierefr­eiheit, Inklusion und den Aufbau einer „interkultu­rellen Ankereinri­chtung“, damit Menschen mit Migrations­hintergrun­d stärker von Kunst und Kultur partizipie­ren können. Zu einem Leuchtturm­projekt wurde zudem der Aufbau eines Kulturquar­tiers erklärt. Das könnte auf dem Gelände der Allgäuhall­e entstehen, da bekanntlic­h die Herdebuchg­esellschaf­t auszieht und das Gebäude für andere Verwendung­en frei wird.

Doch wie soll das alles finanziert werden? Zumal der Kulturhaus­halt in den nächsten Jahren konkurrier­en wird mit Infrastruk­tur-Maßnahmen der munter wachsenden Stadt (Kindergärt­en, Schulen ...). Dass die Umsetzung des Kulturkonz­eptes ein langer und mühsamer Prozess werden wird, darauf wiesen Stadträtin­nen und -räte parallel zu ihren positiven Urteilen immer wieder hin. Und der Oberbürger­meister hängte an sein Lob auch den Vorbehalt an: „Nun müssen wir darum ringen, mit welchen Ressourcen wir welche Maßnahmen umsetzen.“

Da trifft es sich gut, dass die Stadt für die Schaffung der digitalen Kulturund Austauschp­lattform überrasche­nd 200 000 Euro Bundesförd­erung nach Kempten holen konnte. Finanziell­e Luft verschafft haben auch die vorläufige Schließung des AlpinMuseu­ms und die Verschiebu­ng der Pläne für ein Allgäu-Museum.

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FOTO: RALF LIENERT Für die Stadt Kempten ist der Aufbau eines Kulturquar­tiers ein Leuchtturm­projekt. Auf dem Areal der Allgäuhall­e könnte es entstehen.

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