Besorgnis nach Angriff auf Atomkraftwerk
Scholz schließt Nato-Einsatz aus – Ukraine-Botschafter für Importstopp russischer Energie
- Nach dem Beschuss durch russische Truppen und einem Brand in Europas größtem Atomkraftwerk Saporischschja in der Ukraine hat die russische Armee am Freitag das Gelände des AKW besetzt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf Russland „Nuklear-Terrorismus“vor. NatoGeneralsekretär Jens Stoltenberg erklärte in Brüssel, der Angriff auf das Atomkraftwerk zeige die „Rücksichtslosigkeit“Russlands. In Deutschland wächst die Sorge vor möglichen Angriffen auf weitere Kernkraftwerke im Kriegsgebiet. Der Brand in der Anlage zeige, „wie gefährlich die Situation ist“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz am Freitag. Zuvor hatte der SPD-Politiker in einem Telefonat mit Wladimir Putin erfolglos versucht, den russischen Präsidenten vom Ende der Angriffe zu überzeugen. Ein Eingreifen der Nato in den Konflikt schloss Scholz kategorisch aus – im Gegensatz zu CDU-Chef Friedrich Merz.
„Es kann eine Situation geben, in der dann auch die Nato Entscheidungen treffen muss, Putin zu stoppen“, sagte Merz am Freitag bei NDR Info. So weit sei es noch nicht, wenn aber Atomkraftwerke angegriffen würden, „wenn möglicherweise sogar die Reaktorblöcke getroffen werden sollten, dann sind wir unmittelbar bedroht von den Auswirkungen dieses Krieges“. Dann müsse die Nato überlegen, ob das ein Angriff auf das eigene Territorium sei. Scholz riet, „kühlen Kopf“zu bewahren.
Die russische Armee hatte zuvor in der Nacht zu Freitag das AKW Saporischschja
angegriffen und dort einen Brand ausgelöst. Nach Angaben der ukrainischen Atomaufsicht gerieten ein Schulungsgebäude und ein Labor in Brand. Die Flammen konnten von der ukrainischen Feuerwehr gelöscht werden. Russische Soldaten hatten die Löschtrupps nach Angaben der Feuerwehr erst nach Stunden zum Brandort durchgelassen. Moskau machte derweil „ukrainische Sabotagegruppen mit Beteiligung ausländischer Söldner“für den Angriff verantwortlich. „Ziel der Provokation an dem Atomkraftwerk“sei es gewesen, „Russland die Schaffung eines radioaktiven Krisenherds vorwerfen zu können“, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. Dies zeige den „kriminellen Plan“der Regierung in Kiew. Das Atomkraftwerk werde nun von russischen Soldaten gesichert und funktioniere normal, sagte er. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) erklärte dazu am Freitag in Wien, dass es keine Veränderungen bei der radioaktiven Strahlenbelastung auf dem Gelände gebe.
Andrij Melnyk, der Botschafter der Ukraine in Berlin, forderte Deutschland derweil dazu auf, einen Importstopp für Rohstoffe aus Russland, etwa Öl und Gas, zu verhängen. Zudem überraschte er mit dem Vorschlag, Altkanzler Gerhard Schröder als Vermittler zu Wladimir Putin zu schicken. „Schickt Schröder nach Moskau zu seinem Kumpel“, sagte Melnyk mit Blick auf die Nähe des früheren SPD-Bundeskanzlers zum russischen Präsidenten. Wenn es Schröder gelänge, die Sprachlosigkeit zu beenden, wäre viel gewonnen,.