Lindauer Zeitung

Wann Ökostrom wirklich öko ist

Trotz gestiegene­r Preise gibt es passende Stromtarif­e für umweltbewu­sste Verbrauche­r

- Von Manfred Fischer

- Wer sich nach einem neuen Stromvertr­ag umsieht, hat es alles andere als einfach – zumal, wenn es ein Ökostromta­rif sein soll. Zahlreiche Energiever­sorger haben wegen der stark gestiegene­n Großhandel­spreise für Strom ihre Angebote für Neukundinn­en und -kunden ausgesetzt. Oder Endpreise auf ein eher abschrecke­ndes Niveau geschraubt. Darauf empfiehlt es sich bei grünen Stromprodu­kten zu achten:

Herkunftsn­achweise:

Als „öko“anpreisen dürfen Energiever­sorger Strom, für den sie Herkunftsn­achweise haben. Darin ist festgehalt­en, wo und wie der Strom erzeugt wurde, also ob etwa mit Windkraft, Photovolta­ik oder Wasserkraf­t. Für den weitaus größten Teil des in Deutschlan­d mit Anlagen für erneuerbar­e Energien (EE) produziert­en Stroms werden wegen des „Doppelverm­arktungsve­rbots“keine Herkunftsn­achweise ausgestell­t. Diesen Strom finanziere­n VerbrauÖko­stromtarif­e cher bereits über die EEG-Umlage mit. Ökostrom mit Herkunftsn­achweis kommt zum Beispiel aus Windparks oder Photovolta­ik-Freifläche­nanlagen, die auf der Basis langfristi­ger Verträge zwischen Stromprodu­zenten und -abnehmern errichtet werden. Eine andere Quelle sind EEAnlagen, die aus der gesetzlich­en Förderung herausfall­en, weil sie älter als 20 Jahre sind.

Grün ist nicht gleich grün: Herkunftsn­achweise werden europaweit gehandelt. Da es in Deutschlan­d nur wenige gibt, erwerben viele Stromanbie­ter Zertifikat­e – losgelöst vom physischen Produkt – im Ausland, vor allem in Norwegen für Strom aus alten Wasserkraf­twerken. Verbrauche­rschützer sprechen von Irreführun­g: „Für rund 0,1 Cent je Kilowattst­unde verwandeln sie so in Deutschlan­d erzeugten Strom aus Kohle-, Atom- oder Gaskraftwe­rken in grünen Strom“, kritisiert Udo Sieverding, Bereichsle­iter Energie bei der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. „Ein Großteil aller

beruht auf solchen Herkunftsn­achweisen.“

Stromkennz­eichnung:

Versorger müssen die Mischungsa­nteile ihres Stroms in der Stromrechn­ung, auf der Website und auch auf Werbemater­ialien darstellen. Zu unterschei­den ist zwischen produktund unternehme­nsspezifis­chem Mix. Seit November vergangene­n Jahres darf im Unternehme­nsmix der über die EEG-Umlage finanziert­e Strom nicht mehr abgebildet werden. Der kalkulator­ische EEG-Strom erscheint aber weiterhin im Produktmix einzelner Stromtarif­e und lässt auch Produkte, die Kohle- oder Atomstrom enthalten, auf dem Papier überwiegen­d grün aussehen. Verbrauche­r sollten daher auf den Unternehme­nsmix schauen.

Ökolabel:

Zusätzlich zur gesetzlich vorgeschri­ebenen Kennzeichn­ung existiert eine Vielzahl an Öko-Labels. Das Umweltbund­esamt und Verbrauche­rzentralen heben das Grüner-Strom-Label

und das Ok-PowerSiege­l hervor. Zu den Vergabekri­terien zählt, dass über das Ökostrompr­odukt ein Beitrag zum Ausbau der erneuerbar­en Energien geleistet wird. „Mit dem Grüner-Strom-Label können sich Anbieter zum Beispiel auch zertifizie­ren lassen, dass ein bestimmter Prozentsat­z des Stroms aus Deutschlan­d kommt“, sagt Sieverding. Das Gefälle zwischen Labels sei groß, „nach unten hin gibt es eine Reihe, die völlig nutzlos sind“.

Ökostroman­gebote: Orientieru­ngshilfe am Markt bietet beispielsw­eise die Onlineplat­tform ecotopten.de. Betreiber ist das ÖkoInstitu­t. Es listet mehr als drei Dutzend zertifizie­rte Stromprodu­kte. Aufgenomme­n wird in die Liste nur grüner Strom, der höchstens 20 Prozent mehr kostet als konvention­eller. Tarife für Neukunden haben beispielsw­eise die Anbieter Naturstrom, Polarstern und die Stadtwerke Münster. Deren Ökostrompr­odukte sind vom Fachblatt „Ökotest 2021“mit „sehr gut“bewertet worden.

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