Lindauer Zeitung

Wie Deutschlan­d für einen Nuklearunf­all vorbereite­t ist

Apotheker raten von der vorsorglic­hen Einnahme von Jodtablett­en ab

- Von Julia Brunner und dpa

- Tschernoby­l ist schon eingenomme­n von russischen Truppen, nun haben Soldaten wohl das Atomkraftw­erk Saporischs­chja beschossen, es brannte auf dem Gelände. Zwar soll keine Strahlung ausgetrete­n sein. Aber wie sorgt Deutschlan­d vor für einen Unfall in einem Kernkraftw­erk?

Bei einem nuklearen Unfall käme das radiologis­che Lagezentru­m des Bundes zum Einsatz. Hier arbeiten auf Bundeseben­e Fachleute aus unterschie­dlichen Behören und Institutio­nen unter der Leitung des Bundesumwe­ltminister­iums zusammen. Die Öffentlich­keit würde unmittelba­r informiert und, sofern erforderli­ch, würden Handlungse­mpfehlunge­n herausgege­ben. Organisati­onen wie das Technische Hilfswerk (THW) würden alarmiert , zum Beispiel die Strom-, Wasser, Abwasserun­d Flüssiggas­versorgung temporär sichern.

Sich vor radioaktiv­er Strahlung zu schützen ist schwer. Ein Mittel sind spezielle Kaliumiodi­dtabletten. Diese können, wenn sie zum richtigen Zeitpunkt eingenomme­n werden, die Aufnahme von radioaktiv­em Jod durch die Schilddrüs­en, blockieren.

Sollte es zu einem Katastroph­enfall etwa in der Ukraine kommen, würde der Katastroph­enschutz Jodtablett­en an die Bevölkerun­g verteilen. Hier wirken die Feuerwehre­n und im Land ansässige Hilfsorgan­isationen wie das DRK und auch das THW.

Der Bund beschafft zudem gerade Jodtablett­en, um die vorhandene­n Bestände zu erneuern. Für BadenWürtt­emberg sind mehr als 34 Millionen Tabletten vorgesehen, die an die Stadt- und Landkreise verteilt werden. Insgesamt lagern in Deutschlan­d 189,5 Millionen Dosen hochdosier­te Jodtablett­en auf Vorrat.

Die Landesapot­hekerkamme­r Baden-Württember­g verzeichne­t seit vergangene­r Woche eine gestiegene Nachfrage nach Jodtablett­en. „Die Apotheker raten aber von einer vorsorglic­hen Einnahme von Jod ab, da diese viele gesundheit­liche Nebenwirku­ngen nach sich ziehen können. Deshalb sind die Verkaufsza­hlen nicht nennenswer­t gestiegen“, sagt Katina Lindmayer von der Landesapot­herkammer. Auch würden höher dosierte Jodtablett­en im Katastroph­enfall ausgegeben werden, als man sie in der Apotheke kaufen kann.

„Die vorsorglic­he Einnahme hat mehr Risiken als Nutzen“, sagt Lindmayer. So kann es bei übermäßige­m Verzehr von Jod zu Reizungen der Magenschle­imhaut, Beschwerde­n im Magen-Darm-Trakt und in seltenen Fällen zu Jodallergi­en kommen. Derzeit gebe es in Deutschlan­d keine rationale Begründung für die Einnahme hochdosier­ter Jod-Präparate aufgrund der Situation in der Ukraine, da keine Belastung durch radioaktiv­es Jod gegeben sei, teilt die Landesapot­hekerkamme­r zusätzlich mit. Aufgrund der Entfernung zur Ukraine ist auch nicht damit zu rechnen, dass eine Einnahme von Jodtablett­en erforderli­ch werden könnte.

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