Wann Ökostrom wirklich öko ist
Trotz gestiegener Preise gibt es passende Stromtarife für umweltbewusste Verbraucher
- Wer sich nach einem neuen Stromvertrag umsieht, hat es alles andere als einfach – zumal, wenn es ein Ökostromtarif sein soll. Zahlreiche Energieversorger haben wegen der stark gestiegenen Großhandelspreise für Strom ihre Angebote für Neukundinnen und -kunden ausgesetzt. Oder Endpreise auf ein eher abschreckendes Niveau geschraubt. Darauf empfiehlt es sich bei grünen Stromprodukten zu achten:
Herkunftsnachweise:
Als „öko“anpreisen dürfen Energieversorger Strom, für den sie Herkunftsnachweise haben. Darin ist festgehalten, wo und wie der Strom erzeugt wurde, also ob etwa mit Windkraft, Photovoltaik oder Wasserkraft. Für den weitaus größten Teil des in Deutschland mit Anlagen für erneuerbare Energien (EE) produzierten Stroms werden wegen des „Doppelvermarktungsverbots“keine Herkunftsnachweise ausgestellt. Diesen Strom finanzieren VerbrauÖkostromtarife cher bereits über die EEG-Umlage mit. Ökostrom mit Herkunftsnachweis kommt zum Beispiel aus Windparks oder Photovoltaik-Freiflächenanlagen, die auf der Basis langfristiger Verträge zwischen Stromproduzenten und -abnehmern errichtet werden. Eine andere Quelle sind EEAnlagen, die aus der gesetzlichen Förderung herausfallen, weil sie älter als 20 Jahre sind.
Grün ist nicht gleich grün: Herkunftsnachweise werden europaweit gehandelt. Da es in Deutschland nur wenige gibt, erwerben viele Stromanbieter Zertifikate – losgelöst vom physischen Produkt – im Ausland, vor allem in Norwegen für Strom aus alten Wasserkraftwerken. Verbraucherschützer sprechen von Irreführung: „Für rund 0,1 Cent je Kilowattstunde verwandeln sie so in Deutschland erzeugten Strom aus Kohle-, Atom- oder Gaskraftwerken in grünen Strom“, kritisiert Udo Sieverding, Bereichsleiter Energie bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Ein Großteil aller
beruht auf solchen Herkunftsnachweisen.“
Stromkennzeichnung:
Versorger müssen die Mischungsanteile ihres Stroms in der Stromrechnung, auf der Website und auch auf Werbematerialien darstellen. Zu unterscheiden ist zwischen produktund unternehmensspezifischem Mix. Seit November vergangenen Jahres darf im Unternehmensmix der über die EEG-Umlage finanzierte Strom nicht mehr abgebildet werden. Der kalkulatorische EEG-Strom erscheint aber weiterhin im Produktmix einzelner Stromtarife und lässt auch Produkte, die Kohle- oder Atomstrom enthalten, auf dem Papier überwiegend grün aussehen. Verbraucher sollten daher auf den Unternehmensmix schauen.
Ökolabel:
Zusätzlich zur gesetzlich vorgeschriebenen Kennzeichnung existiert eine Vielzahl an Öko-Labels. Das Umweltbundesamt und Verbraucherzentralen heben das Grüner-Strom-Label
und das Ok-PowerSiegel hervor. Zu den Vergabekriterien zählt, dass über das Ökostromprodukt ein Beitrag zum Ausbau der erneuerbaren Energien geleistet wird. „Mit dem Grüner-Strom-Label können sich Anbieter zum Beispiel auch zertifizieren lassen, dass ein bestimmter Prozentsatz des Stroms aus Deutschland kommt“, sagt Sieverding. Das Gefälle zwischen Labels sei groß, „nach unten hin gibt es eine Reihe, die völlig nutzlos sind“.
Ökostromangebote: Orientierungshilfe am Markt bietet beispielsweise die Onlineplattform ecotopten.de. Betreiber ist das ÖkoInstitut. Es listet mehr als drei Dutzend zertifizierte Stromprodukte. Aufgenommen wird in die Liste nur grüner Strom, der höchstens 20 Prozent mehr kostet als konventioneller. Tarife für Neukunden haben beispielsweise die Anbieter Naturstrom, Polarstern und die Stadtwerke Münster. Deren Ökostromprodukte sind vom Fachblatt „Ökotest 2021“mit „sehr gut“bewertet worden.