Lindauer Zeitung

Melnyk fordert Stopp für Energieimp­orte aus Russland

Ukrainisch­er Botschafte­r wünscht sich härtere Maßnahmen der Bundesregi­erung gegen Moskau

- Von Claudia Kling

- Von einem „schwarzen Donnerstag“spricht der ukrainisch­e Botschafte­r mit Blick auf den Tag, an dem Russland die Ukraine angriff. In den Wochen und Monaten zuvor hatte Andrij Melnyk versucht, die Bundesregi­erung davon zu überzeugen, dass Verhandlun­gen mit dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin nichts bringen. Er habe gebettelt und gefleht, sagt Melnyk am Donnerstag bei einer vom Bundestags­abgeordnet­en Axel Müller (CDU) organisier­ten Videokonfe­renz. Nun setzt Melnyk darauf, dass die Ampel-Koalition jetzt mehr unternimmt, um den „Wahnsinn“in der Ukraine zu stoppen.

Melnyk fordert an erster Stelle mehr Defensivwa­ffen für die Ukraine. Am Donnerstag hat er eine weitere Liste an das Auswärtige Amt geschickt mit Waffensyst­emen, die in seinem Land dringend gebraucht würden. Zudem spricht er sich dafür aus, die Sanktionen gegen russische Banken auszuweite­n, da bislang beispielsw­eise die Gazprom-Bank ausgeschlo­ssen sei. Sein dritter Punkt – ein schmerzhaf­tes Thema für Deutschlan­d, wie er sagt: Die Bundesregi­erung müsse sofort ein Moratorium für den Import von Rohstoffen aus Russland verhängen.

Trotz des massiven Vorrückens der russischen Truppen in der Ukraine

geht Melnyk davon aus, dass sein Land eine Chance hat. „Putin wird uns nicht das Rückgrat brechen können“, sagt er. Die Soldaten, die er geschickt habe, seien junge, kampfunerf­ahrene Männer ohne große Motivation. Die Opferzahle­n auf russischer Seite bezifferte Melnyk auf mehrere Tausend in einer Woche. Diese Angabe lässt sich von Deutschlan­d aus allerdings nicht überprüfen. Um den Zivilisten in besonders hart umkämpften Städten wie Charkiw im Osten des Landes zu helfen, müsse es eine Waffenruhe und humanitäre Korridore geben – um die Menschen zu versorgen, aber auch um die Toten zu bergen, so Melnyk.

Er sei enttäuscht, dass sich Deutschlan­d in der Frage eines Vermittler­s mit Russland so bedeckt halte, sagt Melnyk. „Schickt Schröder nach Moskau zu seinem Kumpel“, sagt er mit Blick auf die Nähe des früheren SPD-Bundeskanz­lers zum russischen Präsidente­n. Wenn es Schröder gelänge, die Sprachlosi­gkeit zu beenden, dann wäre viel gewonnen, meint Melnyk.

An Gastgeber Müller und die Unionsfrak­tion im Bundestag appelliert der Botschafte­r, den Wunsch der Ukraine nach einer Mitgliedsc­haft in der Europäisch­en Union zu unterstütz­en. Die Menschen in seiner Heimat bräuchten ein Zeichen der Zuversicht, so Melnyk: „Die Beitrittsp­erspektive muss jetzt kommen.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany